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Rüstung

Die Rüstung, d.h. die Bereitstellung von Kampfmitteln und der übrigen materiellen Ausstattung für militärische Streitkräfte, wird durch die Wehrverfassung (Landesverteidigung) geregelt.

Rüstung in der Alten Eidgenossenschaft

Bannerherr von Nidwalden aus der Schweizer Chronik von Christoph Silberysen, 1576 (Aargauer Kantonsbibliothek, Aarau, MsWettF 16: 1, S. 242; e-codices).
Bannerherr von Nidwalden aus der Schweizer Chronik von Christoph Silberysen, 1576 (Aargauer Kantonsbibliothek, Aarau, MsWettF 16: 1, S. 242; e-codices). […]

Aus Gründen der Sparsamkeit und mangels einer dazu fähigen Verwaltung delegierten die eidgenössischen Orte die Zuständigkeit für die Rüstung möglichst untergeordneten Korporationen. Im Rahmen der Selbstbewaffnungspflicht und des Milizsystems trug im vorrevolutionären Militärwesen der Wehrpflichtige die Hauptlast der Rüstung. Die Bewaffnung (Waffen) machte nur einen geringen Teil der von der Obrigkeit bestrittenen Kriegskosten aus. Da im Rahmen der ohnehin kleinen Finanzhaushalte der eidgenössischen Orte die Wehrausgaben bescheiden waren ― Basel wandte 1360-1535 5,1% der Ausgaben für das Wehrwesen und 4,6% für die Kriegführung auf, Luzern 1501-1560 für innere und äussere Sicherheit 3,7% der Einnahmen bzw. 8,2% der Ausgaben ―, blieb für die Rüstung kaum etwas übrig. Im 17.-18. Jahrhundert scheiterten Versuche zur Verstetigung von Kriegssteuern am Steuerwiderstand.

Gemäss dem korporativen Charakter der Wehrverfassungen in den eidgenössischen Orten beruhte das Beschaffungswesen auf komplizierten Kontingentsystemen, die sich auf städtische Gesellschaft und Zünfte, Burgrechtsverträge, Landvogteien, andere Herrschaften, Landstädte, Dorfgemeinden, Klöster und andere Korporationen bezogen. Diese hatten im Rahmen ihres Auszugs pro Feuerstätte einen sich je nach Vermögen selbst ausrüstenden Mann auszuheben. Bei unmittelbarer Notwendigkeit wurde mit der Rüstung des Landsturms das militärische Potential vergrössert. Korporationen mit eigenen Kriegskassen gewährten zum Teil Bedürftigen Zuschüsse an deren Rüstung, kamen aus Sparsamkeit ihrer Ausrüstungspflicht aber oft ungenügend nach, was zu Konflikten mit der Obrigkeit führte. Diese suchte ab dem 17. Jahrhundert ihre Macht auch im Bereich der Rüstung zu zentralisieren, indem sie die Wehrpflicht und damit die Selbstausrüstungspflicht vom Haus auf den einzelnen Mann und das Recht zur Aushebung vom Gemeindevorsteher auf den Landvogt übertrug (z.B. Bern 1672 und 1684). Trotzdem blieb die (meist ungenügend wahrgenommene) kommunale Unterstützungspflicht an die Rüstung bedürftiger Wehrpflichtiger bis ins 19. Jahrhundert bestehen.

Widersprüchlich waren die ab dem Bauernkrieg von 1525 nachweisbaren Mandate zur Einschränkung des Waffentragrechts: Das Selbstbewaffnungsrecht liess sich schwerlich eindämmen, solange das Wehrwesen von der Selbstbewaffnungspflicht der Untertanen abhing; der schlechte Ausrüstungsstand beunruhigte die Obrigkeit mehr als die Furcht vor Waffenmissbrauch. Jährliche Musterungen, die in den Städten die Zunftmeister, auf dem Land die Obervögte und in den Landsgemeindeorten von den rechtsfähigen Männern Beauftragte durchführten, sollten einen ausreichenden Stand der Rüstung sicherstellen, wobei in der Praxis Waffeninspektionen oft erst unmittelbar vor einem Waffengang stattfanden. Zur Hebung und Wahrung des Ausrüstungsstands forderten Städte vom Spätmittelalter an von ihren wohlhabenden Bürgern eiserne Rüstungen; ohne Rüstung oder, je nach Vermögen, ohne Teile derselben gab es keine Aufnahme in das Bürgerrecht oder in die Zunft. Reichere Städte förderten den Rüstungsstand, indem sie in ihren Zeughäusern Waffenvorräte anlegten und diese leihweise oder zu kontrollierten Preisen abgaben. Stadtrechte verboten vom Anfang des 15. Jahrhunderts, obrigkeitliche Mandate vom 16. Jahrhundert an, Wehr und Waffen zu verpfänden oder an Fremde zu verkaufen. Wiederholte Ermahnungen (z.B. 1600 in Bern an alle Amtsleute) zeigen, dass von Armut betroffene Hausväter ihre Waffen trotzdem verganteten. Solange Militärunternehmer und Reisläufer ihre Truppen bzw. sich selbst in der Eidgenossenschaft auszurüsten hatten (bis Anfang 17. Jahrhundert), flossen zudem jedes Jahr mehrere Hundert der mühsam erworbenen Blank-, Schutz- und Handfeuerwaffen auf diesem Weg gleich wieder in die fremden Dienste ab. Im 18. Jahrhundert erlaubten einige eidgenössische Orte Heiraten nur noch, wenn der Bräutigam unter anderem ausreichende Bewaffnung vorwies, so 1712 und 1726 Bern, 1730 Solothurn, 1743 Schaffhausen und 1790 Glarus, was von den Gründervätern der USA als modellhaft betrachtet wurde.

Herstellung einer Kanone im Zeughaus von Zürich. Radierung von Johann Melchior Füssli im Neujahrsblatt der Gesellschaft der Constaffler und Feuerwerker im Zeughaus, 1715 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Herstellung einer Kanone im Zeughaus von Zürich. Radierung von Johann Melchior Füssli im Neujahrsblatt der Gesellschaft der Constaffler und Feuerwerker im Zeughaus, 1715 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Die Unbestimmtheit der Selbstbewaffnungspflicht führte zu einem heillosen Modellwirrwarr, der in den eidgenössischen Orten den vom 17. Jahrhundert an international üblichen Drill praktisch ausschloss. Vorgaben, wie sie die Berner Heeresreform Johann Ludwig von Erlachs 1628 vorsah, waren kaum durchsetzbar, da die einzelnen Korporationen von der Mitwirkungsbereitschaft der Milizionäre abhingen und nicht über ausreichende Finanzmittel zum Ausgleich der Defizite verfügten. Am notorischen Mangel an Feuerwaffen bei den Auszügen änderten auch Anreize wie Soldzulagen, Ausleihangebote im Zeughaus oder die verbreiteten Schützengesellschaften wenig. Häufige Konflikte zwischen Schützen und Obrigkeit um den technischen Standard der Waffen zeigen, dass die von den Schützen bevorzugten verfeinerten Waffen nicht immer kriegstauglich waren. Auch weigerten sie sich lange, den veralteten Radschlossstutzer durch Ordonnanzwaffen wie die nicht sehr zielsicheren, aber billigeren Musketen oder später die Steinschlossflinten zu ersetzen.

Wachtmeister Heinrich Fuhrer von Anwil, Kontingent Basel. Aquarell von Franz Feyerabend (Universitätsbibliothek Basel, Handschriftenabteilung).
Wachtmeister Heinrich Fuhrer von Anwil, Kontingent Basel. Aquarell von Franz Feyerabend (Universitätsbibliothek Basel, Handschriftenabteilung). […]

Eine Sonderstellung im Bereich der Rüstung nahmen die Artillerie, die Stadtbefestigungen und das Pulver ein, die von Anfang an obrigkeitliche Aufgaben waren. Die Fertigung, Wartung und Bedienung der Geschütze, die Anleitung von Gehilfen und der Unterricht von Lehrlingen oblag Büchsenmeistern, die zumindest in Notzeiten im Dienst zahlungskräftiger Städte standen. Bern hatte 1383 vorübergehend einen Büchsenmeister, Luzern 1386, Zürich 1388, Basel 1390. Freiburg schloss als erster eidgenössischer Ort 1401 einen unbefristeten Anstellungsvertrag mit einem Büchsenmeister ab, Solothurn 1463. Bern übertrug im 15. Jahrhundert die Aufsicht über Geschütz, Zubehör und Munition einem Geschützmeister und verwahrte die Artillerie vom 16. Jahrhundert an in einem zentralen Büchsenhaus. Indem die Artillerie ganz in der Verfügungsgewalt der städtischen Obrigkeit stand, unterschied sie sich wesentlich vom aufmüpfigen Fussvolk. Zum obrigkeitlichen Charakter des Geschützwesens trug bei, dass es zum Teil direkt über die Soldverträge finanziert wurde. Angesichts des allgemein niedrigen Rüstungsstands vereinbarten die eidgenössischen Orte, dass die wenigen, die kriegstaugliche Geschütze besassen (vorab Zürich und Bern), diese an die gemeinsamen Auszüge lieferten und die Kosten geteilt wurden. Die wichtigste Form der Beschaffung war bis zum 15. Jahrhundert die Erbeutung. Vom 16. Jahrhundert an liessen einzelne eidgenössische Orte wie Zürich (durch die Familie Füssli) und Bern (durch die Familie Maritz) eigene Geschütze giessen. Vorab finanziert durch die Zünfte, erwarb Zürich Ende des Dreissigjährigen Kriegs von Schweden gebrauchte Geschütze, die sogenannte Benfelder Armatur, deren Name auf eine elsässische Stadt zurückgeht. Der eidgenössische Geschützpark galt inzwischen als praktisch unbrauchbar. Umgussaktionen in den 1710er und ab den 1770er Jahren hoben den Standard wieder etwas und verminderten erstmals die Zahl der verschiedenen Kaliber.

In Bern war der Büchsenmeister zugleich Pulvermacher. Pulvermühlen, wie sie im übrigen Europa ab Mitte des 15. Jahrhunderts üblich waren, wurden in der Eidgenossenschaft erst Ende 16. Jahrhundert erbaut (Bern, Zürich, Freiburg, im 18. Jahrhundert zusätzlich Solothurn und Schwyz). Deren fiskalisch motivierte Privilegierung führte im 17. Jahrhundert zur Einführung des Pulverregals. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Schützenfeste und des Böllerschiessens für Repräsentationszwecke war der Pulververbrauch erheblich.

Auf dem Weg zur Bundesarmee (1798-1874)

Das Postulat der unentgeltlichen Ausrüstung in der ersten helvetischen Verfassung von 1798 erwies sich als nicht finanzierbar. 1799 übertrug das helvetische Direktorium die Kosten für die Besoldung, Bewaffnung und Uniformierung der stehenden Truppen den Gemeinden, was deren Finanzkräfte überstieg. Mit der Mediationsverfassung 1803 ging die Zuständigkeit für die Rüstung auf die Kantone über. Deren Oberhoheit wurde auch durch den Bundesvertrag von 1815 kaum angetastet, sodass sich die neuen eidgenössischen Richtlinien für eine einheitliche Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstung kaum durchsetzen liessen. Artikel 8 des Bundesvertrags beauftragte die Tagsatzung, «im Einverständnis mit den Kantonsregierungen die Aufsicht über die Bildung und Ausrüstung des Militärcontingents» anzuordnen. Das Reglement von 1817 übertrug diese Kompetenz der Militäraufsichtsbehörde. Diese konnte aber nicht viel mehr tun, als der Tagsatzung regelmässig über den anhaltend niedrigen Stand der kantonalen Ausrüstung und Bewaffnung Bericht zu erstatten. Der ab 1815 ständig verfügbare Einfuhrzoll und die französischen Kriegskontributionen vergrösserten zwar die finanziellen Möglichkeiten der eidgenössischen Orte. Die Kantone, die in den 1820er Jahren neunmal und in den 1840er Jahren achtmal mehr für das Militär ausgaben als die Eidgenossenschaft, wandten aber weiterhin nur 9-14% ihres Gesamthaushalts für das Wehrwesen auf. Davon floss weniger als ein Zehntel in die Rüstung. Kein anderer europäischer Staat gab in dieser Zeit pro Einwohner so wenig für die Armee aus wie die Kantone und die Eidgenossenschaft zusammen (1832: Schweiz 0.35 Fr., Württemberg 1.70 Fr., Spanien 3.10 Fr., Preussen 4.44 Fr., Frankreich 5.48 Fr., Niederlande 18.69 Fr.).

Mit der Gründung des Bundesstaats 1848 verschob sich die Verantwortung zur Sicherung der materiellen Bereitschaft von den Wehrpflichtigen zu den Kantonen und von diesen zum Bund. Dieser wandte einen wachsenden Teil seiner Militärausgaben für die Rüstung auf, in den 1850er Jahren 10-20%, 1861 40%, danach wieder weniger als 10%, 1867 68% und von da an 40-60%. Erst damit wurde die Rüstung auch in Friedenszeiten zur ständigen Staatsaufgabe, wobei das Konzept der Selbstausrüstung der Wehrpflichtigen und Truppen einflussreich blieb. Auch die Bundesverfassung (BV) von 1848 gestand dem Bund in Artikel 20 nur ein Aufsichtsrecht zu, während die Kompetenz für «die Anschaffung, den Bau und Unterhalt des Kriegszeugs» bei den Kantonen blieb. Dementsprechend blieb in der Schweiz die Rüstung quantitativ bescheiden, ohne wirksame Planung und Koordination. Erst in den 1860er Jahren setzte der Bund allmählich eine Vereinheitlichung der Geschützkaliber durch und beschloss 1864 erstmals, unter Kostenteilung mit den Kantonen, die Infanterie mit einer neuen Waffe auszurüsten. Bis dahin hatten sich die Füsiliere mit Abänderungen ihrer zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden Flinten begnügen müssen, in die man 1842 Perkussionsschlösser eingebaut und deren Läufe man 1859 mit Rillen versehen hatte. Nur bei den Scharfschützen und Jägerbataillonen setzte der Bund 1850 die Beschaffung neuer Stutzer sowie, nach mehreren gescheiterten Vorlagen, 1856 die Erneuerung der Jägergewehre durch. Sie waren von den Kantonen durch Vermittlung der eidgenössischen Kriegsverwaltung zu beziehen, wobei sich der Bund zu zwei Dritteln an den Kosten beteiligte. Im Übrigen blieben Neuanschaffungen den Kantonen oder den einzelnen Wehrpflichtigen überlassen, die das Kriegsgerät einzeln oder in Kleinstserien unter Wahrung äusserster Sparsamkeit durch Gelegenheitskäufe beizubringen pflegten. Aus Kostengründen gestand das Bundesgesetz von 1851 über die Beiträge der Kantone und der Eidgenossenschaft an Mannschaft, Pferden und Kriegsmaterial den Kantonen weiterhin zu, mit ihrem alten, bunt zusammengewürfelten Material zum Bundesheer beizutragen. Nur bei Neubeschaffungen mussten sie sich an die eidgenössische Ordonnanz halten. Einer gesamtschweizerischen Rüstungspolitik waren auch in personeller Hinsicht engste Grenzen gesetzt. Auch nach der Schaffung des eidgenössischen Militärdepartements blieb das Beschaffungswesen an Ad-hoc-Kommissionen delegiert. Noch 1858 bestand die «Verwaltung des Materiellen» im Militärdepartement aus nur zwei Personen, dem Verwalter Rudolf Emanuel von Wurstemberger und dessen Gehilfen.

Rüstung und Bundesarmee (seit 1874)

Die Militärorganisation von 1850 übertrug die Verantwortung für die Rüstung dem Inspektor der Artillerie. Dieser verfügte ab 1863 über einen «Verwalter des Materiellen» und zwei Militärwerkstätten in Thun. Letztere wurden 1872 in einer technischen Abteilung zusammengefasst. Ergänzt durch die Waffenfabrik Bern, die Pulverfabrik Wimmis und die Munitionsfabrik Altdorf (UR) wurde diese 1907 als Kriegstechnische Abteilung direkt dem Vorsteher des Militärdepartements unterstellt (Rüstungsbetriebe). Der Chef der Generalstabsabteilung wurde mit der Vorbereitung aller Angelegenheiten der Kriegsbereitschaft betraut. In der Praxis wurden Geschäfte der materiellen Ausrüstung durch informelle Zusammenarbeit aller Betroffenen behandelt.

Die meisten Rüstungsgüter, die vor und während des Zweiten Weltkriegs beschafft wurden, konnten in der Schweiz hergestellt werden, wenn auch vielfach aufgrund von im Ausland erworbenen Lizenzen. Dennoch war die schweizerische Rüstung zu Beginn des Zweiten Weltkriegs von schweren Mängeln geprägt.

1954 erschien die erste Verfügung des Militärdepartements betreffend die Entwicklung und Beschaffung von Kriegsmaterial. Ihre Neuauflage von 1963 legte die Aufgaben und Befugnisse der beteiligten Instanzen im Einzelnen fest. Zur besseren Wahrung der Gesamtinteressen der Armee bei der Rüstungsbeschaffung wurde die Generalstabsabteilung 1962 durch die Untergruppe Planung ergänzt. Diese stellte erstmals einen fünfjährigen Finanzplan auf. 1963 gliederte sich die Kriegstechnische Abteilung in eine technische und eine kaufmännische Abteilung sowie eine Zentraldirektion der Militärwerkstätten. 1964 führte die Mirage-Affäre zur Erkenntnis, dass die bisherige Organisation der Rüstungsdienste der Evaluation und Beschaffung komplexer Waffensysteme nicht gewachsen war. 1968 wurde deshalb die Kriegstechnische Abteilung zur Gruppe für Rüstungsdienste erweitert. Dem Rüstungschef oblag die Entwicklung und Beschaffung von Kriegsmaterial. Der Generalstabschef wurde mit der militärischen Gesamtplanung betraut. Er rief einen Rüstungsausschuss ins Leben, um die Koordination zwischen allen betroffenen Stellen zu gewährleisten. Dem gleichen Ziel diente 1969 die Festlegung des Rüstungsablaufs. Die Planungskonzeption von 1975 fasste die bisherigen Einzelschritte zu einem System der Grundlagen- und Realisierungsplanung zusammen. 1975 erschien das Armeeleitbild 80 als Grundlage für den langfristigen militärischen Gesamtplan. Die mittelfristigen Ausbau- und Erneuerungsbedürfnisse wurden mit dem vierjährigen Finanzrahmen des Bundes konfrontiert, woraus das Investitionsprogramm entstand. 1982 wurde die Gruppe für Rüstungsdienste neu in drei produkteorientierte Rüstungsämter mit technischen und kommerziellen Organen gegliedert.

Das Kampfflugzeug P-16, 1955 von den Flug- und Fahrzeugwerken Altenrhein hergestellt (Archiv Schindler Technik AG, Altenrhein).
Das Kampfflugzeug P-16, 1955 von den Flug- und Fahrzeugwerken Altenrhein hergestellt (Archiv Schindler Technik AG, Altenrhein). […]

Die Einsicht, dass eine Eigenentwicklung der zunehmend komplexeren Waffensysteme die Möglichkeiten des schweizerischen Rüstungsapparats überstieg, setzte sich bei der Flugwaffe (Luftwaffe) schon in den 1950er Jahren durch, bei der Panzerwaffe (Mechanisierte und Leichte Truppen) Ende der 1970er Jahre. Weder der vom Flugzeugwerk Emmen entwickelte Deltaflügler N-20 noch der von den Flug- und Fahrzeugwerken Altenrhein konstruierte P-16 erlangte Serienreife. Die von der Konstruktionswerkstätte in Thun entwickelten Panzer 61 und 68 verfügten über zu kleine Türme. Zudem wies der Panzer 68 zahlreiche Mängel auf, die nur mit Mühe behoben werden konnten. Die 1975 in die Wege geleitete Entwicklung eines neuen schweizerischen Kampfpanzers wurde 1979 abgebrochen, da beim Kauf des deutschen Panzers Leopard ca. 25% tiefere Kosten anfielen. Die schweizerische Rüstungsindustrie musste sich mit der Lieferung von Komponenten und der Endmontage begnügen. 1973-1982 entfielen 53% der schweizerischen Rüstungsausgaben auf Privatunternehmen im Inland, 34% auf Firmen im Ausland und 13% auf eidgenössische Rüstungsbetriebe. Die Auffassung, die zur Bedarfsdeckung der Armee wichtige einheimische Rüstungsindustrie sei zur Existenzsicherung auf Ausfuhren angewiesen, prägte die Diskussion um die Waffenausfuhrverbots-Initiativen von 1972, 1997 und 2009 (alle abgelehnt) und die Ausgestaltung der Gesetzgebung über die Ausfuhr von Kriegsmaterial. Der Zusammenbruch der Sowjetunion um 1990 veränderte die Bedrohungslage. Mit der Realisierung der Armee 95 schrumpfte die Nachfrage nach Kriegsmaterial. Das Industriepotenzial des EMD (seit 1998 VBS) musste redimensioniert werden, was hauptsächlich durch die Zusammenfassung der truppenfernen Unterhaltsdienste in vier Materialkompetenzzentren bei der Gruppe Rüstung geschehen ist. Neu stellen bei Beschaffung und Unterhalt nicht mehr die Anschaffungs-, sondern die Unterhaltskosten das entscheidende Kriterium dar. Wenn immer möglich wird der Kauf ab Stange angestrebt. Die neuen Bedürfnisse der Armee XXI führen zu einer Verlagerung der Mittel von den militärischen Massengütern zu Hightechprodukten. Geplant ist die Herauslösung der Gruppe Rüstung aus dem Verteidigungsbereich.

Quellen und Literatur

  • S. Franscini, Statistik der Schweiz, 1829 (ital. 1827)
  • H. Leemann, Abriss der Militär-Statistik der Schweiz, 1839
  • J.H. Hottinger, Der Staatshaushalt der schweiz. Eidgenossenschaft und ihrer einzelnen Republiken, 1847
  • H. Schmid, Bundesrat Frey-Herosé, 1917
  • K. Imobersteg, Die Entwicklung des schweiz. Bundesheeres von 1850 bis 1874, 1973
  • H. Schneider, Schweizer Waffenschmiede vom 15. bis 20. Jh., 1976
  • Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, 14 Bde., 1970-1994
  • H.R. Kurz, Hundert Jahre Schweizer Armee, 1978
  • H. Senn, Entwicklung der Führungsstruktur im Eidg. Militärdep., 1982
  • P. Hug, Zur Gesch. des Kriegsmaterialhandels, 1996
  • Veröff. UEK 11
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter Hug; Hans Senn: "Rüstung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.08.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024624/2013-08-20/, konsultiert am 19.03.2024.