vonMarmels

Die Burgruine von Marmorera (deutsch Marmels) von Osten aus der Vogelperspektive. Federzeichnung von Johann Rudolf Rahn, 1893 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Die Burgruine von Marmorera (deutsch Marmels) von Osten aus der Vogelperspektive. Federzeichnung von Johann Rudolf Rahn, 1893 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Die Ritter- und Ministerialenfamilie (Ministerialität) hatte ihren Sitz auf einem Eigengut in der Felsenburg bei Marmorera im Oberhalbstein. 1160 wird Andreas von Marmels als bischöflicher Ministeriale, der im Lehensbesitz eines Teils der Burg Tarasp war, als erstes Familienmitglied urkundlich erwähnt. Er (oder sein gleichnamiger Sohn) erregte viel Aufsehen, als er 1193 den Kardinallegaten Cintius im Namen des Kaisers auf der Septimerroute entführte und auf seiner Burg gefangen setzte. 1219 beschwor Nannus von Marmels neben führenden rätischen Adligen den Frieden des Bischofs von Chur mit der Stadt Como. 1293 bestätigte Andreas von Marmels an dritter Stelle unter den nobiles et barones den Freundschaftsvertrag zwischen dem Bistum Chur und dem Herzogtum Mailand.

Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert waren zahlreiche Vertreter der Familie als Unternehmer, Ministerialen sowie Staats- und Kirchenmänner tätig. Sie bestimmten weitgehend den Transitverkehr über den Septimer, verfügten über das Bergwerkareal im Oberhalbstein und besassen ab 1338 Eisenerzwerke mit Stollen und Öfen im Val d'Err bei Tinizong. Für den Bischof von Chur dienten sie in zahlreichen Talschaften als Vögte, vor allem in Riom und Greifenstein. Ferner traten sie als Richter, Heerführer und Gesandte auf. 1350 ist Johannes von Marmels als Chorherr in Chur erwähnt. Dietegen von Marmels war 1396 Vorsitzender eines bischöflichen Schiedsgerichts zu Chur, 1406 Erneuerer des Gotteshausbundes, 1407 Anführer einer ersten Eroberung von Chiavenna und 1411 Burggraf auf der Fürstenburg im Vinschgau. 1459 erlangten die von Marmels das Bürgerrecht von Chur. Nicolaus von Marmels war 1439-1448 Abt von Disentis. Zwischen 1461 und 1511 studierten sechs Familienmitglieder an europäischen Universitäten, darunter Conradin, der 1471-1504 als Domdekan in Chur amtierte, Ulrich, der erste Bündner, der um 1523 in Scharans die neue Lehre predigte, und dessen Bruder Georg von Marmels, der um 1532 Reformator von Igis war. Um 1541 war Catharina von Marmels Äbtissin von Cazis.

Den grössten Einfluss gewann um 1500 Conradin von Marmels mit dem Erwerb der Herrschaft Rhäzüns und seiner Ernennung zum Hauptherr im Grauen Bund. Die Macht der von Marmels wuchs durch den Kauf der Herrschaft Haldenstein und den Einsitz ins Bürgermeisteramt von Chur durch Rudolf von Marmels sowie durch die Übernahme der österreichischen Landvogtei Castels (Hans und Hans Jörg von Marmels). Aber das fürstliche Leben auf Schloss Rhäzüns führte Mitte des 16. Jahrhunderts zu finanziellen Schwierigkeiten und zwang die Familie zum Verkauf der Herrschaft. Im Lugnez erlangten Conradin 1511 und Ulrich von Marmels (Ammann Risch) zwischen 1532 und 1556 sechsmal das höchste Talamt, und Rudolf von Marmels wirkte 1625-1626 und 1640-1641 als Landrichter des Grauen Bundes. Die im Oberhalbstein verbliebene Linie (Demarmels) verarmte und verbäuerlichte. Neben den Capol gehörten die von Marmels im 15. und 16. Jahrhundert zu den einflussreichsten Geschlechtern Graubündens.

Quellen und Literatur

  • Staatsarchiv Graubünden, Chur.
  • Castelmur, Anton von: Conradin v. Marmels und seine Zeit, 1922.
  • Grimm, Paul Eugen: Die Anfänge der Bündner Aristokratie im 15. und 16. Jahrhundert, 1981.
Weblinks
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Zitiervorschlag

Martin Bundi: "Marmels, von", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.11.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020142/2017-11-23/, konsultiert am 04.10.2024.