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Bundesämter

Bezeichnung für grosse Verwaltungseinheiten der eidgenössischen Departemente. Jedem Bundesamt ist ein genau umschriebener Kreis von staatlichen Kompetenzen zur Durchführung übertragen. Die Vorsteher tragen den Titel «Direktor». Auf gleicher Stufe wie die Bundesämter stehen auch die Ämter (z.B. das Eidgenössische Personalamt) und die Direktionen (z.B. im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten). Bei der Gründung des Bundesstaates und der Einsetzung der Bundesverwaltung 1848 existierte der Begriff Bundesamt nicht; die bis in die 1880er Jahre noch wenig ausdifferenzierte Verwaltung verwendete für die subdepartementale Ebene Begriffe wie «Büro», «Verwaltung», «Anstalt» oder ganz konkrete Namen wie zum Beispiel «Münzstätte». Mit der stärkeren Differenzierung der Bundesadministration traten vermehrt Bezeichnungen wie «Abteilung» oder gegen Ende des 19. Jahrhunderts «Amt» auf. Der Begriff «Amtsstelle» stammt aus neuerer Zeit und hat erst 1914 Aufnahme in die Terminologie der Bundesverfassung (alte Bundesverfassung Artikel 103, Absatz 2) gefunden. Der Begriff Bundesamt taucht zum ersten Mal auf, als 1912 im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement das Bundesamt für Sozialversicherungen gegründet wurde.

Die gesetzliche Grundlage für die heutigen Bundesämter ist das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) von 1997, gemäss dem ausschliesslich dem Bundesrat die Organisationsgewalt bei der Schaffung von Bundesämtern oder anderen Verwaltungseinheiten zukommt. Davor war das Bundesgesetz über die Organisation und die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesversammlung (VwOG) von 1978 in Kraft. Mit dieser Revision waren die meisten Amtsstellen, die vorher grösstenteils «Abteilungen» hiessen, in Bundesämter umbenannt worden. Auf der Stufe Bundesämter treten in Einzelfällen heute noch andere Bezeichnungen auf, die zum Teil historisch bedingt sind: Oberauditor, Kriegsmaterialverwaltung (seit 2004 Logistikbasis der Armee), Bundesanwaltschaft usw. Im EDA wurden die Amtsstellen seit 1973 in «Direktionen» umbenannt. Im Eidgenössischen Militärdepartement hingegen wurden ab 1945 mehrere Ämter zu zwei, ab den 1960er Jahren dann zu vier sogenannten Gruppen zusammengefasst und unter einheitlicher Leitung eine hierarchische Stufe über der Ämterebene eingesetzt. In den 1990er Jahren führte zwar nur noch die Gruppe Rüstung das Wort «Gruppe» im Namen (seit 2004 Armasuisse); faktisch sind aber auch Generalstab (später Stab Chef der Armee, seit 2009 Armeestab), Heer und Luftwaffe Organisationseinheiten, denen jeweils mehrere Bundesämter oder Untergruppen – deren Stellung entspricht folgerichtig ungefähr derjenigen der Bundesämter – unterstehen. Als einziges anderes Departement schuf das Eidgenössische Departement des Innern 1990 die Gruppe für Wissenschaft und Forschung (2005 ins Staatssekretariat für Bildung und Forschung integriert).

In den gesetzlichen Grundlagen aus dem 19. Jahrhundert (Organisationsgesetz 1849; Verwaltungsorganisationsgesetz 1878; Bundesratsbeschluss 1887) wurden Amtsstellen nicht explizit erwähnt. Im Verwaltungs-Organisationsgesetz 1914 tauchen sie zum ersten Mal als Verwaltungseinheiten auf. In allen folgenden Revisionen ging es um die Verschiebung von Ämtern in andere Departemente, um Umbenennungen und/oder um Neuordnungen der Kompetenzen. Ausserdem wurden zur Bearbeitung spezieller Problemkreise (Wohnungsbau, Atom- und Ausländerfragen) in der Bundesverwaltung häufig zuerst Delegierte eingesetzt, deren Stellen später infolge der zunehmenden Bedeutung dieser Sachgebiete zu Bundesämtern umfunktioniert wurden. Überhaupt kann die Zahl der Bundesämter bzw. deren Zu- oder Abnahme als Indikator für die Ausweitung und Ausdifferenzierung der Staatstätigkeit in der Schweiz gelten. Während die departementale Organisation des Bundes in ihren Grundzügen seit 1848 relativ stabil geblieben ist, hat die Zahl der direkt unterstellten Einheiten in allen Departementen zugenommen. Dieser Zuwachs ist Folge der vielen neuen Aufgaben, die der Bundesverwaltung, oft durch Verfassungsänderungen, übertragen wurden. Erst in den 1990er Jahren setzte eine Trendwende ein; einzelne Bundesämter wurden aufgelöst oder mit anderen zusammengelegt.

Die nächsten zwei Hierarchiestufen unterhalb der Bundesämter werden häufig Abteilungen oder Sektionen genannt, aber es finden sich auch andere Begriffe wie zum Beispiel Facheinheit (nicht mehr gebräuchlich), Fachabteilung, Fachsektion, Hauptabteilung usw.; mitunter wird auch auf eine spezielle Bezeichnung verzichtet. Aus diesem Grund ist es nur bedingt möglich, aufgrund der Bezeichnung einer solchen Verwaltungseinheit auf deren Stellung innerhalb der Hierarchie zu schliessen. Die Stellung der Generalsekretariate der Departemente entspricht faktisch oft derjenigen von Bundesämtern und teilweise sind diese auch mit ähnlichen Aufgaben betraut.

Quellen und Literatur

  • E. Schärer, «Die systemat. Kompetenzkartei des Bundesarchivs», in SQ 2, 1976, 113-153
  • R.E. Germann, «Regierung und Verwaltung», in Hb. Polit. System der Schweiz 2, hg. von U. Klöti, 1984, 45-76
  • C. Furrer, Bundesrat und Bundesverwaltung, 1986
  • Hb. der Schweizer Politik, hg. von U. Klöti et al., 42006
Weblinks

Zitiervorschlag

Therese Steffen Gerber: "Bundesämter", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026451/2015-03-10/, konsultiert am 08.02.2025.