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Taufe

Durch das allen christlichen Kirchen gemeinsame Sakrament der Taufe wird der Taufanwärter in die Heilsgemeinschaft der Kirche aufgenommen. Voraussetzung ist seine Glaubensbereitschaft. Der Taufakt bewirkt die Vergebung der Sünden (v.a. der Erbsünde). Urbild ist das Wirken Johannes des Täufers am Jordan. Während im Frühchristentum noch weitgehend durch Eintauchen ins Wasser getauft wurde, begnügte man sich später mit dem Besprengen oder Benetzen des Hauptes.

Die ursprüngliche Erwachsenentaufe wich seit dem 6. Jahrhundert der Kindertaufe. An dieser hielten – im Gegensatz zu den Täufern – auch die Reformatoren Zwingli und Calvin fest. Da nach katholischer Lehrmeinung die ungetauft verstorbenen Kinder in den Limbus (Vorhölle) gelangten, war man vom 13. Jahrhundert an bemüht, möglichst bald nach der Geburt, nicht mehr nur vor Ostern und Pfingsten, zu taufen. Säuglinge, deren Leben in Gefahr war, erhielten die Nottaufe durch die Hebamme oder eine andere Person. Aus der Sorge um das Schicksal tot geborener Kinder entwickelte sich im Spätmittelalter die Wallfahrt zu bestimmten, vor allem marianischen Gnadenstätten. Beispiele dafür sind Oberbüren (Gemeinde Büren an der Aare) im 15. Jahrhundert, Rigi-Kaltbad (Gemeinde Weggis), Bitsch und Disentis ab dem 17. Jahrhundert. Zeigte sich am Gnadenaltar beim toten Kind eine vermeintliche Lebensregung, wurde sofort getauft. Auch evangelische Christen sorgten sich angesichts der hohen Rate ungetauft verstorbener Kinder (3-4%) um deren Heil, obschon die reformierte Kirche die Nottaufe klar ablehnte. Noch um 1850 wurden Totgeborene gemäss einer Enquete im Bernbiet heimlich nachts unter der Dachtraufe der Kirche bestattet, im Glauben, das Dachwasser würde die Wirkung einer Taufe haben. Ungetaufte Kinder wurden – ausser im Kanton Zürich vom 17. Jahrhundert an – in der Regel nicht auf dem Friedhof beigesetzt.

Taufe im bernischen Oberhasli. Kolorierte Aquatinta von Franz Niklaus König, 1805 (Musée historique de Lausanne).
Taufe im bernischen Oberhasli. Kolorierte Aquatinta von Franz Niklaus König, 1805 (Musée historique de Lausanne). […]

Seit dem frühen Mittelalter wird bei der Taufe auch der Vorname verliehen. Dabei verwendete man die in der Familie tradierten Namen, abgestuft nach Verwandtschaftshierarchie: Grosseltern, Geschwister usw. Für die Täuflinge waren besondere Taufkleider in Gebrauch, die in wohlhabenden Familien über Generationen weitergegeben wurden. Auch eigene Taufgefässe und geschmückte oder geschnitzte Taufwiegen waren üblich, so etwa in der Waadt. Besondere Bedeutung kam der Wahl der Paten (Patenwesen) zu.

Seit dem 17. Jahrhundert wissen wir von Patengeschenken (v.a. Löffel und Becher). Im evangelischen Bereich wurden Taufzettel mit eingewickeltem «Göttibatzen» üblich: handgeschriebene oder vorgedruckte Papiere, oft reich ornamentiert, mit Segenssprüchen, die bei der Taufe übergeben wurden (erster Beleg aus dem Kanton Bern 1629). Dieses Genre erhielt sich bis ins 20. Jahrhundert und bildete einen wichtigen Bereich der Volkskunst. Die Patenverpflichtung mit dem jährlichen Geschenk an Neujahr (Helsete) endete meist an der Schwelle zur Adoleszenz (Konfirmation und Firmung). Naturgemäss bildete sich um den wichtigen Initiationsritus der Taufe (Übergangsriten) viel Brauchtümliches: der festlich gestaltete Zug der Taufgesellschaft zur Kirche, das Taufmahl, oft aufwendig und mit neckischen erotischen Spielen gestaltet. Solche Begleiterscheinungen erregten im Ancien Régime das Missfallen der Obrigkeit. Im katholischen Bereich wurde die Mutter zwei bis drei Wochen nach der Geburt bei ihrem ersten Kirchgang vor dem Marienaltar ausgesegnet (Reinigung).

Quellen und Literatur

  • A. Brüschweiler, Jeremias Gotthelfs Darstellung des Berner Taufwesens, 1926
  • E. Welti, Taufbräuche im Kt. Zürich, 1967
  • C. Rubi, Taufe und Taufzettel im Bernerland, 1968
  • Encycl.VD 10, 20-27
  • P. Binda, L'albero della vita. Nascita, battesimo, prima infanzia nel Moesano, 1984
  • C. Santschi, «Les sanctuaires à répit dans les Alpes occidentales», in ZSK 79, 1985, 119-143
  • K. Weber, Berner Taufzettel, 1991
Weblinks

Zitiervorschlag

Paul Hugger: "Taufe", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.08.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/025623/2012-08-14/, konsultiert am 19.03.2024.