de fr it

Haushaltsmaschinen

Plakat von Otto Baumberger, 1913 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat von Otto Baumberger, 1913 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Ende des 19. Jahrhunderts ging mit dem Rückgang der Zahl der Dienstboten eine Rationalisierung des Haushalts einher. Schon 1869 hatten die Nordamerikanerinnen Catherine Esther Beecher und Harriet Beecher-Stowe (Autorin von «Onkel Toms Hütte») im Zuge der Sklavenbefreiung die häusliche Dienstbarkeit in Frage gestellt und arbeitstechnisch besser eingerichtete Küchen vorgeschlagen. In Anlehnung an den Taylorismus forderte ein halbes Jahrhundert später Christine Frederick im 1921 ins Deutsche übertragenen Buch «Die rationelle Haushaltführung» genau berechnete Zeiteinsparungen. Erna Meyer setzte 1926 im bahnbrechenden Ratgeber «Der Neue Haushalt – Ein Wegweiser zur wirtschaftlichen Hausführung» auf die Elektrifizierung und Emma Mettler übertrug diese Erkenntnisse auf den hauswirtschaftlichen Unterricht (Hauswirtschaft) in der Schweiz. «Spare Zeit, Kraft und Geld» wurde zum Leitwort der Abteilung Hauswirtschaft an der Saffa 1928. Die Forderung deckte sich mit den Anstrengungen der Frauenbewegung für die Anerkennung der Hausfrauenarbeit (Hausarbeit) als Beruf. Wissenschaftlichkeit, gepaart mit Elektrifizierung, machte aus der ehemals von Dienstboten verrichteten Arbeit eine auch für Frauen der oberen Mittelschicht annehmbare Tätigkeit.

Plakat von Willi Bolleter für die E. Grossenbacher Co., 1933 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat von Willi Bolleter für die E. Grossenbacher Co., 1933 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Die der Moderne verpflichtete Architektur unterstützte diese Bestrebungen vor allem im Bereich der Küchenarchitektur (Küche), während die Industrie nach amerikanischem Vorbild neue Haushaltsmaschinen entwickelte. Diese setzten sich in Europa erst langsam durch. In den 1930er Jahren fehlte es zum Beispiel den meisten Zürcher Haushalten noch an Steckdosen, und Haushaltsmaschinen blieben für die breite Bevölkerung bis in die 1950er Jahre unerschwinglich. Ausserdem bremste ein konservatives Frauen- und Familienbild sowie Arbeitslosigkeit die Rationalisierungsbewegung in Europa zugunsten einer Aufwertung der traditionellen Mutter- und Hausfrauenrolle. Der Nähmaschine mit ihrem doppelten Nutzen für Erwerb (Frauenerwerbsarbeit) und Selbstversorgung war der Durchbruch schon im 19. Jahrhundert gelungen; dennoch hielt sich neben den elektrischen Modellen die Tretmaschine bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg. Neben ausländischen wurden schweizerische Marken wie Bernina, Helvetia und Elna angeboten. Kochen mit Gas fand von der Wende zum 20. Jahrhundert an Verbreitung. Elektrische Tisch- und Standherde erschienen ab 1910 auf dem Markt, wurden aber erst von der Zwischenkriegszeit an in grösserer Zahl abgesetzt. Besondere Beachtung erfuhr vor allem nach 1945 das Kochherddesign der Firma Therma.

Der Siegeszug der meisten Haushaltsmaschinen begann mit der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit. Dabei spielte das Schweizerische Institut für Hauswirtschaft (SIH) als Prüfungs- und Beratungsstelle eine wichtige Rolle. 1946 vom Dritten Schweizerischen Frauenkongress des BSF gefordert, wurde das SIH 1947 als gemeinsames Projekt von Frauenbewegung, Wirtschaftsverbänden und ETH Zürich realisiert. In den 1950er Jahren fand der kleine, unauffällige Kühlschrank der Marke Sibir als schweizerisches Produkt zwar Eingang in den Haushalt, doch avancierte der importierte, stromlinienförmige Bosch oder Frigidaire gleich dem Automobil zum Leitobjekt des Konsums und paarte sich in der Werbung mit dem Bild der adretten Hausfrau mit Sexappeal. Das Kochen mutierte in der Reklame zum mühelosen Liebesbeweis für Ehemann und Kinder. Im Gefolge der auch an der Saffa 1958 propagierten Konzeption der neuen Einbauküchen und der ab den 1960er Jahren vermehrt aufgehobenen Trennung zwischen Küche, Ess- und Wohnraum wandelte sich der Kühlschrank innert 15 Jahren vom Vorzeigeobjekt zum unentbehrlichen Nutzgegenstand.

Langsamer verlief die Verbreitung der Tiefkühltechnik. Schliessabteile in dorfeigenen Gefrierräumen und die ersten Tiefkühltruhen im Keller dienten auf dem Lande der Vorratshaltung von eigenem Gemüse und Obst (Konservierung). Mit den Selbstbedienungsläden und der Ausweitung des Angebots an Tiefkühlprodukten bis hin zu fertigen Menüs wurden separate Gefriertruhen zum üblichen Küchenmobiliar, ohne aber je die Selbstverständlichkeit der Kühlschränke zu erlangen. Als ideale Ergänzung dazu erfuhr der Mikrowellenherd von den 1980er Jahren an eine rasche Verbreitung. Er spielt vor allem auch im Einpersonenhaushalt, der zahlenmässig bedeutendsten Haushaltsform seit den 1990er Jahren, eine Rolle. Mit der neuen Technik droht der emotionale Gehalt beim Herstellen der Mahlzeiten, die für weibliche Hausarbeit typische Dualität von Sach- und Beziehungsaspekten, verloren zu gehen. Die weiter ausgebaute Einbauküche mit Geschirrspüler und elektronischem Backofen diente der Erhaltung der Küche als Ort der «Arbeit aus Liebe». Die zusätzlichen Haushaltsmaschinen, die von den 1960er Jahren an Verbreitung fanden, fanden in der Einbauküche ihren diskreten Platz, denn als immer billigere Massenware verloren elektrische Fruchtpresse, Mixer, Friteuse, Toaster und Kaffeemaschine das anfängliche Prestige.

Ähnlich verlief die Entwicklung bei der Mechanisierung der Reinigungsprozesse. Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit einem Elektromotor ausgestattete Staubsauger erschien Anfang der 1920er Jahre für ein gehobenes Publikum auf dem Markt, und 1930 wurde ein erstes Modell im Versandkatalog von Jelmoli angeboten. Aber erst ab den 1950er Jahren wurde er zu einem erschwinglichen Gerät für breite Schichten, auch wenn der Teppichklopfer noch lange selbstverständliches Haushaltsaccessoire blieb. Die in den 1960er und 1970er Jahren angepriesenen elektrischen Blocher erwiesen sich mit der Versiegelung von Parkettböden einerseits, der Verbreitung des Spannteppichs andererseits bald als überflüssig. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts erschien Werbung für Waschmaschinen. Die Verzinkerei Zug AG (Metallwaren Zug), die ab 1913 mit der Kombination von Wasser und Elektromotor die Mechanisierung des Waschens vorantrieb, warb ab Ende der 1920er Jahre regelmässig für Zentrifugen und Vorwaschmaschinen. Erst mit der Vollautomatisierung in den 1950er Jahren wurde aber das Waschen mit der Maschine selbstverständlich. Die anfänglich kleinen Nachkriegsmodelle mit Zentrifuge und Handkurbel für das Auswringen wurden durch Trommelmodelle mit integrierter Wäscheschleuder abgelöst. In den neu erstellten Wohnblocks gehörte der Automat nun zur Ausstattung jeder Waschküche, von den 1980er Jahren an zum Teil ergänzt durch einen Tumbler. Das Bedürfnis nach sogenannter Zeitsouveränität hat seitdem auch in Einzelhaushalten zu vermehrter Anschaffung von Waschmaschinen mit integriertem Trockner geführt. Mehr Waschen bedeutete aber mehr Bügeln. Das von der Zwischenkriegszeit an verbreitete schwere elektrische Bügeleisen aus Eisen wurde erst in den 1960er Jahren von leichteren, regulierbaren Modellen, zum Beispiel der Marke Jura, abgelöst. Das Dampfbügeleisen machte das vorgängige Einspritzen der getrockneten Wäsche überflüssig. Trotz der Mechanisierung wird wegen der durch Haushaltsmaschinen ermöglichten neuen Reinlichkeits- und Hygienestandards kaum weniger Zeit für Waschen und Putzen aufgewendet als vor der Rationalisierungsbewegung. Daran wird auch die Dampfstation als neueste Errungenschaft nichts ändern.

Quellen und Literatur

  • BHM, Slg. und Ausstellung "Wandel im Alltag"
  • MFG, Slg. und Ausstellung "Schaulager der Designslg."
  • SLM, Slg. und Ausstellung "Kulturgeschichtl. Rundgang"
  • G. Heller, Propre en ordre, 1979
  • L. Berrisch, «Rationalisierung der Hausarbeit in der Zwischenkriegszeit», in SZG 34, 1984, 385-397
  • S. Giedion, Die Herrschaft der Mechanisierung, 31987 (engl. 1948)
  • Waschtag, Ausstellungskat. Biel, 1988
  • HaushaltsTräume, 1990
  • E. Joris, «Die Schweizer Hausfrau», in Schweiz im Wandel, hg. von S. Brändli et al., 1990, 99-116
  • Oikos, hg. von M. Andritzky, Ausstellungskat. Stuttgart und Zürich, 1992
  • Technisiertes Familienleben, hg. von S. Meyer, E. Schulz, 1993
  • F. Blumer-Onofri, Die Elektrifizierung des dörfl. Alltags, 1994
  • A. Bähler, «Die Veränderung des Arbeitsplatzes Haushalt durch das Eindringen der Haushalttechnik», in Arbeit im Wandel, hg. von U. Pfister et al., 1996, 171-192
  • C. Glauser, Die Gesch. des Staubsaugers, 1999
Weblinks

Zitiervorschlag

Elisabeth Joris: "Haushaltsmaschinen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.11.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026228/2007-11-29/, konsultiert am 12.04.2024.