22.2.1776 Zürich, 12.11.1853 Zürich, reformiert, von Zürich. Handelsmann und Spekulant sowie Kreditgeber in den kolonialen Expansionsräumen Nord- und Mittelamerikas.
Heinrich Escher war das älteste von neun Kindern des Bankiers, Offiziers und Grosskaufmanns mit Geschäftstätigkeit im Sklavenhandel (Sklaverei) Hans Caspar Escher (1755-1831) und der Anna Keller vom Steinbock sowie der Bruder von Friedrich Ludwig (genannt Fritz) und Ferdinand Escher. Heinrich Escher besuchte in Zürich die Stadtschule und wurde vom Bankier Hans Konrad Hottinger in Paris zum Kaufmann ausgebildet. 1795-1806 und 1812-1814 folgten Aufenthalte in den USA (Neuengland, Virginia, Charleston, Savannah und New Orleans), wo er sich u.a. als Handelsagent Hottingers (Hottinguer & Cie.) betätigte. 1801 wurde er Teilhaber der Firma, die in den weltweiten Sklavenhandel involviert war und den französischen Militäreinsatz gegen den Sklavenaufstand auf Saint-Domingue (Haiti) mitfinanzierte. Escher spekulierte auch auf eigene Rechnung mit Ländereien in kolonialen Expansionsräumen (Kolonialismus), erwarb Grossgrundbesitz, verpachtete Land und handelte mit von Sklaven und Sklavinnen produzierten Kolonialprodukten (vor allem Tabak, Baumwolle, Reis, Zucker, Farbhölzer und Pelze). Die damals als Luxus geltenden Kolonialwaren sowie Rohstoffe liess Escher vor allem nach Frankreich, aber auch in andere Teile Europas verschiffen (Überseehandel). Mit Ländereien, die vormals Indigenen gehört hatten, sowie Produkten aus der Sklavereiwirtschaft akkumulierte er ein Vermögen von rund einer Million Franken. Sein in den USA aufgebautes Beziehungsnetz reichte bis in die höchsten gesellschaftlichen Kreise und umfasste Geschäftsleute und Politiker wie Johann Jakob Astor, Thomas Jefferson und George Washington.
1814 kehrte Escher in die Schweiz zurück, erwarb Grundbesitz in Zürich und widmete sich Geldgeschäften sowie der Netzwerkpflege im Familien- und Verwandtenkreis. Aus der 1815 geschlossenen Ehe mit Lydia Zollikofer von Altenklingen, aus altem sanktgallischem Kaufmannsgeschlecht, gingen die Kinder Clementine und Alfred Escher hervor. Das 1825 gekaufte Gut in Enge (ZH) liess Heinrich Escher zum herrschaftlichen Familiensitz Belvoir ausbauen. Seine bedeutende entomologische Sammlung wurde vom Biologen Oswald Heer betreut und später in die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) überführt.
Mit seinem Vermögen beteiligte sich Heinrich Escher an den zweifelhaften Geschäften seiner jüngeren Brüder Friedrich Ludwig und Ferdinand Escher, zunächst in Russland, später auf Kuba, wo sie 1820 oder 1821 eintrafen. Dort kauften bzw. übernahmen sie die Kaffeeplantage (cafetal) Buen Retiro bei Artemisa mit allen Einrichtungen und Gebäuden sowie ca. 85 Sklavinnen und Sklaven (Kaffee). In Bezug auf den Erwerb der Plantage gibt es zwei Versionen: Vermutlich kauften Friedrich Ludwig und Ferdinand Escher die Kaffeeplantage 1821 Hans Heinrich Stouder (Studer) aus Winterthur und einem weiteren Besitzer selbst ab, unterstüzt von Heinrich Eschers Geschäftsverbindungen und Finanzierungshilfe. Eher unwahrscheinlich scheint, dass Heinrich Escher das Gut bereits während seines kurzen Aufenthalts 1803 erworben hatte, da ein solcher Kauf viel Zeit beanspruchte.
Als Friedrich Ludwig Escher 1845 auf der Kaffeeplantage Buen Retiro starb – Ferdinand Escher war bereits 1826 in die Schweiz zurückgekehrt –, wurde beinahe sein ganzes Eigentum auf Heinrich Escher in Zürich übertragen (zwei Sklavinnen hatte der Bruder testamentarisch in die Freiheit entlassen: Serafina und ihre Tochter Albertina Escher, deren Vater er mutmasslich war). Das Heinrich Escher zugesprochene Vermögen belief sich in der damaligen Weltwährung auf knapp 40'000 spanische Silberpesos (davon fast die Hälfte als Gegenwert für alle Versklavten), was etwa einer Million Schweizer Franken entsprach. In einem in Zürich ausgestellten Dokument, einer vom Deutschen ins Spanische übersetzten Vollmacht (poder), anerkannte Heinrich Escher das Erbe. Alfred Escher half seinem alten Vater bei der Erbabwicklung und unterstützte diesen auch, als das kubanische Erbe 1846 bekannt wurde. Das aus der Erbschaft und aus Heinrich Eschers Aktivitäten in den USA erwachsene Familienvermögen zog Kritik auf sich, die über den Vorwurf der Sklavenhaltung und der Sklavenausbeutung hinausging und Escher bezichtigte, er habe sich am Sklavenhandel bereichert. Fest steht, dass Heinrich Escher Teilhaber von Hottinguer & Cie. war und dass er die Plantage mit Sklavinnen und Sklaven auf Kuba geerbt hat. Später hat er diese wohl verkauft. Ob seine Geschäftstätigkeiten in den Frontier-Gebieten während der frühen Kolonialexpansion der USA auch den Handel mit Menschen einschlossen, ist ein Forschungsdesiderat.