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Oltener Aktionskomitee

Oltener Aktionskomitee nannte sich ein Komitee, das SGB-Ausschuss, SPS-Geschäftsleitung, SP-Nationalratsfraktion und SP-Presse am 4. Februar 1918 in Olten wählten, und das im Landesstreik als nationale Leitung wirkte. Ursprünglich gehörten ihm Robert Grimm, Rosa Bloch, Friedrich Schneider, Konrad Ilg, Karl Dürr, August Huggler und Franz Reichmann an; am 3. März kamen Fritz Platten (für Rosa Bloch), Charles Schürch und Ernest Paul Graber, am 12. April Werner Allgöwer (ab Oktober Harald Woker), Emil Düby und Bernhard Kaufmann dazu. Ohne Ersatz traten Platten und Reichmann zurück.

Das Oltener Aktionskomitee und seine Verteidiger vor dem Militärgericht der 3. Division im März oder April 1919 in Bern (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich, F Fd-0002-03).
Das Oltener Aktionskomitee und seine Verteidiger vor dem Militärgericht der 3. Division im März oder April 1919 in Bern (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich, F Fd-0002-03).

Anlass zur Gründung bot die vom Bundesrat geplante Zivildienstpflicht. Eigentliche Ursachen waren aber massive Kriegsgewinne einer kleinen Minderheit bei gleichzeitiger Verelendung breiter Teile der Arbeiterschaft sowie der Ausschluss der Arbeiterorganisationen von der politischen Entscheidungsfindung. Das Komitee ohne statutarische Kompetenzen entwickelte sich unter Grimms Führung zur eigentlichen Exekutive der Arbeiterorganisationen. Es stellte mehrmals Begehren wie ein 15-Punkte-Wirtschaftsprogramm mit Schwergewicht auf der Nahrungsmittelversorgung (März), keine Milchpreiserhöhung (April) und elf Forderungen vor allem gegen die Einschränkung politischer Rechte, zur Nahrungsmittelversorgung sowie zu Lohnverbesserungen und Arbeitszeitverkürzungen (Juli) und erwirkte mit Streikdrohungen und -vorbereitungen Konzessionen der Behörden. Stärker als SPS- und SGB-Organe dem Druck radikaler Strömungen ausgesetzt, versuchte das Oltener Aktionskomitee gleichzeitig, diese zurückzuhalten und unter gemässigten Arbeitern den Generalstreik zu propagieren. Auf das Truppenaufgebot reagierte es am 7. November mit dem Aufruf zum Proteststreik am 9. November, den es am 10. November mit der Proklamation «An das arbeitende Volk der Schweiz!» zum Landesstreik ausweitete. Mit dieser forderte es ultimativ neun Reformen gewerkschaftlicher (48-Stunden-Woche), sozialpolitischer (AHV), allgemein-politischer (Neuwahl des Nationalrats, Frauenwahlrecht) sowie kriegsbedingter (Arbeitspflicht, Armeereform, Nahrungsmittelversorgung, Aussenhandelsmonopol, Vermögenssteuer) Art. Nach dem bundesrätlichen Ultimatum brach es den Streik am frühen Morgen des 14. Novembers ab. Grimm, Schneider und Platten verurteilte mangels ziviler Tatbestände die Militärjustiz wegen Meuterei, begangen durch die Streikproklamation, am 10. April 1919 zu sechs Monaten Gefängnis. Versuche, ein erweitertes Oltener Aktionskomitee als «Zentrales Aktionskomitee» weiterzuführen, scheiterten ebenso wie spätere, eine gemeinsame Leitung von gewerkschaftlicher und politischer Arbeiterbewegung zu bilden.

Quellen und Literatur

  • Der Landesstreik-Prozess gegen die Mitglieder des Oltener Aktionskomitees, 1919
  • Dok. zum Landesstreik, hg. von W. Gautschi, 21988
  • M. Vuilleumier et al., La grève générale de 1918 en Suisse, 1977
  • B. Degen, Richtungskämpfe im Schweiz. Gewerkschaftsbund, 1980
  • W. Gautschi, Der Landesstreik 1918, 21988
Weblinks

Zitiervorschlag

Bernard Degen: "Oltener Aktionskomitee", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.11.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/027678/2009-11-02/, konsultiert am 19.03.2024.