I. nannten sich in der 2. Hälfte des 18. Jh. entstandene Schulen, die den Kindern Schulwissen vermittelten und sie mit Handarbeit auf handwerkl., industrielle und gewerbl. Berufe vorbereiteten. Die ersten I. wurden 1779 in Böhmen vom späteren Bf. Ferdinand Kindermann gegründet, weitere entstanden in den folgenden Jahren in Deutschland, Österreich und vereinzelt in der Schweiz. In I. sollten v.a. Kinder der unteren sozialen Schichten zur Arbeit erzogen werden, damit sie später für das Erwerbsleben in der sich entfaltenden Industriegesellschaft gerüstet waren. Buben lernten Spinnen, Gartenbau oder Baumpflege, Mädchen Stricken, Nähen oder Flicken. Ähnlich den Philanthropen Ludwig Gerhard Wagemann und Heinrich Philipp Sextro legte auch Johann Heinrich Pestalozzi Wert auf die Verbindung von manueller Arbeit mit schulischer Erziehung und Wissensvermittlung. Ziel war die sog. Industriosität, d.h. der Erwerb von Tüchtigkeit, Gewerbe-, Kunst- und Innovationsfleiss. "Industriepädagogen", zu denen auch Philipp Emanuel von Fellenberg mit seiner sog. Meikirch-Kolonie gehörte, setzten auf unablässige Tätigkeit, damit Müssiggang und Laster verhindert und die Armen "veredelt" würden. Die I. setzten sich nicht durch, weil die Anstalten gemäss den dt. und österr. Vorbildern selbsttragend sein sollten und deshalb ökonom. Konkurrenz ausgesetzt waren. Dies akzentuierte die Produktion und verschob den elementaren Unterricht in die Randstunden. Im Zug der Industrialisierung verlagerte sich die Kinderarbeit zudem in die neuen Grossbetriebe. Als in der 1. Hälfte des 19. Jh. Fach-, Gewerbe-, Handwerker- und Bürgerschulen entstanden (Handels- und Verkehrsschulen), der Handarbeitsunterricht eingeführt und die Arbeitskraft der Kinder in Fabriken ausgenützt wurde, lösten sich die I. allmählich auf. Die in der 2. Hälfte des 19. Jh. noch bestehenden Schulen bereiteten ältere Schüler auf gewerbl.-techn. Berufe vor. Ausserdem wurden versch. I. als techn. Abteilungen von Kantonsschulen (z.B. 1832 in Zürich) gegründet.
Quellen und Literatur
- P. Gonon, «Schule im Spannungsfeld zwischen Arbeit, elementarer Bildung und Beruf», in Gesch. der Erziehung und Schule in der Schweiz im 19. und 20. Jh., hg. von H. Badertscher, H.-U. Grunder, 1997, 58-88
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