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Hans CasparEscher

10.8.1775 Zürich, 29.8.1859 Herrliberg, reformiert, von Zürich. Ingenieur, Architekt und Unternehmer der Maschinenindustrie.

Porträt von Hans Caspar Escher. Lithografie von Friedrich und Hans Hasler für die Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit, erschienen zwischen 1863 und 1871 (Historisches Lexikon der Schweiz, Bern).
Porträt von Hans Caspar Escher. Lithografie von Friedrich und Hans Hasler für die Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit, erschienen zwischen 1863 und 1871 (Historisches Lexikon der Schweiz, Bern).

Hans Caspar Escher war der Sohn des Seidenkaufmanns Johannes Caspar Escher und der Anna Barbara Landolt. 1793 begann er eine Lehre als Seidenkaufmann in Livorno, liess sich aber 1794-1797 in Rom von Friedrich Weinbrenner zum Architekten ausbilden. Nach Studienreisen in Frankreich, Deutschland und England beschäftigte er sich ab 1803 mit der Konstruktion von Spinnmaschinen. 1805 gründete er zusammen mit dem Bankier Salomon von Wyss die Baumwollspinnerei Escher, Wyss & Cie., die sich ab 1829 zur grössten Maschinenfabrik der Schweiz entwickelte (Maschinenindustrie). 1806 heiratete er Anna von Muralt, Tochter des Kaufmanns Hans Heinrich von Muralt und der Regula Landolt. Das Paar hatte fünf Kinder.

Escher war vor allem deshalb nach England – dem Ausgangspunkt der Industrialisierung im Textilsektor – gereist, um an Baupläne, Modelle und Maschinen zu gelangen, teils auf legalem, nicht selten auf illegalem Weg. Frankreich hatte er besucht, weil diese Maschinen von dort in die benachbarte Schweiz transportiert wurden. Auf seiner Reise durch Deutschland hatte er im sächsischen Chemnitz zudem gesehen, wie dortige Maschinenbauunternehmer ab 1801 vereinfachte Kopien der britischen Maschinen bauten. Ab 1806 zogen schweizerische Mechaniker nach.

Unter Eschers Leitung produzierte die Firma Escher, Wyss & Cie. in der Schweiz Textilmaschinen, Dampfschiffe (Schiffbau), eine erste Turbine (1841) und Dampflokomotiven (Dampfmaschine). Die Textilindustrie gehörte mit der älteren Baumwollindustrie und Indiennes-Verarbeitung (in Basel, St. Gallen, Zürich etc.) zur Schlüsselindustrie der Schweiz. Eschers Maschinen dynamisierten die schweizerische Exportwirtschaft und den Transitverkehr unter anderem nach Italien. Das war wichtig in einer Zeit, als nicht nur Adlige und Vermögende aus Grossbritannien den Tourismus rheinaufwärts begründeten, sondern auch Kaufleute mit den modernen Produkten der englischen Textilindustrie und Mechaniker sowie Industriearbeiter in die Schweiz und andere Länder Europas drängten. Die Maschinen Eschers stärkten die Importsubstitution und halfen bei der Gründung neuer Industriezentren in der Schweiz. Die mit ihnen verarbeitete Baumwolle kam vor allem aus den USA und aus Nordbrasilien, wo sie bis in die 1860er Jahre bzw. bis 1888 von Versklavten produziert wurde (Sklaverei), aber auch aus der britischen Kronkolonie Indien (u.a. durch die Gebrüder Volkart).

Dampfschiff Linth-Escher beim Bellevue in Zürich. Kolorierter, teilweise radierter Aquatinta-Druck aus dem Verlag Dikenmann, Zürich, 7 x 11 cm, um 1840 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Dampfschiff Linth-Escher beim Bellevue in Zürich. Kolorierter, teilweise radierter Aquatinta-Druck aus dem Verlag Dikenmann, Zürich, 7 x 11 cm, um 1840 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Dank hoher Gewinne und Kapitalakkumulation spielte Hans Caspar Escher auf sozialem Gebiet eine Vorreiterrolle; er gründete 1837 eine Kranken- und Unterstützungskasse für Arbeiter, Handlanger und Lehrlinge und 1846 eine Sparkasse mit Garantie durch die Familie Escher. 1854 wurde eine Betriebskantine eingerichtet und ab 1857 erfolgte der Bau von Arbeiterwohnungen. Neben seiner Tätigkeit als Ingenieur und Unternehmer blieb Escher bis 1833 als Architekt tätig. Von seinen Bauten haben sich in Zürich das später umgebaute Casino am Hirschengraben (1806-1807), das Landhaus Schinz an der Rötelstrasse 34 (1815), die Hauptwache beim Rathaus (1824-1825) und der Saal im Rathaus mit Publikumstribüne für den Grossen Rat (1833) erhalten. Hinzu kommen das Herzoggut in Aarau (1816-1819) und das Ökonomiegebäude seines Landhauses Schipf in Herrliberg (1819; Architektur).

Der aus der regierenden Schicht Zürichs (Elite) stammende Escher (Grossrat bis 1830) verfolgte in der Zeit unmittelbar nach der Helvetischen Revolution als Sozialpionier und Architekt visionäre Ziele. So führte er die Zürcher Architektur aus dem provinziell-postbarocken Louis-seize-Stil in den europäischen Hochklassizismus (Klassizismus) und schuf demokratische Baugattungen wie den öffentlichen Ratssaal, das Gesellschaftshaus, den spezialisierten Spitalbau und die bürgerliche Villa. Als Ingenieur und Industrieller war er prägend für die internationale Verflechtung der Schweizer Wirtschaft.

Quellen und Literatur

  • Kunsthaus Zürich, Zürich (Malerbücher der Künstlergesellschaft, Idealprojekte).
  • Staatsarchiv Zürich, Zürich (Pläne ausgeführter Bauten).
  • Stadtarchiv Zürich, Zürich, Hans Caspar Escher 1775-1859.
  • Stadtarchiv Zürich, Zürich (Pläne ausgeführter Bauten).
  • Zentralbibliothek Zürich, Zürich, Familie Escher vom Glas.
  • Bodmer, Walter: Die Entwicklung der schweizerischen Textilwirtschaft im Rahmen der uebrigen Industrien und Wirtschaftszweige, 1960.
  • David, Thomas; Etemad, Bouda; Schaufelbuehl, Janick Marina: Schwarze Geschäfte. Die Beteiligung von Schweizern an Sklaverei und Sklavenhandel im 18. und 19. Jahrhundert, 2005 (französisch 2005).
  • Beckert, Sven: King Cotton. Eine Geschichte des globalen Kapitalismus, 2014, S. 139-172 (englisch 2014).
  • Haller, Lea: Transithandel. Geld- und Warenströme im globalen Kapitalismus, 2019.
  • Straumann, Tobias: «Wieder mehr Wirtschaftsgeschichte in der Schweiz im 19. Jahrhundert – ein Plädoyer», in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 71/1, 2021, S. 143-158.
Weblinks
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Kurzinformationen
Variante(n)
Hans Caspar Escher vom Glas
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ 10.8.1775 ✝︎ 29.8.1859

Zitiervorschlag

Bruno Carl; Michael Zeuske: "Escher, Hans Caspar", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 26.08.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019847/2024-08-26/, konsultiert am 17.09.2024.