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Schlachtjahrzeiten

Erinnerung an die Schlacht bei Murten. Chromolithografie von Karl Jauslin aus dem Album du cortège historique du quatrième centenaire de la bataille de Morat, publiziert 1876 bei Knüsli in Zürich (Bibliothèque de Genève).
Erinnerung an die Schlacht bei Murten. Chromolithografie von Karl Jauslin aus dem Album du cortège historique du quatrième centenaire de la bataille de Morat, publiziert 1876 bei Knüsli in Zürich (Bibliothèque de Genève).

Schlachtjahrzeiten sind kirchliche Gedenktage in Erinnerung an die in Schlachten gefallenen Angehörigen bzw. Vorfahren. Im Zentrum dieser vorreformatorischen Gedenktage steht die Totenmesse, die in gewissen Fällen sogar wöchentlich gelesen wird. Zuweilen erstreckt sich das Zeremoniell, an dem sich auch Repräsentanten der weltlichen Obrigkeit beteiligen, auf Prozessionen – sehr ausgeprägt im Fall der Näfelser Fahrt und des Kreuzgangs zum Gedenken an die Schlacht am Stoss –, auf Almosenvergabungen und auf die Einnahme eines gemeinsamen Mahls. Die in Jahrzeitbüchern festgehaltenen Schlachtjahrzeiten sind die sakralen und lokalen Vorläufer der im 19. Jahrhundert zum Teil stark säkularisierten, zumeist aber weiterhin mit kirchlichen Dimension versehenen nationalen Schlachtfeiern (Gedenkfeiern). Im Zentrum des Gedenkens stehen die am Ort Gefallenen, mitunter wird aber auch der Toten anderer Kämpfe gedacht. Die Gedenkmessen werden am Jahrestag und, zumal auf den Schlachtfeldern Kapellen bzw. Gebeinhäuser errichtet worden sind, auch am Ort des zu kommemorierenden Ereignisses abgehalten. Die Schlachtkapelle von Sempach wurde bereits 1387, also im Jahr nach der Schlacht, gebaut und geweiht. Zugleich wurde auf Beschluss des Luzerner Rats ein Schlachtjahrzeit eingeführt. Zur Schlacht bei Dornach (1499) wurde die Kapelle der elenden Gebeine erst 1512 errichtet. Diese Kapellen hatten Denkmalcharakter. Darum wurde das 1477 errichtete Gebeinhaus zur Schlacht bei Murten (1476) beim Einmarsch der Franzosen 1798 zerstört. Die Näfelser Fahrt, ein bis heute lebendig gebliebenes Schlachtjahrzeit zum Gedenken der Gefallenen von 1388, ist zwar nicht unmittelbar nach dem Ereignis, aber immerhin bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eingeführt worden. Die Erinnerung an den Morgartenkrieg (1315) wurde bis ins 20. Jahrhundert nur in kleineren lokalen Feiern in den Kantons Schwyz, Zug und Uri (Schlachtjahrzeit in Altdorf) wachgehalten. Die Einführung des Morgartenschiessens erfolgte erst 1912, eine aufwendigere Schlachtfeier in Sattel kam erstmals 1939 zustande. Die ältesten Eintragungen in Schwyzer Jahrzeitbüchern betreffen Gefallene des Alten Zürichkriegs (um 1440). Der im säkularen Teil allenfalls verlesene Schlachtbericht ist in Inhalt, Form und mit der jeweiligen Rekapitulation die weltliche Entsprechung der weihnächtlichen Heilsgeschichte.

Quellen und Literatur

  • R. Henggeler, Das Schlachtenjahrzeit der Eidgenossen nach den innerschweiz. Jahrzeitbüchern, 1940
  • E. Hoffmann-Krayer, Feste und Bräuche des Schweizervolkes, neu bearb. von P. Geiger, 1940, (Nachdr. 1992)
  • M. Schnitzer, Die Morgartenschlacht im werdenden schweiz. Nationalbewusstsein, 1969
  • ASV, Kommentar Tl. 1, 867-898 und Karte 127
  • Das Jahr der Schweiz in Fest und Brauch, hg. von R. Thalmann, 1981
  • R. Hugener, «Umstrittenes Gedächtnis», in Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee, hg. von P. Niederhäuser, 2010, 223-238
Weblinks

Zitiervorschlag

Georg Kreis: "Schlachtjahrzeiten", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.08.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024627/2011-08-09/, konsultiert am 11.04.2024.