Als sich der Begriff der Volksmedizin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in ärztlichen Beschreibungen etablierte, bezeichnete er noch das gesamte Verhalten der breiten Bevölkerung bezüglich ihrer Gesundheit (Gesundheitswesen, Krankheit), beinhaltete also neben Heilpraktiken, die etwa auf der Naturheilkunde und Magie fussten, auch den Bereich der Hygiene oder die Nutzung des gesamten medizinischen Angebots, einschliesslich der Ärzte. Er bezeichnete die kaum überschaubare Vielfalt der in der Bevölkerung vorherrschenden Krankheitsvorstellungen und Therapieverfahren. Darstellungen der Ärzteschaft aus dieser Zeit verzichteten indes nicht darauf, viele der gesundheitsbezogenen Verhaltensweisen der Bevölkerung anzuprangern; dasselbe tat Jeremias Gotthelf in seinem Roman «Anne Bäbi Jowäger» (1843-1844).
Im späten 19. Jahrhundert setzte sich ein verengtes, noch Ende des 20. Jahrhunderts lebendiges Begriffsverständnis durch, das unter Volksmedizin vornehmlich irrationale Heilpraktiken verstand, die im Gegensatz zur ärztlich-naturwissenschaftlichen Medizin standen und auf alter Überlieferung beruhten. Volksmedizin und «medizinischer Aberglauben» wurden oft synonym verwandt. Die Volksmedizin (etwa einer Region) wurde als etwas Abgeschlossenes, beinahe Wesenhaftes dargestellt. Dahinter stand die romantisch-volkskundliche Suche nach einer unverfälschten Urkultur, aber auch der Versuch der sich als autonomen Berufsstand etablierenden Ärzteschaft, ein Therapiemonopol durchzusetzen, indem man sich deutlich von den Methoden und Ansichten der Nicht-Ärzte abgrenzte. Die häufige Verwendung von Begriffen wie Kurpfuscher, Afterärzte oder Charlatane für Laienheiler diente demselben Zweck.
Ab den 1970er Jahren begannen Volkskundler und Medizinhistoriker (Medizingeschichte), das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung möglichst wertfrei und in seiner ganzen Breite zu erfassen. Folgerichtig trat der problematische Begriff der Volksmedizin in den Hintergrund oder wurde ganz aufgegeben, denn die Grenzen zwischen wissenschaftlicher, empirischer und magischer Medizin, zwischen ärztlicher und Laienmedizin lassen sich nicht klar und sinnvoll ziehen, auch wenn Unterschiede zweifellos existieren. Mittlerweile verwendet die Forschung anstelle der Volksmedizin Begriffe wie Medikalkultur oder medikale Laienkultur.
Zu den Heilmitteln und Heilmethoden der Volksmedizin zählen unter anderem Pflanzen (etwa Heilkräuter), tierische oder menschliche Stoffe, selten Steine (Kristalle), Lebensmittel – in der Schweiz häufig auch Milchprodukte (Molkenkur) –, aber auch Aderlässe (oft in Verbindung mit astrologischen Vorschriften), das Schröpfen, Brechmittel, Schwitzkuren, sakrale Objekte oder Handlungen (Pilgerwesen), magische Heil- und Schutzhandlungen wie das Spruchheilen, das Tragen von Amuletten sowie Methoden der sogenannten Sympathie, etwa die Übertragung von Krankheiten auf andere Menschen, Tiere oder Gegenstände. Das therapeutische Spektrum machte selbst vor chirurgischen Eingriffen nicht halt. Einige im traditionellen Sinne volksmedizinische Praktiken, zum Beispiel die natürliche und magische Behandlung von Warzen, wurden im «Atlas der schweizerischen Volkskunde» (1950-1995) detailliert festgehalten.
Bis ins späte 18. Jahrhundert unterschied sich die Volksmedizin nicht grundsätzlich von der ärztlichen Praxis, wie dies das Arzneibuch «Sicherer und geschwinder Arzt...» (1684, 71748) des Basler Arztes Theodor Zwinger zeigt. Sie basierte im Gegenteil in der Regel auf altem gelehrtem Heilwissen im Rahmen der damaligen Säftelehre; in den folgenden Jahrhunderten blieben die Gesundheitsvorstellungen der Bevölkerung immer auch von Modellen der aktuellen akademischen Medizin beeinflusst, zum Beispiel die romantische Medizin oder die Bakteriologie.
Ebenso bunt und unscharf wie das therapeutische Spektrum gestaltete sich dasjenige der Heiler. Sie wirkten in fliessenden Übergängen im Rahmen der Selbstbehandlung, Familientherapie und Nachbarschaftshilfe oder als therapeutische Spezialisten aller Professionalisierungsgrade, zum Beispiel als ansässige oder reisende Kräuterkundige, Segenssprecher, Starstecher, Schnittärzte, Hebammen, Bader, Handwerkschirurgen oder Wundärzte mit handwerklicher Ausbildung. Zu internationaler Berühmtheit gerade unter bürgerlich-städtischen Patienten brachte es der Wundarzt Michel Schüppach in Langnau im Emmental, unter anderem mit seiner Harnschaudiagnostik. Im Krankheitsfall nutzte die Bevölkerung das Angebot dieser Heiler in einer komplexen Abfolge bis hin zum Gang zum akademisch ausgebildeten Arzt. Verbote aller Art gegen die sogenannte Quacksalberei – die medizinalpolizeilichen Aktivitäten nahmen vor allem ab der Helvetik zu – taten der Vielfalt von Heilern in der Schweiz jenseits der lizenzierten akademisch bzw. handwerklich geschulten Ärzte keinen Abbruch. Die Häufung von Heilern in Appenzell Ausserrhoden ist indes nicht das Produkt alter Traditionen, sondern vor allem auf eine liberale Gesetzgebung des späten 19. Jahrhunderts zugunsten der sogenannten freien Heiltätigkeit zurückzuführen.
Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert gingen die volksmedizinische Praktiken zurück, auch unter dem Druck der schweizerischen Ärzteschaft, die das sogenannte Kurpfuschertum vermehrt anprangerte. Die allgemeine Modernisierung des Gesundheitsverhaltens der Bevölkerung äusserte sich beispielsweise in der vermehrten Beachtung der Hygiene. So entstand Sauberkeit als Schweizer Tugend in einem komplexen Prozess vor allem während des 19. Jahrhunderts. Als Reaktion auf die moderne Medizin und den zunehmend professionalisierten Arztberuf wurden in Laienkreisen und unter Laienheilern alternative Heilmethoden populär, die sich von der offiziellen Schulmedizin durch eine Betonung der Naturnähe absetzten. Allerdings lassen sich auch hier keine klaren Grenzen zwischen den einzelnen Feldern ziehen. Die von einem Arzt entwickelte Homöopathie, deren Wirksamkeit wissenschaftlich immer wieder in Frage gestellt wurde, behauptete sich nicht nur in der Eigenbehandlung und unter Laienheilern, sondern auch unter approbierten Ärzten. Die Hydrotherapie als typische Erfahrungsmedizin von Laien (Bäder) fand ihren Platz innerhalb der akademischen Medizin. Im Zuge der Lebensreformbewegung entstanden bürgerlich-städtische Vereine, etwa für Naturheilkunde oder Vegetarismus. Zu nennen wären zum Beispiel der Zürcher Arzt Maximilian Oskar Bircher-Benner, Sanatorien wie dasjenige des Naturarztes Theodor Hahn oder die lebensreformerische Kolonie auf dem Monte Verità. 1920 wurde die Schweizerische Naturärztevereinigung gegründet.
Eine bedeutende Vermittlungsrolle für Vorstellungen und Praktiken jenseits der Schulmedizin spielten Druckerzeugnisse: Sammlungen von im engeren Sinne volksmedizinischen Rezepten, die vielfältigen schweizerischen Hauskalender mit ihren Gesundheitsinformationen oder populäre, häufig naturheilkundlich orientierte Hausarztbücher. Zu letzterer Kategorie gehören die mehrfach aufgelegten Werke «Die Frau als Hausärztin» (1901) der Ärztin Anna Fischer-Dückelmann und «Chrut und Uchrut» (1911) des Kräuterpfarrers Johannes Künzle.
Eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung gegenüber der Schulmedizin begünstigt seit den 1980er Jahren das Aufkommen von rund 200 sogenannten erfahrungsmedizinischen, teils esoterischen Heilmethoden (Esoterik), die in der Schweiz von mehr als zehntausend registrierten Anbietern praktiziert und von Patienten meist parallel zum offiziellen Angebot genutzt werden. In den meisten Schweizer Kantonen werden Naturheilkundige heute nach einer Prüfung zugelassen. 2012 wurden beispielsweise in der Schweiz rezeptfreie Medikamente im Wert von rund 726 Mio. Franken verkauft (Fabrikpreise).