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Jean-LouisJeanmaire

Der Brigadier (stehend) und seine Frau (vorne rechts) vor dem Militärgericht in Lausanne, 17. Juni 1977 © KEYSTONE.
Der Brigadier (stehend) und seine Frau (vorne rechts) vor dem Militärgericht in Lausanne, 17. Juni 1977 © KEYSTONE.

25.3.1910 Biel, 29.1.1992 Bern, reformiert, von Les Brenets und Mont-Tramelan. Sohn des Alfred Jeanmaire, Architekten und Kavallerieobersten, und der Adèle Lucie geborene Mauley. 1943 Marie-Louise Burtscher, Tochter des Jules Burtscher, Linguistikprofessors und Übersetzers in Feodosia (Krim), der 1919 von den Bolschewiken ausgewiesen worden war. Jean-Louis Jeanmaire studierte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich Architektur (1934 Diplom). Er diente ab 1940 als Infanterie-Instruktionsoffizier und ab 1943 als Offizier im Generalstab. Er kommandierte 1947-1950, ab 1948 als Major, ein Füsilierbataillon und 1956-1957 ein Infanterieregiment und wurde 1957 zum Obersten befördert. Jeanmaire fungierte 1958-1961 als Generalstabschef der Territorialzone 4, ab 1957 als Instruktor der Luftschutztruppen (Rettungstruppen), 1962-1968 als Sektionschef im Bundesamt für Territorialdienst und Luftschutztruppen sowie 1969-1975 als Brigadier und Leiter des Bundesamtes für Luftschutztruppen. Von 1939-1976, also während seiner gesamten Offizierslaufbahn, hatte er auch Lehraufträge an der Militärschule der ETH Zürich inne.

1961 freundete sich Jeanmaire mit dem sowjetischen Militärattaché in Bern und offiziellen Vertreter des militärischen Nachrichtendienstes GRU an und gab ihm wie auch später dessen Nachfolgern vertrauliche Auskünfte über die Schweizer Armee weiter, bis Mitte der 1970er Jahre ein ausländischer Nachrichtendienst die schweizerischen Behörden warnte. Im August 1976 wurde Jeanmaire verhaftet. Im Juni 1977 verurteilte ihn das Divisionsgericht 2 wegen Landesverrats zu 18 Jahren Haft (der Auditor hatte 12 Jahre gefordert). Er wurde degradiert und aus der Armee ausgeschlossen. Die Strafe wurde 1978 vom Kassationsgericht bestätigt. Seine Frau, als moralische Komplizin angeklagt, wurde freigesprochen. Jeanmaire legte 1977 Rekurs ein und verlangte 1984 und 1985 vergeblich eine Revision seines Prozesses. 1988 kam er aus dem Gefängnis. In seiner Funktion hatte er keine «sensiblen» Informationen weiterleiten können. Das sehr strenge Urteil muss im Kontext der Zeit gesehen werden: Dazu zählen der Kalte Krieg, die Angst, dass die amerikanische Regierung zivile und militärische Hochtechnologieexporte der Schweiz unterbinden würde, und die öffentliche Meinung, die ein exemplarisches Urteil erwartete. Die Jeanmaire-Affäre ist Gegenstand des Theaterstücks Jeanmaire. Ein Stück Schweiz von Urs Widmer (1992) und der Reportage Ein guter Soldat von John Le Carré (1991) .

Quellen und Literatur

  • Jaun, Rudolf: Der Schweizerische Generalstab, Bd. 8, 2002, S. 189-190.
  • Schoch, Jürg: Fall Jeanmaire, Fall Schweiz. Wie Politik und Medien einen «Jahrhundertverräter» fabrizierten, 2006.
Weblinks
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 25.3.1910 ✝︎ 29.1.1992

Zitiervorschlag

Hervé de Weck: "Jeanmaire, Jean-Louis", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.04.2021, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/023927/2021-04-15/, konsultiert am 16.04.2024.