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Lateinamerika

Als eher geografischer denn politischer Begriff bezeichnet Lateinamerika die ehemaligen Kolonien Spaniens und Portugals in Süd- und Mittelamerika.

Erste Kontakte

Die Präsenz von Schweizern in Lateinamerika geht auf die Anfänge des Kolonialismus zurück. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts war sie eng mit der christlichen Missionstätigkeit verknüpft und stand ganz im Zeichen der religiösen Kolonisation, aber auch der beginnenden Kulturbegegnung. Auch die Calvinisten (Calvinismus) beteiligten sich an der Diskussion über die Natur der Indianer und die Rechtmässigkeit der Eroberungen. Jean de Léry etwa, ein nach Genf geflohener Hugenotte und Theologe, nahm 1556 an einer Genfer Expedition in die Bucht von Guanabara (Rio de Janeiro, Brasilien) teil, wo er sich 1557-1558 in der kurzlebigen Kolonie Neu-Genf aufhielt. Nach seiner Rückkehr machte er sich entschlossen für die Sache des «edlen Wilden» stark. Im 17. und 18. Jahrhundert entsandten die Jesuiten mehrere Schweizer Missionare nach Lateinamerika. Diese setzten sich als religiöse und landwirtschaftliche Kolonisten die Christianisierung und Sesshaftwerdung der Indianer zum Ziel. In den spanisch beherrschten Gebieten (Mexiko, Ecuador, Peru, Chile, Paraguay) und in Amazonien kämpften sie aber auch gegen deren Ausbeutung. Pater Martin Schmid aus Baar nahm sich dieser Aufgabe in Argentinien an.

Während der Kolonialzeit veranlassten auch ökonomische Motive viele Schweizer zum Aufenthalt in Lateinamerika, wobei unterschiedliche Tätigkeiten im Vordergrund standen. Einige nahmen ein politisch-militärisches Engagement im Dienste verschiedener Staaten (vorab der protestantischen Niederlande) und ihrer Indienkompanien an, andere beteiligten sich an der Ausbeutung der Plantagen auf den «Amerikanischen Inseln» sowie am Kolonialwarenhandel mit Europa. Die Holländer warben nicht nur Offiziere und Soldaten (Fremde Dienste) für ihre Expansionspolitik in der Karibik und an der Nordostküste Südamerikas an, sondern sie griffen ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch auf das Finanz- und Handelsnetz der Hugenottischen Internationale (Protestantische Glaubensflüchtlinge) zurück. Die in dieser Region eroberten Gebiete, in denen unter anderen Gescheiterte, politische Verbannte und andere Ausgestossene aus den Schweizer Kantonen Unterschlupf fanden, lockten Handelsbankiers aus Genf, Neuenburg, Basel, St. Gallen und Zürich an. Manche von ihnen wurden Besitzer von Plantagen, die damals eine gesuchte spekulative Anlage darstellten. Im 18. Jahrhundert gründeten Schweizer Handelshäuser im Gefolge des französischen Kolonialismus weitere Niederlassungen. Die Genfer Hugenotten waren vor allem auf den Antillen aktiv, das heisst in Santo Domingo (Haiti, Dominikanische Republik), auf Martinique und Guadeloupe (Kleine Antillen), wo sich die wirtschaftlichen und politischen Interessen Frankreichs nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) konzentrierten. Diese Kaufleute, die ihre Plantagen teils vor Ort, teils von Europa aus betrieben, griffen zu deren Bewirtschaftung auf Sklaven, aber auch auf aus der Schweiz eingewanderte Bauern zurück.

Auf diesem Muster der Kolonisation und der landwirtschaftlichen Ausbeutung fusste die Ausdehnung der Schweizer Präsenz in Lateinamerika. Dies änderte sich erst nach der politischen Unabhängigkeit der ehemals portugiesischen und spanischen Besitzungen und der Öffnung des menschenleeren Kontinents (Ausnahmen bildeten die dichter besiedelten Andenstaaten sowie Mittelamerika) aufgrund neuer Rahmenbedingungen grundlegend: Neue Motive und die starke Emigration prägten nun das Geschehen.

Wanderungsbewegungen

Die jungen, eben erst unabhängig gewordenen Staaten in Lateinamerika waren fest entschlossen, günstige Voraussetzungen für ihre wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Dabei stützten sie sich auf die Immigration ab. Von den europäischen Einwanderern erwarteten sie wertvolles Know-how. Für Brasilien stellte sich im 19. Jahrhundert zusätzlich das Problem der schwarzen Sklaven aus Afrika, deren Befreiung die Engländer forderten. Von der Lösung dieser Frage hing die internationale Anerkennung des Landes ab. Der brasilianische Staat förderte deshalb die Einwanderung von freien Arbeitern, namentlich von Schweizer Bauernfamilien, die man in den Kaffeeplantagen der Südprovinzen einsetzte. Diese Auswanderung wurde von einigen Kantonen und Gemeinden unterstützt, welche die der öffentlichen Fürsorge zur Last fallenden Armen abzuschieben suchten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem ab den 1880er Jahren, löste die Wachstumsdynamik der Agrarexportwirtschaften des Cono Sur (Argentinien, Uruguay, Chile) die bis anhin grösste Emigration nach Lateinamerika aus. Noch bedeutender fiel die Auswanderung nach Argentinien aus, das mit Regierungspropaganda und diplomatischen Offensiven Schweizer Arbeiter für die Modernisierung des Landes gewinnen wollte.

Informationsbroschüre für Schweizer Auswanderer nach Argentinien, verfasst und vertrieben vom eidgenössischen Auswanderungsamt, Ausgabe von 1911 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Informationsbroschüre für Schweizer Auswanderer nach Argentinien, verfasst und vertrieben vom eidgenössischen Auswanderungsamt, Ausgabe von 1911 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern). […]

Auch für die bis nach 1850 noch weitgehend ländliche Schweiz stellte die Auswanderung eine Notwendigkeit dar. Die Agrarkrisen, die Ungleichheiten in der Entwicklung und die Verelendung bäuerlicher Schichten zwangen Tausende zum Verlassen des Landes. Nach den Hungerjahren 1816-1817 wurde die von geschäftstüchtigen Agenturen organisierte Massenemigration soziale Realität, was 1819 die Gründung und das Scheitern der Kolonie Nova Friburgo bei Rio de Janeiro (Schweizer Kolonien) auf dramatische Weise illustrierten. Andere kollektive Unternehmen von Aussiedlern, die teils auf private, teils auf behördliche Initiativen zurückgingen, waren weniger spektakulär, zielten aber ebenfalls auf den individuellen Erwerb eines kleinen Stücks Land ab. Im Gegensatz zu den Emigranten in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), denen der Zugang zum Besitz verhältnismässig leicht gemacht wurde, kamen die in der Regel bei der Ankunft mittellosen Einwanderer in Südamerika, vor allem in Brasilien und Argentinien, nicht über die Stellung eines Pächters hinaus, verschuldeten sich rasch und wurden von Besitzern und Spekulanten abhängig. Die Einwanderung ländlicher Kolonisten, die in der ersten Generation einen hohen menschlichen Preis zahlten, setzte sich bis nach der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre fort und erhielt durch diese gar neuen Auftrieb.

Die zeitlich oft beschränkte, individuelle Emigration – im 19. Jahrhundert Kaufleute, im 20. Jahrhundert hauptsächlich Ingenieure, Techniker, Chemiker, Hoteliers, Geschäftsführer und Direktoren von Unternehmen, Lehrer sowie Architekten – hatte zahlenmässig wenig Gewicht, stellte aber einen nicht zu unterschätzenden Wissenstransfer in die lateinamerikanischen Länder zugunsten von deren Entwicklung dar. 1887-1938 entfielen 15% der schweizerischen Auswanderung nach Übersee auf Südamerika (10% auf Argentinien, 3% auf Brasilien), 0,5% auf Mittelamerika und 77% auf Nordamerika.

Wirtschaftliche Beziehungen

Die wirtschaftliche Expansion der Schweiz nach Lateinamerika vom 18. bis zum 20. Jahrhundert durchlief verschiedene Phasen, die durch ein Wechselspiel von finanziellen, kommerziellen und industriellen Interessen geprägt waren. Bis zur Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen (Koalitionskriege) lassen sich die helvetischen Aktivitäten mit dem Begriff «le jeu infernal des Indes» (Herbert Lüthy) umschreiben, der sowohl die Seeexpeditionen nach Amerika als auch jene in den Indischen Ozean einschloss. Investitionen, Anlagen in Reedereien, Versicherung und Finanzierung der Antillenplantagen wurden über multinationale Gesellschaften – grosse, spekulativ tätige Handelsunternehmen – abgewickelt, denen Hunderte von Aktionären in Schweizer Städten, Privatbankiers der protestantischen Diaspora, aber auch die damals halbstaatliche Bank Leu in Zürich angehörten. Dem Geldstrom aus der Schweiz in Millionenhöhe setzten erst die Krisen am Ende des 18. Jahrhunderts ein Ende. Einige Genfer, Waadtländer und Basler Bankhäuser neuen Typs investierten später allerdings wieder in die Siedlungsauswanderung nach Südamerika.

Nach dem Wiener Kongress von 1815 intensivierten sich die Handelsbeziehungen zwischen Westeuropa, das sich in einer Phase industriellen Wachstums befand, und den lateinamerikanischen Staaten, die Rohstoffe (darunter Baumwolle) und Massengenussmittel (Tabak, Zucker, Kaffee) exportierten. Der Anteil Lateinamerikas am Schweizer Handel war nie sehr gross; er machte im 20. Jahrhundert im Durchschnitt rund 5% der Ausfuhren und Einfuhren aus, wobei er ab den 1950er Jahren deutlich zurückging. Trotzdem erlangten die lateinamerikanischen Staaten im 19. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung für die führende Schweizer Industrie. Diese konnte nämlich den Rückgang auf den europäischen und nordamerikanischen Absatzmärkten infolge protektionistischer Massnahmen ein Stück weit kompensieren, so zum Beispiel in den 1830er und 1840er Jahren, als die Schweiz einen industriellen Aufschwung erlebte, sowie während der Grossen Depression der 1870er und 1880er Jahre, die ebenfalls von einer Rückkehr Europas und der USA zum Protektionismus begleitet wurde, während Lateinamerika seine Grenzen für neue, rasch Marktanteile gewinnende Produkte wie Investitionsgüter, elektrische Energietechnik und Produkte der chemischen Industrie sowie der Nahrungsmittelindustrie öffnete. Im 20. Jahrhundert bestand zwar bis zu den Reformen der 1970er und 1980er Jahre eine Tendenz hin zum Nationalismus und wirtschaftlichen Isolationismus. Dessen ungeachtet privilegierte Lateinamerika eine Einfuhrpolitik zugunsten forschungsintensiver Produkte sowie gleichzeitig von in der Schweiz hergestellten Industriegütern. Auch die Entwicklungsstrategien, die einige südamerikanische Staaten in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre und vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten, begünstigten die Einfuhr von Investitions- und unverzichtbaren Gütern, während protektionistische Massnahmen zum Schutz der nationalen Industrialisierung sich negativ auf den Import von als nicht notwendig erachteten und substituierbaren Konsumgütern auswirkten. Auch wenn sich die Zusammensetzung der Handelsgüter vom 19. Jahrhundert an kaum stark veränderte – die Schweiz lieferte stets Fertigwaren nach Lateinamerika –, lösten im 20. Jahrhundert die Maschinen (Maschinenindustrie), vor allem für die Textilindustrie, sowie chemische Produkte die Textilien ab, die noch im 19. Jahrhundert dominiert hatten. Diese fielen nun als erste der Industrialisierungspolitik der lateinamerikanischen Staaten zum Opfer. Umgekehrt bezog die Schweiz aus Lateinamerika vorwiegend landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Fleisch, Baumwolle, Bananen, Kakao, Zucker, Tabak und Getreide. Seit 1945 sind die lateinamerikanischen Länder (v.a. Brasilien, Mexiko und Argentinien) für die Schweiz mehr Absatz- als Bezugsmarkt.

War es im 19. Jahrhundert vor allem der Handel, der die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Lateinamerika geprägt hatte, überwogen im 20. Jahrhundert die Finanz- und Industrieinteressen. Der Einsatz von Schweizer Kapital in Lateinamerika erfolgte zunehmend mit Hilfe von Finanzgesellschaften, die – von Banken und Unternehmen der Maschinenindustrie und der Elektrotechnik gegründet – in private Unternehmen und den öffentlichen Dienstleistungssektor investierten und sich so Aufträge sicherten. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs konzentrierten sich diese Investitionen auf den Infrastrukturbereich (Transportwege, Hafenanlagen) und auf den Energiesektor (Wasserkraftwerke). Eine andere Form des Kapitaltransfers bildeten die Direktinvestitionen von multinationalen Unternehmen aus der Schweiz, die sich in beachtlichen Dimensionen bewegten. Konzerne wie Nestlé und Holderbank verlegten ihre Produktion direkt in die Absatzgebiete oder produzierten wie Bally am Herkunftsort des Rohstoffes (Leder), nachdem sie sich über den Export mit den Märkten in Übersee vertraut gemacht hatten. Dabei nutzten sie oft die Dienste ausgewanderter Schweizer und deren Beziehungen im Gastland. Die ersten Industrieanlagen entstanden in der Zwischenkriegszeit, doch vor allem ab den 1950er Jahren wuchs das Volumen der Direktinvestitionen (v.a. durch die chemische Industrie und die Maschinenindustrie) im grossen Stil an und entwickelte sich in gegenläufiger Richtung zu den schweizerischen Ausfuhren nach Lateinamerika, die stets durch die Zahlungsbilanzschwierigkeiten und die daraus folgenden Einfuhrrestriktionen bedroht waren. Die Zunahme des Gesamtvolumens der Schweizer Direktinvestitionen in Lateinamerika war beachtlich: Von einigen hundert Millionen Schweizer Franken vor 1950 stieg es bis 1961 auf 2-3 Mrd. Franken, erreichte Mitte der 1960er Jahre 5 Mrd. Franken und lag 1993 bei mehr als 23 Mrd. Franken (davon 13 Mrd. Franken in die Industrie, 10 Mrd. Franken in den Dienstleistungssektor). 2004 belief sich der Kapitalbestand dann bereits auf rund 86 Mrd. Franken (30 Mrd. Franken Industrie, 56 Mrd. Franken Dienstleistungssektor), was 19% der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland entsprach. Die wichtigsten Partner sind Brasilien und Mexiko, dahinter folgt, deutlich abgeschlagen, Argentinien. Zu den bereits genannten Kapitaltransfers kamen die verschiedenen Kredite hinzu, welche die grossen Schweizer Banken in Form von kurz-, mittel- und langfristigen Transaktionen gewährten (Exportkredite, Rahmenkredite zur Finanzierung von Investitionsgütern, lateinamerikanischen Obligationsanleihen auf dem Schweizer Markt, die vor der Krise von 1929 auf Begeisterung stiessen, aber dann kaum mehr ins Gewicht fielen). Im Übrigen nahm ein wachsender Teil der Kapitalflüsse nach Lateinamerika den indirekten Weg über zwischenstaatliche Organisationen wie die Weltbank oder die Interamerikanische Entwicklungsbank (Internationale Organisationen, IO), die als Vermittler in den Kreditbeziehungen zwischen Lateinamerika und den Industrieländern auftraten.

Diplomatische und politische Beziehungen sowie Entwicklungszusammenarbeit

Obwohl Lateinamerika wirtschaftlich für die Schweiz immer von Bedeutung war, spielte es für die Schweizer Aussenpolitik lange Zeit eine untergeordnete Rolle. Die diplomatischen Beziehungen, die ab 1848 ganz pragmatisch gehandhabt wurden, standen im Zeichen von Migrationsfragen sowie Wirtschafts- und Finanzinteressen. Einen weiteren Bereich bildet seit den 1960er Jahren die Entwicklungszusammenarbeit.

Im 19. Jahrhundert waren es die Exportförderung und die mit der Auswanderung verbundenen Probleme, welche die schweizerische Aussenpolitik beschäftigten. Diese ruhte auf einem konsularischen Netz, das ab dem Ende der 1820er Jahre rasch ausgebaut wurde. Erst um die Jahrhundertwende wurde der diplomatische Einfluss mit der Eröffnung zweier Gesandtschaften verstärkt. Die erste Gesandtschaft entstand 1891 in Buenos Aires auf Betreiben des eidgenössischen Auswanderungskommissariats und vertrat die Schweizer Interessen auch in anderen Staaten. Die zweite wurde 1907 in Rio de Janeiro errichtet. Übrigens hatte der Bundesrat bereits 1860 Johann Jakob von Tschudi als ersten Schweizer Diplomaten in Lateinamerika mit einer Spezialmission nach Brasilien entsandt (bis 1862). Tschudi war beauftragt worden, über den rechtlichen und konfessionellen Status der Schweizer Kolonisten zu verhandeln. Diese sollten aus ihrer sklavenähnlichen Abhängigkeit, in die sie geraten waren, befreit werden.

Plakat der Ausstellung Fotografie Lateinamerika 1860 bis heute im Kunsthaus Zürich, 1981 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Plakat der Ausstellung Fotografie Lateinamerika 1860 bis heute im Kunsthaus Zürich, 1981 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

Zwischen 1883 und 1908, d.h. bis ins 20. Jahrhundert, schloss die Schweiz nur wenige Handels-, Niederlassungs- und Freundschaftsabkommen mit Staaten von geringerem wirtschaftlichem Gewicht wie El Salvador, Ecuador, Chile und Kolumbien. Deren Inhalt beschränkte sich auf die Gewährung der Meistbegünstigungsklausel. Die folgenden bilateralen Verträge widerspiegelten dann die schweizerischen Befürchtungen im Zusammenhang mit dem lateinamerikanischen Protektionismus und der Reglementierung des Zahlungsverkehrs. Nach und nach fanden auch Bestimmungen zum Schutz der schweizerischen Investitionen Eingang in die Abkommen. Mit Ausnahme der Verträge betreffend die Investitionen trat in der Nachkriegszeit der Bilateralismus zurück, und die Ausgestaltung der Wirtschaftsbeziehungen verlagerte sich auf die Ebene der multilateralen Verhandlungen im Rahmen des Gatt (seit 1995 Welthandelsorganisation, WTO).

Die Entwicklungszusammenarbeit gliederte sich in die technische Hilfe privater Organisationen, die in gewissen Ländern Lateinamerikas eine wichtige Rolle spielte, und in die staatliche Hilfe, die sich auf die technische Zusammenarbeit (Berufsausbildung, landwirtschaftliche Projekte, Aufforstung) und die Finanzhilfe konzentrierte. Die staatliche Hilfe begünstigte die Schwerpunktländer Peru, Bolivien, Honduras und Nicaragua, wobei die Finanzhilfe sowohl auf bilateralem Weg als auch über multilaterale Organisationen an die Adressaten gelangte. Darüber hinaus wurde 1961 an der Hochschule St. Gallen das Institut für Lateinamerikaforschung und Entwicklungszusammenarbeit/ILE gegründet.

Quellen und Literatur

  • Bernecker, Walther Ludwig; Fleer, Peter; Sommavilla, Antonio (Hg.): Akten zu Lateinamerika. Übersicht über den Bestand E 2001, 1896-1965, 1991.
  • Bodmer, Walter: «Schweizer Tropenkaufleute und Plantagenbesitzer in Niederländisch-Westindien im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts», in: Acta Tropica, 3, 1946, S. 289-321.
  • Lüthy, Herbert: La banque protestante en France de la Révocation de l'Edit de Nantes à la Révolution, 2 Bde., 1959-1961 (Neudruck 2005).
  • Doerig, Johann Anton: Die schweizerisch-lateinamerikanischen Beziehungen, 1968.
  • Enderlin, Hanspeter Hermann: Strukturelle Wandlungen in den Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit Lateinamerika, 1973.
  • Arlettaz, Gérald: «Emigration et colonisation suisses en Amérique, 1815-1918», in: Studien und Quellen, 5, 1979, S. 91-216.
  • Fischer, Thomas: «Deutsche und schweizerische Massenauswanderung nach Lateinamerika, 1819-1945», in: Reinhard, Wolfgang; Waldmann, Peter; Mertins, Günter (Hg.): Nord und Süd in Amerika. Gemeinsamkeiten, Gegensätze, Europäischer Hintergrund, 1992, S. 280-304.
  • Etemad, Bouda: «Le commerce extérieur de la Suisse avec le tiers monde aux XIXe et XXe siècles», in: Les annuelles, 5, 1994, S. 19-41.
  • Marrel, Catherine: «Die Entwicklung der Direktinvestitionen im Jahre 1993», in: Geld, Währung und Konjunktur. Quartalsheft Schweizerische Nationalbank, 1994/4, S. 363-371.
  • Veyrassat, Béatrice: Réseaux d'affaires internationaux, émigrations et exportations en Amérique latine au XIXe siècle. Le commerce suisse aux Amériques, 1994.
  • Bernecker, Walter Ludwig (Hg.): Die Schweiz und Lateinamerika im 20. Jahrhundert. Aspekte ihrer Wirtschafts- und Finanzbeziehungen, 1997.
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Béatrice Veyrassat: "Lateinamerika", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.06.2021, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/028923/2021-06-21/, konsultiert am 28.03.2024.