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ThomasSchöpf

1520 Breisach am Rhein, 14.6.1577 Bern, reformiert, von Breisach. Stadtarzt von Colmar und von Bern. Bekannt als Autor der Karte der Stadtrepublik Bern von 1578.

Studium und Tätigkeit als Arzt

Thomas Schöpf bekannte sich zu Breisach, äusserte sich aber nie zu seinem Privatleben, seiner Herkunft oder Familie. 1541 zog er für das Artes-Studium nach Basel und logierte im Gasthof Zur Blume beim Breisacher Wirt Stefan Suracher. Nach dem Bakkalaureat 1543 setzte er sein Studium in der Lutherstadt Wittenberg fort und schloss es dort 1546 mit dem Magister Artium ab. Die Basler Artes-Fakultät anerkannte 1547 die Wittenberger Promotion. Schöpf trat in Basel die Stelle als Magister zu St. Peter an und heiratete am 22. Juni 1547 Anna Suracher, eine Tochter Stefan Surachers. Das Paar bekam drei Kinder.

1551 begann Schöpf in Basel – vielleicht motiviert durch den dortigen erneuten Ausbruch der Pest – ein Medizinstudium, das er 1552-1553 in Montpellier fortsetzte und 1553 während der Rückreise nach Basel in Valence mit dem Doktorat abschloss. Schöpfs Familie lebte derweil im schwiegerelterlichen Gasthof. 1554 übernahm Schöpf die Stadtarzt-Stelle im elsässischen, mehrheitlich katholischen Colmar. Seine Familie blieb in Basel. Indes starben die Ehefrau und zwei Kinder um 1554 an der Pest, nur die älteste Tochter Anna überlebte. 1564 lernte Schöpf die Witwe Elsbeth Hoffmann kennen, mit der er eine zweite Familie gründen wollte. Er suchte deshalb eine besser bezahlte Stelle in einer reformierten Stadt. Im Dezember 1564 berief ihn der bernische Rat als Stadtarzt, im Januar 1565 zog das Paar mit Anna nach Bern um.

Gleich zu Beginn seiner Arzttätigkeit überreichte Schöpf dem Rat zusammen mit dem Amtskollegen Stephan Kunz die erste Beschwerdeschrift, in der er Missstände im Berner Spitalwesen anprangerte. Einer erfolgreichen Bekämpfung der damals grassierenden tödlichen Krankheiten (Aussatz, Pest, Syphilis) stünden die fehlende Isolation der infektiösen Kranken als Resultat der Spitalzusammenlegungen zur Kostensenkung oder die Überbelegung der Spitäler durch Bedürftige als Massnahme zur Lösung des landesweiten Armenproblems entgegen. Auch kritisierte Schöpf den politischen Druck, den der Rat mit seiner Forderung nach der Heilung der Pest auf ihn ausübe, waren doch damals der bakterielle Erreger und die Übertragungswege der Seuche noch unbekannt. Schöpf stiess mit seiner Schrift eine Spitalreform an, die in die neue Dienstordnung von 1575 einging. Er selber starb 1577 an der Pest in Ausübung seiner Dienstpflicht.

Die Schöpfkarte des bernischen Staatsgebiets von 1578

Der Name des Stadtarztes ist vor allem mit der nach ihm benannten Karte des bernischen Staatsgebiets verbunden, einer Meisterleistung der frühneuzeitlichen Kartografie, von der Einflüsse auf mehrere Folgekarten ausgingen. Die Schöpfkarte und die dazugehörige handschriftliche Landesbeschreibung Chorographia wurden 1565-1578 von einem Team erarbeitet. Zu diesem gehörten in der bis 1577 dauernden Phase der Herstellung einer Druckvorlage ausser dem Stadtarzt der Verleger Adelberg Sauracker, ein Sohn des Wirts Suracher und somit Thomas Schöpfs Schwager, sowie der bernische Ratsherr Niklaus Zurkinden, der für das militärische Rekrutierungsnetz im Staat Bern verantwortlich war und die Distanzangaben zwischen den Orten beisteuerte. Der Maler Martin Krumm, seit 1560 ein Schwiegersohn Zurkindens, fertigte als Bernburger Geländeskizzen von allen Landesteilen an, ohne Verdacht der Obrigkeit zu erregen, und der Schreiber Jakob Bucher, seinerseits ein Schwiegersohn Schöpfs, erstellte die Abschrift der Chorographia, ein Kompendium der damaligen Staatsverwaltung und Staatsverteidigung.

Mit dem Gesuch Schöpfs um die Bewilligung des Drucks der Landtafeln, das am 3. August 1576 dem Grossen Rat gestellt wurde, begann die zweite Phase der Kartenedition. Verleger Sauracker wählte für den Druck die Offizin Bernhard Jobins in Strassburg; am 26. September entschied der Rat über die Zahlungsmodalitäten. Als Kupferstecher wurde Johann Martin aus Deventer verpflichtet, dem der Rat am 17. Dezember die befristete Niederlassung bewilligte. Im Frühjahr 1578 wurden die 18 gedruckten Blätter der Landkarte dem Rat vorgelegt. Dieser aber verbot den Kartenverkauf am Oberrhein durch den Verleger Sauracker, requirierte die Druckplatten bei Jobin und liess diesen vermutlich entschädigen. Zurkinden übernahm die Entschädigung Saurackers, indem er diesem seine verwitwete Tochter Barbara zur Ehe gab, die ihrem Mann mit einem jährlich anfallenden Zins die gemeinsame Haushaltung finanzierte. Nur der Stadt Lausanne und einzelnen Ratsherren wurde der Ankauf der Karte gestattet. Die Druckplatten blieben in der Schatzkammer des Rathauses unter Verschluss; erst 1672 erlaubte der Rat die Herstellung einer zweiten Auflage durch den obrigkeitlichen Drucker.

Zurkinden war die treibende Kraft des Editionsprojekts. Der bernische Verwaltungsmann wollte mit der ersten Karte der Stadtrepublik Bern den damals grössten Staat in der Eidgenossenschaft auszeichnen, befürchtete jedoch den Widerstand des Rats gegen den Kartenverkauf durch den Verleger. Da der vorgesehene Verleger der Karte, Adelberg Sauracker, Thomas Schöpfs Schwager war, kam wohl die Idee auf, Letzteren als Stadtarzt nach Bern zu holen und ihn als Autor für Karte und Chorografie vorzuschieben. Schöpf hat diese Abmachung augenscheinlich akzeptiert und im Doktorhaus ein Atelier zur Verfügung gestellt. Die Macher der Karten waren, wie in der Kartusche vermerkt, wohl die Fachleute Martin Krumm und Johann Martin sowie Sauracker als Verleger; die Vorlagen für die Chorografie und die Kartentexte verfasste Zurkinden.

Gegen die «Strohmann-These» brachte Kaspar Gubler Argumente vor, die auf den ersten Blick Schöpfs Autorschaft an der Karte zu erhärten scheinen: So waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts Pioniere der Kartografie, Astronomie und Mathematik am Oberrhein tätig, auch Ärzte-Kartografen, deren Werke Schöpf durch befreundete Gelehrte und Kontakte wie etwa zu seinem Schwager Johannes Acronius gekannt haben dürfte. Wittenberg war damals ein Zentrum der kartografischen Forschung; dort hatte Georg Joachim Rheticus Mathematik und Kartografie bis 1542 gelehrt; bei dessen Nachfolgern könnte Schöpf ab 1543 studiert haben. Schöpf habe somit über die notwendigen Kenntnisse zur Anfertigung der Karte verfügt.

Dies sind allerdings nicht zu belegende Folgerungen. Schöpf hatte mit diesen Gelehrten, Verfassern berühmter Werke und bedeutender Briefwechsel, wenig gemein. Von ihm überliefert sind einzig die Vorschläge für Verbesserungen im Spitalwesen und Klagen wegen Überlastung der Stadtärzte im Spital- und Hausarzt-Dienst. Thomas Schöpf erwies sich aber als verlässliches Bindeglied zwischen dem Berner Politiker Zurkinden und dem Basler Verleger Sauracker. Sein Mitwirken bis zu seinem Tod war für das Editionsprojekt unabdingbar; ohne Schöpf hätte es Karte und Chorografie wohl nicht gegeben.

«Der Pestilenzarzt Dr. Thomas Schöpf, 1577». Öl auf Holz von Rudolf Münger, 1917 (Gesellschaft zu Mittellöwen, Bern; Fotografien Jürg Bernhardt, 2014, und Manuel Kehrli, 2021).
«Der Pestilenzarzt Dr. Thomas Schöpf, 1577». Öl auf Holz von Rudolf Münger, 1917 (Gesellschaft zu Mittellöwen, Bern; Fotografien Jürg Bernhardt, 2014, und Manuel Kehrli, 2021).

Quellen und Literatur

Weblinks
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Kurzinformationen
Variante(n)
Thomas Schepf
Thomas Schoepffius
Lebensdaten ∗︎ 1520 ✝︎ 1577

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler; Anne-Marie Dubler : "Schöpf, Thomas", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.09.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/025297/2021-09-24/, konsultiert am 19.09.2024.