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Weggeld

Das Weggeld (mittellateinisch pedagium, französisch péages, italienisch pedaggi) war wie das Brückengeld und gewisse Wasserzölle eine einst in ganz Europa verbreitete Benutzungsgebühr für Verkehrsinfrastruktur, sowohl als Anerkennungsgebühr für das Passagerecht bei der Durchfahrt durch ein Territorium wie vor allem als Entgelt für den Bau und Unterhalt von Strassen und Brücken im Personen- und Fuhrverkehr bzw. von Anlegestellen in der Flussschifffahrt (Schifffahrt) sowie für die Offenhaltung von Fahrrinnen schiffbarer Flüsse. Um eine Umgehung zu verhindern, erhob man Weg- und Brückengelder an Engnissen wie Brücken und Anlegestellen von Fähren. Das Recht, Weggelder zu erheben, war von der Erteilung eines Privilegs – ursprünglich durch den König, aber schon im Mittelalter durch Stadt- und Landesherren – abhängig. Stadt- und Länderorte erteilten Gemeinden oder Privaten, die sich dazu verpflichteten, Strassen, Brücken oder Anlegestellen instand zu halten und über den Ertrag jährlich abzurechnen, entsprechende Rechte. In den eidgenössisch verwalteten gemeinen Herrschaften war es die Tagsatzung, die Weggeld-Privilegien verpachtete und Streitfälle um Weggelder entschied.

Im 18. Jahrhundert waren solche Pachten befristet, je nach Aufwand für Unterhalt oder Neubau des Verkehrsträgers auf ein Jahr, zehn, zwölf oder zwanzig Jahre. Obschon Weggelder stets zusammen mit Zöllen erscheinen und oft auch als Zölle bezeichnet wurden, unterschieden sie sich von diesen: Bei Zöllen waren Kaufmannsgüter entsprechend ihrem Handelswert zu verzollen, bei Weg- und Brückengeldern wurden die Verursacher – Fuhrwerke und Pferde – von Schäden an Verkehrsträgern zur Kasse gebeten. Die Weggelder belasteten vor allem den Transit- und Handelsverkehr; Einheimische waren befreit oder entrichteten ihren Beitrag als jährliche Getreidepauschale (brüggsumer, bruggmütt). Kutschen und Kutschpferde wurden als Luxus höher belastet als beladene Fuhrwerke und Zugpferde, Reitpferde höher als Zugpferde; in Baden waren Badegäste und leere Wagen frei. Da es einheitliche Taxen nicht gab, wurden gedruckte Tarife an Weggeld-Stationen angeschlagen.

Das neue Zollhaus von Eglisau. Aquatinta von Heinrich Keller, um 1821 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Das neue Zollhaus von Eglisau. Aquatinta von Heinrich Keller, um 1821 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Weg- und Brückengelder wurden vor allem in Regionen mit Transitverkehr erhoben, wo der Bau und Unterhalt von Strassen und Brücken die dafür zuständigen Weganrainer – Gemeinden, Genossenschaften oder Private – überforderten. Dies traf früh auf die voralpinen und alpinen Regionen längs der grossen Passrouten zu: Schon im 14. Jahrhundert wurde am Gotthard und an den Bündnerpässen die Fuhrleite (italienisch forletto) eingeführt (Säumerei). Im 18. Jahrhundert betrachteten Stadtstaaten den Chausseenbau als Staatsaufgabe, aber in den gemeinen Herrschaften im Aargau und in der Ostschweiz liessen sich die zu baulichen Massnahmen verpflichteten Gemeinden das Privileg zur Erhebung von Weggeldern zur Finanzierung ihrer Kosten erteilen.

In den endlosen Debatten um die Vereinheitlichung des Zollwesens in der Tagsatzung nach 1750 und ebenso nach 1800 traten vor allem Zürich und Bern für eine Reduktion der Weggelder ein. Doch solange kein finanzieller Ersatz zur Entlastung der Anrainer von Transitstrassen gefunden war, wurden sie beibehalten, so im Bundesvertrag von 1815 (Artikel 11) und in der Bundesverfassung (BV) von 1848 (Artikel 27), obschon 1848 dem Bund neu das Recht an den Weggeldern zukam, der jedoch bei dessen Aufhebung die Kantone nicht hätte entschädigen können. Die Weggelder verschwanden erst, als der Bund den Kantonen Uri, Graubünden, Tessin und Wallis für ihre internationalen Alpenstrassen jährliche Zahlungen garantierte sowie Uri und Tessin für die Schneeräumung am Gotthardpass entschädigte (Artikel 30 BV 1874).

Seither gilt der Grundsatz, dass die Benützung öffentlicher Strassen gebührenfrei zu sein hat (Artikel 82 BV 1999). Die Wiedereinführung von Strassenbenützungsgebühren machte daher eine Volksabstimmung nötig (Autobahn-Vignette 1985, pauschale oder leistungsabhängige Schwerverkehrsteuer LSVA 1999). Weitere Formen des Road Pricing, zum Beispiel die City-Maut für Stadtregionen zur Verkehrslenkung, stehen in Zürich, Bern und Genf zur Diskussion.

Quellen und Literatur

  • W. Rupli, Zollreform und Bundesreform in der Schweiz 1815-1848, 1949
  • P. Bissegger, «Douanes, corps de garde et péages vaudois (1803-48)», in UKdm 40, 1989, 62-71
  • HRG 5, 1753-1757
  • T. Klöti, «Die Zollkarte der Schweiz (1825) von J.K. Zellweger und H. Keller», in Cartographica Helvetica, 1996, H. 14, 25-34
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Weggeld", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/027297/2015-01-11/, konsultiert am 18.04.2024.