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Ruthard und Warin

Ruthard und Warin bezeichnete der Reichenauer Dichter Walahfrid Strabo um 833 als Grafen, die zu ihrer Zeit die Aufsicht über ganz Alemannien innegehabt hatten. Tatsächlich war es erst ihnen nach fehlgeschlagenen Versuchen anderer fränk. Beauftragter gelungen, das Land zwischen Zürichsee und Neckar im Dienst Pippins des Jüngeren der karoling. Gewalt zu unterwerfen. Entscheidend waren nicht so sehr die Grafschaften Warins im Thurgau (ab 754), in der schwäb. Bertoldsbaar sowie im Linzgau (nördlich des Bodensees, um 760/767) und Ruthards im Argengau (nördlich des Bodensees, 769), sondern der völlige Umbau der Verwaltung des Landes. Zwischen Boden- und Zürichsee wurden neben dem Comitat im Thurgau der Fiskus Zürich sowie ein Bezirk zwischen Konstanz und St. Gallen geschaffen, der dem Bischof unterstellt war. Auch im Breisgau wurde das Königsgut von der Grafschaft getrennt, während in Schwaben die Comitate auf Fiskalländern aufruhten. Für ihre Massnahmen konfiszierten Ruthard und Warin Klostergüter, v.a. auf Kosten St. Gallens, dessen Abt Otmar sie absetzten und in der Verbannung umkommen liessen (759). Andererseits nutzte Ruthard Güterübertragungen an auswärtige Abteien zur polit. Integration des Landes (Saint-Denis, vielleicht auch Fulda mit Besitzungen in Eschenz); in der Ortenau (Oberrhein) gründete er mindestens eine Mönchsgemeinschaft (Arnulfsau, vielleicht auch Schwarzach, Gengenbach, Schuttern sowie Ettenheimmünster) und stellte mit der Besiedlung aus Gorze Verbindungen zum lothring. Klosterwesen her.

Obgleich die Herkunft von Ruthard und Warin umstritten ist, zählten sie sicher zur fränk. Reichsaristokratie; Ruthard genoss so grosses Vertrauen bei Pippin, dass er 753/754 damit beauftragt wurde, Papst Stephan II. an den Königshof Ponthion (Champagne) zu führen. Nach Pippins Tod (768) rückten die beiden Magnaten in den Hintergrund; zwar konnte Warins Sohn Isanbard die Nachfolge des Vaters (20.5.774) als Gf. im Thurgau antreten, er vermochte sich jedoch nicht zu halten und suchte durch Schenkungen den Ausgleich mit St. Gallen. Konrad, 911-918 Kg. des Ostfrankenreichs, sowie der Welfe Rudolf, 888-912 Kg. von Burgund, sollen sich als Nachkommen Ruthards und Warins betrachtet haben, in der Forschung gilt aber nur Ruthard als Vorfahre der Welfen.

Quellen und Literatur

  • M. Borgolte, Die Gf. Alemanniens in merowing. und karoling. Zeit, 1986, 229-236, 282-287
  • B. Schneidmüller, Die Welfen, 2000, 47-50, 118 f.
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Familiäre Zugehörigkeit

Zitiervorschlag

Michael Borgolte: "Ruthard und Warin", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.11.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020815/2010-11-25/, konsultiert am 15.01.2025.