
Die 1871 in Luzern gegründete Gotthardbahngesellschaft realisierte bis 1882 die Nord-Süd-Verbindung durch die Alpen und damit den 15 km langen Gotthardtunnel. Das Projekt der Gotthardbahn tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals auf. Die von 15 Kantonen und zwei Bahngesellschaften 1863 gegründete Gotthardvereinigung, die von Alfred Escher präsidiert wurde, setzte sich nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den Regionen um verschiedene Alpenbahnvarianten durch, womit vor allem Zürich und die Schweizerische Nordostbahn (NOB) einen Sieg errungen hatten. Dank Eschers Vertrags- und Finanzierungspolitik schlossen die Schweiz, Deutschland und Italien einen Staatsvertrag über den Bau und Betrieb der Bahn ab. 1871 übertrug die Gotthardvereinigung ihre Rechte auf die von ihr gegründete Gotthardbahngesellschaft mit Sitz in Luzern. Nach der Ausschreibung erhielt der Genfer Ingenieur Louis Favre den Zuschlag für den Bau des Tunnels.
Als bedeutendstes schweizerisches Verkehrsprojekt des 19. Jahrhunderts hatte die Gotthardbahn weit reichende Auswirkungen auf die Wirtschaftsgeografie. Die Güter- und teilweise die Personenströme konzentrierten sich auf die Gotthardachse, begünstigt durch das neue Eisenbahngesetz von 1872, das den Bau neuer Bahnlinien Richtung Gotthard ermöglichte. Der Gotthardbahnkonzern erstellte bis 1897 ein Streckennetz von 273 km Länge. 1874 wurden die Tessiner Talbahnen vollendet, während die neuen Zufahrtsstrecken Luzern-Immensee und Zug-Goldau erst nach dem Bahnbaumoratorium 1897 zu einem Abschluss kamen. Bauverteuerungen und -verzögerungen führten das Unternehmen ab 1875 in eine Krise, die sich durch den Wertzusammenbruch des Schweizer Bahnkapitals in der Wirtschaftskrise der 1870er Jahre verschärfte. Ein Aufstand der Mineure, die Lohnerhöhung und bessere Arbeitsbedingungen forderten, wurde von einer Bürgerwehr gewaltsam niedergeschlagen. Das Zürcher Stimmvolk lehnte 1878 eine Nachsubvention ab, was Escher zum Rücktritt als Direktionspräsident zwang. Gemäss einer Umplanung wurden die Rampenstrecken steiler, mit engeren Kurven und nur einspurig realisiert. Die leitenden Ingenieure Robert Gerwig und Konrad Wilhelm Hellwag mussten im Gegensatz zu Favre, der einen Vertrag mit Konventionalstrafen für Bauverzögerungen unterschrieben hatte, zurücktreten. Der Rückstand konnte auch durch den Einsatz neuester Technik (Dynamitsprengungen) und verschlechterte Arbeitsbedingungen (177 Tote allein beim Scheiteltunnelbau) nicht wettgemacht werden. Endlich konnte zwischen Januar und Dezember 1882 der durchgehende Verkehr auf der ersten Alpentransversale der Schweiz aufgenommen werden. Die Gotthardbahn entwickelte sich zur technisch modernsten Privatbahn der Schweiz (automatische Bremse, Vierachswagen, Salonwagen, grosse Dampflokomotiven). 1909 wurde sie von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) übernommen (Gotthardvertrag). Der durchgehende Ausbau auf Doppelspur sollte noch bis 1965 dauern.