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Schweizer Milchproduzenten (SMP)

Werbeplakat der Schweizer Milchproduzenten, realisiert von der Ruf Lanz Werbeagentur AG in Zürich, zwischen 2008 und 2010 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Werbeplakat der Schweizer Milchproduzenten, realisiert von der Ruf Lanz Werbeagentur AG in Zürich, zwischen 2008 und 2010 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten, 1999 in Schweizer Milchproduzenten (SMP) umbenannt, entstand 1907 als nationale Dachorganisation von neun regionalen Milchverbänden (Milchwirtschaft). Diese bäuerlichen Selbsthilfeorganisationen waren Ende des 19. Jahrhunderts als Massnahme gegen den steigenden Preisdruck und zur Stärkung der Marktmacht gegenüber Verarbeitern und Händlern gegründet worden. Der Zentralverband setzte sich für einen Milchpreis ein, der die Produktionskosten deckte und dem Nährwert der Milch entsprach. Im Ersten Weltkrieg erteilten ihm die Bundesbehörden den Auftrag, die Versorgung mit Konsummilch zu stabilen Preisen landesweit sicherzustellen. Dadurch konnte der Zentralverband die Produzenten zur Ablieferung der Milch zu einheitlichen Preisen an Konsummilch verarbeitende Molkereien und Käsereien des Verbands zwingen. Weil er ausserdem zusammen mit Käsern und Exporteuren den Verkauf und Export von Käse (Schweizerische Käseunion) kontrollierte, vermochte er die Konsumenten vor Preisspekulationen zu schützen und den Milchproduzenten die Existenz zu sichern. So wandelte sich der Zentralverband zu einer privaten Organisation mit öffentlichen Aufgaben.

Nach dem Krieg wurde die vom Staat verordnete Milchmarktregulierung durch privatrechtliche Abmachungen zwischen Produzenten, Käsern und Käseexporteuren abgelöst. Die Vereinbarungen sollten die Milchproduzenten vor allem vor dem Preiszerfall schützen, der durch den Einbruch der Kondensmilch- und Käseexporte in den 1920er und erneut durch die Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren ausgelöst wurde.

Während des Zweiten Weltkriegs zogen die Behörden den Zentralverband erneut bei, um die Landesversorgung mit Milch und Käse zu gewährleisten. In der Nachkriegszeit wurden die parastaatlichen Funktionen des Zentralverbands gesetzlich verankert. Der Milchbeschluss von 1953 beauftragte ihn, die Milchversorgung und -verarbeitung möglichst kostensparend mittels eines halbjährlich zu erstellenden Verwertungsprogramms durchzuführen. Die wichtigste Rolle fiel der Verarbeitung von Milch zu Exportkäse, vor allem Emmentaler, zu, weil damit die grösste Wertschöpfung erzielt werden konnte und Hartkäse das lagerfähigste Produkt ist. Zur Kompensation des ab den 1950er Jahren abnehmenden Trinkmilchkonsums und des stagnierenden Käseexports brachte der Zentralverband zusammen mit den regionalen Milchverbänden in den 1970er Jahren neue Produkte wie Joghurtdrinks, Milchdesserts und Markenjoghurts (Toni, Säntis, Cristallina, Emmi) auf den Markt.

Der Absatz hielt indes mit der Steigerung der Milchproduktion nicht Schritt, so dass der Bundesrat 1977 die Milchmenge mit der Vergabe von Kontingenten an die einzelnen Produzenten begrenzte. Mit der Durchsetzung und Kontrolle dieser radikalen und aufwendigen Massnahme wurde der Zentralverband mit seinen regionalen Unterverbänden und lokalen Genossenschaften beauftragt, wodurch er sich zu einem wirkungsmächtigen Gebilde entwickelte, das bei der Umsetzung der Agrarpolitik eine grosse Bedeutung erlangte.

Mit der 1999 revidierten Milchmarktordnung wurden die SMP dieser Aufgaben nach und nach enthoben. Die Abschaffung der staatlichen Milchkontingentierung 2009 sowie die Reduktion der Zölle und Handelsbeschränkungen im Zuge der Integration der Schweiz in den europäischen Binnenmarkt führten dazu, dass die SMP zu Beginn des 21. Jahrhunderts versuchen, die Marktmacht ihrer Mitglieder durch Bündelung des Milchangebots zu stärken und die Milchmenge in Zusammenarbeit mit den regionalen Milchverbänden und mit Hilfe von finanziellen Verwertungslenkungsmassnahmen nach den Bedürfnissen der grossen Verarbeitungsbetriebe zu regulieren.

Quellen und Literatur

  • T. Stocker, 75 Jahre ZVSM, 1982
  • W. Baumann, P. Moser, Bauern im Industriestaat, 1999
  • B. Brodbeck, Ein agrarpolit. Experiment, Liz. Bern, 2003
  • P. Moser, B. Brodbeck, Milch für alle, 2007
Weblinks
Kurzinformationen
Variante(n)
SMP
Kontext Milchverbände, Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten (ZVSM)

Zitiervorschlag

Beat Brodbeck: "Schweizer Milchproduzenten (SMP)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.10.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/042056/2011-10-28/, konsultiert am 28.03.2024.