27.3.1871 Basel, 30.5.1964 Effingen, reformiert, von Basel. Sohn des Arnold, Spitalverwalters, und der Zélie geborene Meyer. 1895 Sophie Schaffner, Tochter des Johann Jakob, Wirts, von Brugg und Effingen. Nachdem Ernst Laur das Untergymnasium in Basel und die Landwirtschaftliche Schule Strickhof in Zürich besucht hatte, studierte er nach Praktika auf Gutsbetrieben Agronomie am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich (1893 dipl. Ing. agr.). Anschliessend war er kurze Zeit als Gutsverwalter, dann als Landwirtschaftslehrer in Brugg tätig. An der Universität Leipzig promovierte er 1896 zum Dr. phil. 1898 wurde er zum ersten Vorsteher des Schweizerischen Bauernsekretariats, einer vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) getragenen und vom Bund subventionierten Institution, und gleichzeitig zum Geschäftsführer, später zum Direktor, des 1897 gegründeten SBV. Diese Funktionen hatte er bis 1939 inne. Gleichzeitig wirkte Laur aber auch ab 1901 als Privatdozent und 1908-1937 als ordentlicher Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der ETH Zürich. Die beiden Aufgabenbereiche verschafften Laur im öffentlichen Leben der Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine herausragende Stellung.
Besonders als Leiter des Dachverbands der landwirtschaftlichen Organisationen erarbeitete sich Laur in kurzer Zeit den Ruf des unbestrittenen Schweizer Bauernführers, der Politik und Ideologie des SBV formulierte und sie kenntnisreich und wortgewaltig in der Öffentlichkeit vertrat. Indem es ihm gelang, die bäuerlichen Organisationen anlässlich der Auseinandersetzung um den Zolltarif 1902 hinter einer gemässigten Schutzzollpolitik zu vereinen, machte er den SBV zum wirtschaftspolitischen Machtfaktor. Ohne selbst ein parlamentarisches Mandat auszuüben, verfügte Laur über grossen politischen Einfluss. So konnte er als Delegierter des Bundesrats für Handelsverträge (1904-1945) die Zollpolitik direkt mitgestalten. Der Erste Weltkrieg brachte den Verbänden einen Machtzuwachs. In der Lebensmittelversorgung übernahmen sie quasi exekutive Funktionen. Entsprechend spielte Laur in der Kriegswirtschaft eine wichtige Rolle. Während er die Agrarpolitik des Bundes in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unangefochten prägte, gelang ihm dies in der Krise der 1930er Jahre nur noch bedingt. Eine neue Agronomengeneration in der Bundesverwaltung (Ernst Feisst, Friedrich Traugott Wahlen) setzte nun vermehrt eine an der nationalen Versorgung orientierte Agrarpolitik durch.
Laurs Einfluss beruhte nicht zuletzt auf den Buchhaltungserhebungen seines Bauernsekretariats, die ihm einerseits statistische Munition für die Interessenpolitik des Verbands, andererseits die Grundlage für eine bäuerliche Betriebslehre lieferten, die internationale Ausstrahlung gewann. Seine Lehrbücher wurden in viele Sprachen übersetzt und mehrfach aufgelegt. Besonders gross war sein Einfluss in der Zwischenkriegszeit in den neuen Agrarstaaten Ostmitteleuropas, wo er als Garant des bäuerlichen Betriebes gegen den Grossgrundbesitz galt. Aufgrund seines internationalen Ansehens wurde er 1948-1950 Präsident des neuen Verbands der Europäischen Landwirtschaft.
Laurs Konzeption der Agrarpolitik strebte die Modernisierung der bäuerlichen Betriebe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien an, während der Staat den Agrarsektor durch protektionistische Massnahmen gegen ausländische Konkurrenz schützen sollte. Dadurch würde den Bauern ein Platz in der Industriegesellschaft erhalten bleiben. Trotz der Rhetorik von der "Erhaltung des Bauernstandes" waren technische und wirtschaftliche Modernisierung und damit ein kontrollierter Strukturwandel beabsichtigt. In der Öffentlichkeit wurde Laur jedoch vor allem als Propagandist einer nationalkonservativen Bauerntumsideologie wahrgenommen ("Schweizerart ist Bauernart"), die im Rahmen der Geistigen Landesverteidigung eine grosse Rolle spielte.