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Schiess

Führende Familie von Herisau, die ursprünglich Müller hiess und im 16. Jahrhundert den für ihre Verdienste um das Schützenwesen erhaltenen Beinamen Scheuss zum Familiennamen machte. Ausgehend von Jung Hans Müller, genannt Scheuss, sind ab dem späten 16. Jahrhundert die gegenseitig verschwägerten Linien der Schwarz-, Rot- und Weiss-Scheussen unterscheidbar. Sie gehörten bis Ende des 18. Jahrhunderts zu den führenden Familien Herisaus und des Landes Appenzell Ausserrhoden und spielten im sogenannten Landhandel 1732-1734 eine wichtige Rolle. Nach 1800 war nurmehr die schwarze Linie von Bedeutung.

Die Angehörigen der roten Linie betrieben im Weiler Sturzenegg Landwirtschaft und das Gasthaus Bären. Sie stellten bis 1780 während fünf Generationen sieben Gemeindehauptmänner, von denen vier auch Landesbeamte waren. Im 18. und 19. Jahrhundert vererbte sich bei einem Nebenzweig das Rotgerbergewerbe über mindestens drei Generationen.

Die weisse Linie, deren Mitglieder im Dorf Herisau und im Weiler Schwänberg ansässig waren, stellte bis 1720 während vier Generationen vier Gemeindehauptmänner und einen Landesbeamten. Zwei Herisauer Gerbereien sowie das Gasthaus Adler blieben im 17. und 18. Jahrhundert über mehrere Generationen in Familienbesitz.

Den bedeutendsten Familienzweig bilden die Nachkommen von Landammann Johannes (->), dem Stammvater der schwarzen Linie. Sie stellten bis 1853 während zehn Generationen 13 Landesbeamte sowie zahlreiche Gemeindehauptmänner und -räte. Durch Heirat mit einer Tochter des Landesstatthalters Ulrich Dietzi ging Hans (1612-1676) um 1650 nach Urnäsch, wo er sich einbürgern liess. Beruflich lassen sich mehrere Familientraditionen ausmachen. In der Nachfolge des Enkels von Johannes, Bartholome (->), finden sich vier Generationen Papiermacher in Herisau, Stein am Rhein und Basel sowie mindestens drei Generationen Bleichereibesitzer am Herisauer Moosberg. Aus der Urnäscher Linie ging die 1774 in Hamburg eingebürgerte Kaufmannsfamilie Schües hervor, welche ab ca. 1870 als Besitzer von Handelsunternehmen und im Vorstand der Nord-Deutschen-Versicherungsgesellschaft Hamburg Ansehen erwarb. Dreimal bildeten sich Pfarrersdynastien, die vom 17. bis 19. Jahrhundert insgesamt 25 Pfarrer, darunter vier Dekane, stellten. 1740 und 1772 betreuten jeweils acht Schiess Ausserrhoder Pfarreien. Die Söhne von Dekan Sebastian (1753-1829), Johann Ulrich zum Pfauen (->) und Johannes zur Rose (->) begründeten 1797 mit der Firma Gebrüder Scheuss eines der führenden Ostschweizer Textilhandelshäuser, in das 1802 auch der Bruder Johann Jakob (1785-1853) eintrat, und stiegen in Kürze zu den reichsten Bürgern Herisaus auf. Diese Firma führten Johannes und sein Sohn Johann Ulrich (->) erfolgreich weiter. Johann Jakobs gleichnamiger Sohn war 1837 Mitgründer der angesehenen, über drei Generationen bestehenden Stickerei- und Stoffhandelsfirma Zähner & Schiess & Comp. Durch Heiraten ergaben sich enge Bande zu den Herisauer Textilindustriellenfamilien Alder, Meyer, Nef und Tanner. Mit dem Ende der Stickerei- und Stoffhandelsfirma 1928 verlor auch die Familie ihren Einfluss.

Quellen und Literatur

  • G. Büchler, Gesch. der Fam. Scheuss im Lande Appenzell Ausserrhoden, 1830
  • W.G. Schües, Familiengesch. Schües Hamburg, 1934
  • Holderegger, Unternehmer
  • T. Fuchs et al., Herisau, 1999

Zitiervorschlag

Thomas Fuchs: "Schiess", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.11.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/028721/2012-11-20/, konsultiert am 15.01.2025.