9.11.1924 Zürich, 9.9.2019 Inverness (Nova Scotia, Kanada), israelitisch, ab 1945 von Zürich. Sohn des Hermann, Geschäftsmanns aus Frankfurt am Main, und der Regina geborene Zucker, von Basel. 1) Mary Lockspeiser, 2) June Leaf. Sekundarschule in Zürich. 1941-1946 lernte und arbeitete Robert Frank bei den Fotografen Hermann Segesser und Michael Wolgensinger in Zürich, bei Victor Bouverat in Genf und bei den Gebrüdern Eidenbenz in Basel; nebenbei machte er als Standfotograf Aufnahmen für Filme. 1947 wanderte Frank nach New York aus (ab 1963 amerikanischer Staatsbürger). Er arbeitete kurz bei Harper's Bazaar, um dann als freier Fotograf für verschiedene Auftraggeber (u.a. Life) zwischen Europa, Süd- und Nordamerika zu pendeln. Er unterstützte Edward Steichen, den Fotografen und Direktor des Photography Department im Museum of Modern Art in New York, bei den Ausstellungen Post-War European Photography (1953) und The Family of Man (1955). Dank eines Stipendiums der Guggenheim-Stiftung konnte er 1955-1956 auf mehreren Reisen durch die Vereinigten Staaten von Amerika seine «visuelle Studie einer Zivilisation» machen. Die Bilder stiessen anfänglich auf Ablehnung, da sie das positive Amerika-Bild unterwanderten und sich über den gängigen fotografischen Kanon hinwegsetzten. Franks vermeintliche Stillosigkeit und unerbittliche Beschreibung alltäglicher Tristesse haben aber die Nachkriegsfotografie in Amerika wie Europa nachhaltig geprägt. Eine Auswahl der 20'000 Aufnahmen wurde zuerst 1958 in Frankreich unter dem Titel Les Américains veröffentlicht, 1959 in Amerika mit einer Einleitung des Beat-Poeten Jack Kerouac. Mit ihm drehte Frank im gleichen Jahr seinen ersten Film Pull my Daisy, eine Schilderung der amerikanischen On-the-Road-Generation. 1961 folgte eine erste Einzelausstellung im Art Institute of Chicago. In den 1960er und 1970er Jahren beschäftigte sich Frank vor allem mit dem experimentellen Film. Er gründete unter anderem mit Jonas Mekas die New American Cinema Group (1960). Es entstanden über 25 Filme, sehr oft mit autobiografischem Einschlag. 1972 kam Lines of My Hand, eine Art fotografische Autobiografie, heraus. Gegen Ende der 1970er Jahre wandte sich Frank auch wieder der Fotografie zu (Collagen und Polaroidbilder), die sich nun vor allem auf sein persönliches, vom Schicksal hart geprüftes Leben konzentrierte. Diese Bilder standen in der melancholisch-grüblerischen Stimmung und der unkonventionellen Form den frühen in nichts nach. Einen grossen Teil seines Werks schenkte Frank 1990 der National Gallery of Art in Washington, die ihn 1994 mit einer Retrospektive als wichtigsten Fotografen unserer Zeit ehrte. Die Ausstellung wurde unter anderem 1995 auch im Kunsthaus in Zürich gezeigt. 2004 widmete ihm die Tate Modern in London eine grosse Einzelausstellung, die anschliessend in verschiedenen europäischen Städten, unter anderem 2005 im Fotomuseum in Winterthur gezeigt wurde.
Parade, Hoboken, New Jersey, 1955. Fotografie aus der Serie The Americans (Fotostiftung Schweiz, Winterthur) © Pace/MacGill Gallery, New York.
Quellen und Literatur
- Photographie in der Schweiz von 1840 bis heute, 1992 (mit Werkverzeichnis)
- Robert Frank – Moving Out, 1994
- Robert Frank: Hold Still – Keep Going, Ausstellungskatalog Essen, 2000
- Robert Frank: Storylines, Ausstellungskatalog London, 2004
- G. Magnaguagno, «Ambivalenz und Sehnsucht: Robert Frank (1924)», in Small number – big impact, Schweizer Einwanderung in die USA, hg. von B. Abegg, B. Lüthi, 2006, 119-124
Kurzinformationen
Lebensdaten | ∗︎ 9.11.1924 ✝︎ 9.9.2019 1924-11-092019-09-09 |