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Region

Der vieldeutige, zuweilen unscharfe Begriff Region bezeichnet in der Schweiz unterschiedliche Gegebenheiten. Er wird in verschiedenen Kontexten verwendet, wobei sich die einzelnen Bedeutungen mehr oder weniger lang gehalten haben. Nachdem die Region lange vor allem geografisch oder historisch definiert worden ist, treten seit den 1960er Jahren wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Kriterien in den Vordergrund. Der Ausdruck, vom lateinischen regio (Richtung, Grenze, Gebiet), das sich seinerseits vom Verb regere (lenken, regieren) ableitet, verweist auf Kontrolle und Machterrichtung. In der Römerzeit bezog er sich auf die von Kaiser Augustus eingeführten neuen Gebietseinteilungen Italiens.

In der Schweiz diente das vor allem bei Caius Iulius Cäsar anzutreffende lateinische Wort pagus zur Unterscheidung der ursprünglich keltischen Stammesgebiete. In den mittelalterlichen Quellen wurde das Wort Gau für Gegend ebenfalls mit pagus übersetzt, obwohl keine inhaltliche Kontinuität zu den antiken pagi besteht. Gau kommt in zahlreichen Landschaftsbezeichnungen wie Elsgau oder Thurgau vor, die jedoch auf verschiedenartige frühere Gebietsverhältnisse hinweisen. Das Ancien Régime verwendete für die vielfältigen Gebietseinteilungen andere Ausdrücke, etwa Landschaft (Alte Landschaft), Vogtei und Ort (Kantone). In der Umbruchszeit nach 1798 bildete sich die organisatorische Struktur für die Erfassung der regionalen Gegebenheiten und die Verwaltung der Gebiete heraus. Unternahm die Helvetische Republik noch grosse Anstrengungen, um die territoriale Gliederung umzugestalten und dem Staatsgebiet nach französischem Vorbild das Gleichheitsideal durch neue Einteilungen auf allen Verwaltungsstufen (Kanton, Bezirk, Gemeinde) einzuschreiben, wurde in der Mediation die vorrevolutionäre Ordnung der alten Orte wieder eingeführt.

Die Entdeckung der wirtschaftlichen Unterschiede (19.-20. Jahrhundert)

Die Stadt-Land-Beziehung ist eine der wichtigen Erklärungsgrössen zum Verständnis der gesellschaftlichen Realität. Er wird in der Frühneuzeitforschung häufig herangezogen, um die feinen Dosierungen sichtbar zu machen, die das politische Gleichgewicht der alten Eidgenossenschaft erforderte. Diese grundlegende Kategorie der politischen Kultur der Schweiz ist wichtig für die Erklärung von wohnortbedingter politischer Ungleichheit. Im 19. Jahrhundert wurde darauf zurückgegriffen, um das Wohlstandsgefälle zwischen einzelnen Regionen zu erklären: Gemäss einem einfachen räumlichen Schema kontrastierten innovative, reiche Städte mit rückständigen, armen Landgebieten. Der Föderalismus hob die regionalen Unterschiede hervor, wobei sich eine differenziertere Betrachtung aufdrängte.

Nach 1848 dominierte ein Denken in Wirtschaftssektoren und ab Ende des 19. Jahrhunderts ergriff der Bund Massnahmen zur Unterstützung des Agrarsektors. In den 1920er Jahren wurde die Entvölkerung bestimmter Gegenden, vor allem der Berggebiete, zum Thema. Mit dem Landwirtschaftsgesetz von 1929 verpflichtete sich der Bund, "die Bedürfnisse der Berggegenden" zu berücksichtigen. Die entsprechenden Gebiete waren schon vorher auf kantonaler Stufe festgelegt worden, und zwar mit einem ab 1925 geltenden Höhenkriterium (Gebiete über 800 m). 1949 folgte eine weitere Präzisierung der Anspruchsberechtigten. Die 1947 verabschiedeten Wirtschaftsartikel verlangten vom Bund, dass dieser "zum Schutze wirtschaftlich bedrohter Landesteile" intervenierte. Die Erstellung des landwirtschaftlichen Produktionskatasters während des Zweiten Weltkriegs und die Einführung des Viehwirtschaftskatasters in den 1950er Jahren ermöglichten eine genauere Abgrenzung der wirtschaftlich schwachen Gebiete, die um die Mitte des 20. Jahrhundert 1249 Gemeinden umfassten.

In den 1970er Jahren ging das zentrale Anliegen der Raumplanung, die wirtschaftlichen Unterschiede der Regionen abzubauen, Hand in Hand mit einer forcierten Konjunkturpolitik. Aus raumplanerischer Sicht litten die Berggebiete nach wie vor an einem zu geringen Wachstum, wobei Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Kantonen die Planung behinderten. Das Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete (IHG) von 1974 wurde zum wichtigsten Instrument der Regionalpolitik. Die involvierten Gemeinden wurden in 54 Regionen eingeteilt, die man zwischen 1974 und 1987 festlegte und deren Grenzen nicht mit den Kantonsgrenzen übereinstimmten. Das 1997 revidierte Gesetz wollte zur Wahrung der soziokulturellen Vielfalt des Landes günstige Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung der Berggebiete schaffen. 2000 betraf es 1222 Gemeinden in den Alpen, Voralpen und im Jura, was zwei Dritteln der Fläche der Schweiz und einem Drittel der Schweizer Bevölkerung entsprach.

Von der Region zum Raum (nach 1970)

Auf einen Überblick über die zahlreichen regionalen Gliederungen, die in der Schweiz zu statistischen Zwecken erstellt wurden, und zwar nicht nur aufgrund von administrativen, sondern auch von kulturellen, umwelt- und gesundheitspolitischen Merkmalen, wird hier verzichtet. Dafür lohnt es sich, diejenigen Einteilungen hervorzuheben, die unmittelbare Auswirkungen auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben hatten.

Regionale Fragen wurden in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts immer komplexer. In den 1960er und 1970er Jahren legten Bund und Kantone zur Bewältigung überkommunaler Aufgaben Raumplanungsregionen in Form von Gemeindeverbänden fest. Diese 140 Regionen sind zum Teil kantonsübergreifend und tragen der Dynamik der wirtschaftlichen Zentren Rechnung. Allerdings genügte dieses Instrument zum Abbau regionaler wirtschaftlicher Unterschiede nicht mehr, um die neuen Herausforderungen der Globalisierung und der europäischen Einigung zu meistern. Zwei neuere Entwicklungen veränderten die schweizerische Auffassung von Regionalplanung.

Zum einen musste das Verständnis von Regionalpolitik weiter gefasst werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Regionen gegenüber jenen Europas sowie die internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten (Interreg-Projekte). Einige Vereinigungen gingen in der interkantonalen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit voran. Der 1963 gegründete Verein Regio Basiliensis diente der Annäherung zwischen Schweizer Kantonen und dem Département Haut-Rhin sowie dem Regierungspräsidium Freiburg im Breisgau. Die Zusammenarbeit wurde 1995 mit der Gründung der Regio TriRhena (seit 1997 mit einem Rat) institutionalisiert und 2007 mit dem Trinationalen Eurodistrict Basel (226 Gemeinden und 830'000 Einwohner) ausgebaut. Im Rat der 1991 geschaffenen Regio Bodensee sind sechs Kantone, zwei deutsche Länder, das österreichische Vorarlberg und Liechtenstein vertreten. Die 1995 ins Leben gerufene Regio Insubrica fördert die Kooperation zwischen dem Tessin und den drei angrenzenden italienischen Provinzen. 1997 nahm das Bundesamt für Statistik eine Einteilung in sieben funktionale Grossregionen vor, die den Einzugsgebieten der grossen Städte entsprechen. 2000 änderte das Bundesamt für Raumplanung seinen Namen in Bundesamt für Raumentwicklung. Die Namensänderung verweist auf eine neue Auffassung, wonach die Regionen eigenständige Akteure der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes sind. Diese Sichtweise liegt auch der 2005 vom Bundesrat vorgeschlagenen Neuen Regionalpolitik zugrunde, die 2008 in Kraft trat und das IHG ablöste.

Zum anderen wertete der Bund angesichts der Tatsache, dass knapp drei Viertel der Schweizer Bevölkerung in städtischen Siedlungsräumen (ein Viertel der Landesfläche) leben, die Bedeutung der Agglomeration für die Raumplanung auf. Die neue Bundesverfassung von 1999 brach mit städtefeindlichen Einstellungen, indem sie in Artikel 50 erstmals neben den Berggebieten die besondere Situation der 55 Städte und Agglomerationen erwähnte. Durch den Einbezug der städtischen Dimension bildete sich eine Agglomerationspolitik heraus, die zur Lösung der strukturellen Fragen im Zusammenhang mit Verkehr, Urbanisierung und Lebensqualität beiträgt. Rund 20 Agglomerationsprojekte wurden zugunsten eines leistungsfähigeren regionalen Raums in Angriff genommen. Eine Vorreiterrolle übernimmt der Kanton Freiburg, der die neue institutionelle Ebene 1995 gesetzlich verankerte. Die Agglomeration Freiburg besteht aus zehn Gemeinden und umfasst knapp ein Drittel der Kantonseinwohner. Seit 2008 verfügt diese interkommunale Struktur mit der Kurzbezeichnung Agglo über einen Rat, der die Gemeinden vertritt, und einem Vorstand, der für die "nachhaltige Entwicklung der Region" sorgt.

Quellen und Literatur

  • F. Walter, «Les Alpes, révélateur des disparités économiques régionales en Suisse», in Le Globe 125, 1985, 289-296
  • F. Walter, «Echec à la départementalisation», in SZG 40, 1990, 67-85
  • M. Schuler et al., Die Grossregionen der Schweiz, 1999
  • Raumentwicklungsber., 2005
Weblinks

Zitiervorschlag

François Walter: "Region", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.05.2012, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024600/2012-05-03/, konsultiert am 07.12.2024.