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vonWattenwyl

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch existierende Patrizierfamilie der Stadt Bern. Zwischen den im 13. Jahrhundert fassbaren Trägern des Namens und dem 1356 als Burger von Thun erstmals erwähnten Stammvater Jakob besteht kein genealogischer Zusammenhang. Jakobs Sohn Gerhard fasste zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Bern Fuss, sein Sohn Niklaus (->) durchlief als Mitglied der Gesellschaft zu Pfistern eine politische Karriere bis zum Venner und erwarb 1453 von Kaiser Friedrich III. einen Wappenbrief. Niklaus' Enkel Jakob (->) erheiratete die Herrschaft Burgistein, trat in die adlige Gesellschaft zu Distelzwang ein und stieg zum Berner Schultheissen auf. Mit Jakobs Söhnen teilte sich das Geschlecht in drei eheliche Linien: in die ältere des Berner Münsterpropsts Niklaus (->) zu Pfistern, die mittlere des Schultheissen Hans Jakob (->), dessen Nachfahren sich in der Freigrafschaft Burgund etablierten und sich de Watteville oder de Batteville nannten, und in die jüngere des Reinhard (1549) zu Distelzwang. Zwei weitere ebenfalls auf Jakob zurückgehende uneheliche Linien starben zu Beginn des 17. bzw. des 18. Jahrhunderts aus.

Die Linie zu Pfistern verzweigte sich so stark, dass die Familie im Ancien Régime zusammen mit der klein gebliebenen Linie zu Distelzwang in Bern zu einem der zahlenmässig grössten und im Regiment am stärksten vertretenen Patriziergeschlechter heranwuchs. Nebst zahlreichen Landvögten brachten diese beiden Linien mehrere Venner und Säckelmeister sowie mit Johann (->), Karl Emanuel (->) und Niklaus Rudolf (->) drei weitere Schultheissen hervor. Ausserdem stiegen mehrere Familienmitglieder (unter anderem ->, ->, ->, ->, ->) in fremden Diensten in hohe Offiziers- und Generalsränge auf, während sich Ludwig (->) 1712 als Oberst im Toggenburgerkrieg und Sigmund David Emanuel (->) 1802 als General im Stecklikrieg auszeichneten.

Die Linie zu Distelzwang besass die Herrschaft Burgistein, bis sie 1720 durch die Herrschaft Belp ersetzt wurde. Die Linie zu Pfistern erwarb die Herrschaft Wil (heute Schlosswil) und übernahm von der burgundischen Linie das ehemalige Priorat Münchenwiler. Nach dem Verkauf dieser beiden Herrschaften kaufte Sigmund 1647 die Herrschaft Diessbach, deren Schloss sich noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Besitz der Familie befindet. Ferner gehörten der Familie zeitweilig die Herrschaften Colombier (NE), Jegenstorf, Blumenstein, Rümligen und Bremgarten sowie Rebgüter am Bielersee (Ligerz) und am Genfersee (Malessert, Luins, Chardonne, das Gut Montbenay in der Gemeinde Mont-sur-Rolle, das noch heute im Besitz der Familie ist, Féchy und Bursinel) sowie bis ins 20. Jahrhundert mehrere Landsitze in der Umgebung der Stadt Bern.

Votivtafel der Familie. Öl auf Holz vermutlich von Jakob Boden, Anfang 16. Jahrhundert (Privatsammlung) © Fotografie Burgerbibliothek Bern, Porträtdok. 236.
Votivtafel der Familie. Öl auf Holz vermutlich von Jakob Boden, Anfang 16. Jahrhundert (Privatsammlung) © Fotografie Burgerbibliothek Bern, Porträtdok. 236. […]

Die Wattenwyl gehörten im 17. und 18. Jahrhundert zu den sechs «wohledelvesten» Geschlechtern, der höchsten Klasse der Berner Burgerfamilien. Nach dem politischen Umbruch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts näherten sie sich den bürgerlichen Aufsteigerfamilien an. Sie fanden neue Existenzen in freiberuflicher Tätigkeit, im öffentlichen Dienst, im Banken- und Versicherungswesen sowie in der Industrie, zuerst als Juristen und Ingenieure, vereinzelt als Ärzte und Pfarrer, im 20. Jahrhundert immer häufiger auch als Nichtakademiker. Der Politik widmete sich nebst zwei Berner Regierungsräten, darunter Friedrich (->), und einigen Grossräten auch der Nationalrat Jean (->). Ausserdem waren etliche Familienmitglieder im karitativen Bereich, unter anderem beim IKRK, tätig. Da im 19. Jahrhundert zahlreiche Familienmitglieder auswanderten, finden sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts Zweige in Frankreich, den USA und Kanada. Die mittlere, wieder katholisch gewordene Linie des Hans Jakob etablierte sich in der Freigrafschaft Burgund, verschwägerte sich dort mit führenden adligen Geschlechtern und brachte mehrere Generäle, Gouverneure, Diplomaten und hohe kirchliche Würdenträger hervor, die zuerst der spanischen, später der französischen Krone dienten. Ende des 18. Jahrhunderts erlosch diese Linie.

Quellen und Literatur

  • BBB, FamA von Tscharner und von Wattenwyl
  • Genealogie der Fam. von Wattenwyl, hg. von H.A. von Wattenwyl, 1943 (überarbeitet 2005 von B. de Watteville)
  • H. Braun, Die Fam. von Wattenwyl, 2004
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Hans Braun: "Wattenwyl, von", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020057/2015-01-27/, konsultiert am 19.02.2025.