Die Eidgenossenschaft besteht nicht nur aus verschiedenen Sprachregionen, sondern seit der Reformation zugleich aus zwei grossen Konfessionsteilen (Katholizismus, Protestantismus). Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum modernen Staat war der Friede unter den konfessionell geprägten Kräften der eidgenössischen Politik.
In diese Richtung zielten bereits die Landfriedensbünde von 1529-1712. Sowohl in den einzelnen Kantonen als auch in der Eidgenossenschaft etablierte sich die konfessionelle Parität, und es bildeten sich bis im 18. Jahrhundert Formen religiöser Toleranz heraus. In der Verfassung der Helvetischen Republik (Artikel 6) von 1798 wurde erstmals die religiöse Freiheit gewährleistet. Nach dem Sonderbundskrieg von 1847 (Sonderbund) erhielt die Kultusfreiheit mit der Bundesverfassung von 1848 ausdrücklichen Schutz, freilich nur für die «anerkannten christlichen Konfessionen» und unter Vorbehalt geeigneter Massnahmen zur «Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Konfessionen» (Artikel 44, ähnlich Artikel 50, Absatz 2 alte Bundesverfassung aBV 1874). Hauptziel jener Bestimmung war noch nicht das Individualrecht der Glaubensfreiheit, sondern der Friede zwischen den grossen christlichen Konfessionen. Entsprechend lässt sich die Bundesverfassung von 1848 als Abschluss einer Zeit religiöser Auseinandersetzungen sehen, deren Nachzügler der Kulturkampf sein sollte. Weil dessen Ende mit der Ausarbeitung der Bundesverfassung von 1874 zusammenfiel, trugen auch die Religionsartikel in der Bundesverfassung von 1874 noch Züge einer Friedensordnung (Ausnahmeartikel). Hinzu kam jetzt die Gewährleistung der individuellen Glaubens- und Gewissensfreiheit (Religionsfreiheit, Artikel 49, Absatz 1 aBV). Mitentscheidend für die Nachhaltigkeit des konfessionellen Friedens war der Beitrag weitsichtiger Persönlichkeiten zur Integration des Landes. So hatte Guillaume-Henri Dufour als General der eidgenössischen Truppen 1847 den siegreichen Kampf gegen den Sonderbund massvoll geführt. Nach der Bundesstaatsgründung 1848 engagierten sich katholisch-konservative Politiker wie Philipp Anton von Segesser für die Einbindung der im Sonderbundskrieg unterlegenen Kräfte in das neue Staatswesen. Hinzu kam, dass der Bundesstaat den Katholiken die Möglichkeit bot, in den konservativen Kantonen politische Verantwortung zu übernehmen. Ihr Aufstieg zu ökonomischem Einfluss sollte aber noch Jahrzehnte dauern. Der Polizeivorbehalt zur Einschränkung der Religionsfreiheit fand weitgehend unverändert Eingang in die Bundesverfassung von 1999 (Artikel 72, Absatz 2).
Die Erhaltung des konfessionellen Friedens im 20. Jahrhundert ist allerdings nicht auf solche «Notstandsbestimmungen» zurückzuführen, sondern auf die Religionsfreiheit mit ihren Konkretisierungen der Parität und der religiösen Neutralität. Als Parität gilt hier die materielle, positive Gleichbehandlung der historischen Volkskirchen, soweit nicht Besonderheiten eine Differenzierung rechtfertigen. Demgegenüber markiert die religiöse Neutralität des Staates den Übergang wichtiger Bereiche der Rechtsordnung von den Kirchen an den Staat (z.B. des öffentlichen Schulunterrichts, der Beurkundung des Zivilstands oder des Bestattungswesens, Artikel 27, Absatz 2-4, Artikel 53, Artikel 54, Absatz 1-2 aBV) aufgrund der fortgeschrittenen Säkularisierung. Zum konfessionellen Frieden hat schliesslich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) die zwischenkirchliche Ökumene beigetragen.
Angesichts der zunehmenden interkulturellen Durchmischung und laizistischen Ausrichtung der Gesellschaft gewinnt die Weiterentwicklung des konfessionellen Friedens zu einem Frieden unter den Religionen an Bedeutung. Dabei werden verschiedene Bereiche tangiert, etwa das öffentliche Schulwesen (Kopftuchfrage), das Bau- und Raumplanungsrecht (Bewilligung von Minaretten) sowie das Friedhofswesen (Einrichten von speziellen Grabfeldern auf den staatlichen Friedhöfen).