23.2.1803 Kandern (Markgrafschaft Baden), 20.6.1880 Washington D.C., Lititz (Pennsylvania), reformiert, von Rünenberg, ab 1840 mexikanischer Staatsbürger sowie ab 1846 Staatsbürger der USA. Abenteurer, Gründer der Kolonie Neu-Helvetien in Kalifornien, Milizenführer, Sklavenhalter, «Held» der amerikanischen Frontier, Politiker.
Johann August Suter – so lautete sein Taufname – war Sohn des Johann Jakob Suter, Vorarbeiters in der Heusler'schen Papiermühle, und der Christina Wilhelmine geborene Stober, einer Pfarrerstochter aus Grenzach. Er besuchte die Schulen in Kandern und 1818-1819 in Saint-Blaise und absolvierte 1819-1823 eine Lehre in der Thurneysen'schen Druckerei und Verlagsbuchhandlung in Basel. 1823-1824 arbeitete er als Commis in einer Tuchhandlung in Aarburg, 1824-1828 in Burgdorf. In der bernischen Miliz fungierte er als Unterleutnant. 1826 heiratete Sutter Anna (Annette?) Dübeld, Tochter des wohlhabenden Samuel Dübeld, Wirts und Bäckermeisters, und der Rosina geborene Rieb aus Burgdorf. Der Ehe sollten bis 1834 fünf Kinder entspringen. Nach dem Konkurs seiner 1828 eröffneten Kurzwarenhandlung flüchtete Sutter im Mai 1834 vor seinen Gläubigern in die USA; seine Familie liess er in der Schweiz zurück. 1834-1838 versuchte sich Captain John Augustus Sutter, wie er sich fortan nannte, erfolglos als Geschäftsmann in Missouri, wobei er vor illegalen Aktivitäten wie dem Pferdehandel an der westlichen Frontier nicht zurückschreckte. Wegen der angehäuften Schulden bzw. einer deretwegen vor dem Berufungsgericht des Jackson County angesetzten Verhandlung musste er 1838 erneut das Weite suchen.
Sutter gelangte auf dem Oregon-Trail nach Fort Vancouver (Portland, Oregon) und nach Zwischenstationen in Hawaii und Alaska 1839 in die Bucht von San Francisco in Kalifornien, das damals der Kolonialmacht Mexiko unterstand, aber auch bereits in den Fokus erster US-amerikanischer Siedler geraten war (Kolonialismus). Der mexikanische Gouverneur Juan Batista Alvarado erlaubte ihm die Ansiedlung im Sacramento-Tal und übergab ihm dazu in zwei Schritten 1839 und 1840 ca. 200 km2 Land. Er ernannte Sutter auch zum Regierungsvertreter und Justizbeauftragten an der nördlichen Front in der Hoffnung, Sutter werde dem Pferdediebstahl, den Gruppen von marodierenden Weissen und vom Landgrabbing betroffene indigene Gesellschaften Kaliforniens in grossem Ausmass betrieben, einen Riegel schieben. Die Nisenan und Miwok (Gualacomne und Ochejamné) gerieten in dieser Zeit zwischen den mexikanischen Rancheros und den aus den USA vorstossenden Siedlern zunehmend unter Druck, worauf sie mit unterschiedlichen Strategien der Anpassung und des Abwehrkampfs wie eben dem Pferdediebstahl reagierten.
Sutter errichtete auf seinem Land ein Fort und gründete die Kolonie Neu-Helvetien (Schweizer Kolonien). Weizenanbau, Viehwirtschaft, Schnapsbrennerei und Handwerk sollten die Kolonie ökonomisch tragen; zur Rückzahlung der Kredite, die er zur Finanzierung dieser Vorhaben bei den reichen Rancheros aufgenommen hatte, und zur Gewinnung von Arbeitskräften beteiligte er sich an der Versklavung der indigenen Bevölkerung und am Menschenhandel (Sklaverei). Mit seiner ca. 200 Mann starken, primär aus indigenen Soldaten bestehenden Miliz raubte er Menschen aus den umliegenden Dörfern; vor allem Frauen und Kinder führte er seinen Gläubigern zu, die übrigen Frauen und die Männer unterwarf er einem vielschichtigen System der Ausbeutung, dessen Bandbreite von Kontraktverhältnissen bis zur Zwangsarbeit reichte. Gemäss den Aufzeichnungen seines Aufsehers Heinrich Lienhard unterhielt Sutter auch sexuelle Beziehungen zu einheimischen Frauen. Die Brutalität, mit der Sutter die indigene Bevölkerung unterwarf, verstiess gegen eine Klausel des Landschenkungsvertrags von 1840, die deren respektvolle Behandlung vorschrieb.
Im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg (1846-1848) nahm das amerikanische Expeditionskorps von John C. Fremont das Fort Sutters in Besitz und zwang ihn zur Kooperation. Er wurde zum US-Leutnant of Volunteers ernannt, um auf seinen Ländereien für Ruhe zu sorgen. 1847 stand Kalifornien schon weitgehend unter amerikanischer Kontrolle, befand sich aber in einem Zustand grosser rechtlicher Unsicherheit. 1848 entdeckten Mitarbeiter Sutters die Nuggets auf seinem Land, die am Anfang des berühmten Goldrausches standen. Die dadurch ausgelöste Massenzuwanderung von Goldsuchern aus den USA führte zur Okkupation vieler Besitzungen des hoch verschuldeten Koloniegründers, steigerte aber auch den Wert der diesem verbliebenen Gründe. Sutter übertrug die Kolonie im Oktober 1848 seinem Sohn John A. Sutter, der im Umland des Forts die Stadt Sacramento plante, Land parzellierte und mit dessen Verkaufsertrag die Verbindlichkeiten des Vaters tilgte. Dieser widmete sich auf der ca. 60 km weiter nördlich gelegenen Hock-Farm am Feather River vorübergehend der Landwirtschaft (u.a. Weinbau); die dortige territoriale Verwaltungseinheit wurde schon bald nach ihm Sutter-County genannt. Schon im Mai 1849 riss Sutter die Besitzungen wieder an sich. In den folgenden Jahren verlor er den grössten Teil seines Vermögens an betrügerische Geschäftspartner. Anfang 1850 traf seine Frau mit den jüngeren Kindern in Kalifornien ein; sein Sohn hatte deren Reisekosten finanziert.
Die bestehende Gesetzlosigkeit untergrub Sutters Restitutionsbemühungen. Der Aufbau eines rechtsstaatlichen Rahmens vor allem nach dem Beitritt Kaliforniens zu den USA 1850 verwickelte ihn in einen bis zum Tod dauernden Kampf um sein Land. Daneben übernahm er verschiedene Funktionen, so war er Abgeordneter im kalifornischen Verfassungsrat. 1849 scheiterte er als Kandidat bei der Gouverneurswahl. 1853 wurde er Major General der kalifornischen Miliz. Nach der Vernichtung seiner Farm 1865 durch Brandstiftung zog Sutter, immer noch auf eine Entschädigung durch die Bundesstaatsbehörden hoffend, nach Washington D.C. 1865-1875 richtete ihm Kalifornien eine Rente aus. 1871 liess er sich in Lititz nieder. Nach einer weiteren Vertagung des Entscheids über seine Forderungen durch den Kongress starb Sutter 1880 in einem Hotel in Washington an einem Leberversagen.
Sutter bot bereits zu seinen Lebzeiten Stoff für Abenteuergeschichten, deren zum Teil phantasierte Inhalte in der Schweiz unkritisch tradiert wurden. Insbesondere die Vorstellungen von seinem Reichtum überstiegen die Realität bei Weitem. Martin Birmann, der Vormund von Sutters Frau, schrieb 1868 das Buch General Johann August Suter, das den Grundstein für den Mythos legte. 1925 folgte Blaise Cendrars' Roman L’Or. La Merveilleuse Histoire du Général Johann August Suter, in dem dieser erstmals zum Helden erhoben wurde. Weitere literarische Bearbeitungen legten unter anderem Stefan Zweig, Cäsar von Arx, Traugott Meyer oder noch 2016 Helen Liebendörfer vor, eine filmische Luis Trenker (1936). Die von der Pro Helvetia mitfinanzierte und von den Schweizer Konsulaten organisierte Ausstellung Swiss in American Life, die 1977-1983 an verschiedenen Orten in den USA gastierte, pries Sutter als «Grossen der Schweizer Geschichte» an. Im Vorfeld der 1989 geschlossenen Städtepartnerschaft zwischen Liestal und Sacramento unterstützte die basellandschaftliche Regierung 1987 die Errichtung eines Sutter-Denkmals in Sacramento mit Mitteln aus dem kantonalen Lotteriefonds.
Neuere Forschungen in den USA ab den 1980er Jahren beleuchteten die indigene, bis dato unsichtbare Seite des Sutter-Narrativs. Sie machten auf die Opfer innerhalb der «Winning of the West»-Erzählung aufmerksam; Andrés Reséndez prägte in diesem Zusammenhang den Begriff «the other slavery», der sich auf die Versklavung der indigenen Bevölkerung Amerikas bezieht. Das Bild des «General Sutter» geriet in diesem Kontext wegen seiner Brutalität in Schieflage. Gemäss Benjamin Madley senkten die entmenschlichenden Praktiken des von den Rancheros und Sutter eingeführten Zwangsarbeitsystems die Hemmschwelle gegen anti-indigene Gewalt von Angloamerikanern und bildeten damit eine Voraussetzung für die regionalen Genozide an den indigenen Gesellschaften Kaliforniens, die mit dem Goldrausch 1848 einsetzten.
Im Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung 2020 wurde zudem die einseitige Erinnerungskultur bezüglich John Sutter in der Schweiz wie in den USA hinterfragt. In Rünenberg verhüllten Demonstranten sein Denkmal mit einem blutigen Laken; in Sacramento wurde die Statue abgebrochen.