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Gutenberg

Als 150 m hoher Inselberg in der ehemals sumpfigen Rheintalebene bildet der in der Gemeinde Balzers FL gelegene Gutenberg einen natürlichen Riegel am Nordzugang zu St. Luzisteig. Südlich unmittelbar vorgelagert befindet sich der etwas niedrigere sogenannte Runde Büchel.

Erste Ausgrabungen 1930-1933 unter Adolf Hild konzentrierten sich auf eine Mulde am Abhang des Gutenbergs, während Jakob Bill 1980-1983 den Runden Büchel und 1982-1985 die Kuppe des Gutenbergs erforschte. Infolge des hochmittelalterlichen Burgbaus auf dem Gutenberg wurden ältere Befunde abgetragen, sodass sich Überreste der neolithischen, bronzezeitlichen, eisenzeitlichen und römischen Besiedlung fast nur im verlagerten Abraum am Abhang fanden. Ein Gefäss der klassischen Rössener Kultur (4600 v.Chr.) markiert den südlichsten Verbreitungspunkt dieser mitteleuropäischen Kulturgruppe und ist zugleich das älteste Zeugnis Liechtensteins. Bekanntheit erlangte der Gutenberg durch den Fund von sieben anthropomorphen (Krieger und androgyne Fabelwesen) und zwei zoomorphen (Hirsch, Eber) Bronze-Votivstatuetten, die im Zusammenhang mit einem latènezeitlichen Heiligtum stehen dürften. Die Darstellungen der Krieger folgen etruskischen, die der Tiere keltischen Vorbildern. Zwei Gebäudereste weisen auf eine latènezeitliche Siedlung auf dem Runden Büchel hin, an dessen Südfuss ein aus derselben Zeit stammendes Brandgräberfeld (mehr als 20 Gräber) lag. Die reichen Beigaben umfassen Keramik der autochthonen (rätischen?) Alpenrheintalgruppe sowie Schmuck und Gerätschaften aus Metall und Glas, die aus dem voralpinen keltischen Raum und aus dem Süd- und Ostalpengebiet kommen. Auch die beiden einzigen keltischen Münzfunde Liechtensteins, ein Tetradrachmon aus Pannonien (3./2. Jh. v.Chr.) und eine ostgallische Prägung (1. Jh. v.Chr.), belegen einen weiträumigen eisenzeitlichen Handel. Im 7. Jahrhundert wurde auf der Kuppe des Gutenbergs ein Gräberfeld (ca. 300 Bestattungen) der vermutlich einheimischen romanischen Bevölkerung angelegt. Die zugehörige Kirche ist im churrätischen Reichsguturbar (842/843) erwähnt. Gleichzeitig befand sich auf dem Runden Büchel ein Sippenfriedhof (Belegungsdauer 680-800, 89 Gräber) von wahrscheinlich alemannischen Zuwanderern, die hier am Ende des 7. Jahrhunderts den südlichsten Punkt ihrer Landnahme im Alpenrheintal erreichten. Der Friedhof auf dem Gutenberg wurde beim mittelalterlichen Burgbau eingeebnet und die Kirche als Burgkapelle (Patrozinium St. Donatus, 1780 abgetragen) übernommen.

Die Baugeschichte der Burg ist nicht geklärt. Archäologische Funde deuten auf eine Errichtung zu Beginn des 13. Jahrhunderts hin. 1314 gelangte sie an das Haus Habsburg und blieb bis 1824 eine österreichische Exklave (1470-1746 unter den Edlen von Ramschwag). Nach dem Verkauf Gutenbergs im Jahr 1824 an die Gemeinde Balzers und nach verschiedenen Handwechseln ging die ab dem Ende des 18. Jahrhunderts als Steinbruch genutzte Ruine 1905 an Egon Rheinberger über, der sie im historistischen Stil wieder aufbaute. Seit 1979 ist die Burg Gutenberg im Besitz des Landes Liechtenstein.

Quellen und Literatur

  • A. Hild, G. von Merhart, «Vor- und frühgeschichtl. Funde von Gutenberg 1932/33», in JbFL 33, 1933, 11-45
  • Kdm FL, 1950, 26-33, 59-73
  • R. Wyss, «Fruchtbarkeits-, Bitt- und Dankopfer vom Gutenberg», in HA 9, 1978, 151-166
  • Ergrabene Gesch., 1985, 34-39, 42-65, 72-75
  • M. Gurtner, Balzers-Runda Böchel (FL), 2004
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Eva Pepić: "Gutenberg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019977/2013-12-12/, konsultiert am 19.03.2024.