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TobiasHolländer

Tobias Holländer als Bürgermeister von Schaffhausen, porträtiert vom französischen Bildnismaler Daniel Savoye. Öl auf Leinwand, 1686 (Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen).
Tobias Holländer als Bürgermeister von Schaffhausen, porträtiert vom französischen Bildnismaler Daniel Savoye. Öl auf Leinwand, 1686 (Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen). […]

24.11.1636 Schaffhausen, 3.8.1711 Schaffhausen, reformiert, von Schaffhausen. Sohn des Hans Konrad, Pfarrers. 1) 1654 Margaretha Moser, Tochter des Hans Heinrich, Zunftmeisters und Obervogts über Buch, 2) 1691 Ursula Schlappritzi, Tochter des Jacob, Seckelmeisters, von St. Gallen. Tobias Holländer studierte an den Universitäten Basel (1651) und Strassburg (1653). 1661 war er Schaffhauser Ratsherr, 1665 Vogtrichter, 1666 Zunftmeister der Gerber, 1668-1669 Ehrengesandter in die ennetbirgischen Vogteien, 1672 Seckelmeister, ab 1673 häufig Gesandter an die Tagsatzungen, 1679 Obervogt über Thayngen, 1682 Statthalter, 1683 Bürgermeister und ab 1698 verfassungswidrig dritter Bürgermeister. Zielstrebig versuchte Holländer, sich eine eigene Herrschaft mit Gerichtsbarkeit im Dorf Hofen aufzubauen. Standesgemäss hielt er sich dort eine eigene Leibgarde. Dieses Verhalten führte im republikanischen Stadtstaat zu politischen Spannungen, die beinahe in einen Bürgerkrieg mündeten. 1695 wurde Holländer deshalb zum Verzicht auf das Bürgermeisteramt gezwungen. Der Mangel an herausragenden Persönlichkeiten im Stadtregiment führte 1698 zu seiner erneuten Berufung. Holländer übernahm wieder wichtige Missionen, so 1699-1701 nach Wien zu Verhandlungen über den Kauf der Hoheitsrechte über den Reiat, die erfolglos blieben. Weltgewandt und beredt, war Holländer nicht nur im Stadtstaat Schaffhausen der einflussreichste Mann seiner Zeit, sondern wusste sich auch in der Tagsatzung grossen Einfluss zu verschaffen. Problematisch wurde die Vermengung von privaten und öffentlichen Interessen. Holländer richtete seinen Lebensstil und den seiner Familie nach dem Vorbild absolutistischer Herrscher aus. 1678 gelang es ihm, von Kaiser Leopold mit dem Prädikat «von Berau» in den Reichsadel erhoben zu werden. Holländers Tochter Elisabeth war Hofdame in Heidelberg und heiratete 1679 Kurfürst Karl Ludwig zur linken Hand (d.h., sie erhielt nicht alle Standes- und Familienrechte). Auch in seiner privaten Tätigkeit folgte Holländer dem Vorbild absolutistischer Fürsten. So baute er eine berühmte Münzsammlung und eine kostbare Bibliothek auf. Ferner verfasste er 1669 ein astronomisches Werk und Abhandlungen über die Hoheit über den Reiat. Er verkörperte in seinem Wesen und Verhalten das Lebensgefühl des höfischen Barocks, das im republikanischen Stadtstaat an seine Grenzen stiess. Holländer gilt somit als herausragender Schaffhauser Vertreter des «republikanischen Absolutismus».

Quellen und Literatur

  • J.L. Bartenschlager, Genealog. Reg. der Stadt Schaffhausen, (StadtA Schaffhausen)
  • StadtA St. Gallen, Stemmatologia Sangallensis
  • K. Mägis, Die Schaffhauser Schriftsteller von der Reformation bis zur Gegenwart, 1869, 24 f.
  • C. Stokar, «Der Bürgermeister von Schaffhausen Tobias Holländer von Berau», in SchBeitr. 3, 1874, 63-114
  • G. Hartmann, «Die Gewissensehe des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz mit Elisabeth Holländer von Berau aus Schaffhausen, 1679», in Mannheimer Geschichtsbl. 35, 1934, 165-172
  • Kdm SH 3, 1960, 99-102
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Zitiervorschlag

Roland E. Hofer: "Holländer, Tobias", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.01.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/021636/2008-01-08/, konsultiert am 25.03.2025.