Die Viehverstellung (französisch bail à cheptel, italienisch soccida) ist eine vor allem auf Hausrinder, seltener auch auf Pferde, angewandte Pachtform (Pacht). Zu unterscheiden sind zwei Arten: Gewährt der Versteller (Verpächter) dem Einsteller (Pächter) ein eigentliches Darlehen (meist die Hälfte des Kapitals) auf das Vieh gegen einen (hälftigen) Anteil am Verkaufsertrag und an der Nachzucht (Wucher), so spricht man von einer kapitalteiligen Viehverstellung oder Viehgemeinschaft (französisch cheptel à moitié, italienisch soccida parziaria); die Quellen bezeichnen solche Rinder als Halbvieh, das Vertragsverhältnis oft als medietas oder rindmiet. Von der historischen Genese her ist diese Form der Viehverstellung mit dem Teilbau verwandt. Bei der einfachen Viehverstellung (französisch bail à cheptel simple, italienisch soccida semplice) bleibt der Versteller alleiniger Besitzer des Viehs, das der Einsteller auf seinem Hof hält und nutzt, ohne an der Kapitalvermehrung beteiligt zu sein. Vor allem die kapitalteilige Viehverstellung kam in der Schweiz mit der Intensivierung der Viehwirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert auf, zuerst im alpinen und voralpinen Raum, später auch im Mittelland und in der Nordwestschweiz. Oft befristet, diente sie auch dem Wiederaufbau von Viehbeständen nach Kriegs- und Krisenzeiten. Neben traditionellen Grundherren wandten vor allem städtische Metzger und Viehhändler als Versteller dieses Kreditinstrument an. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts regelten Artikel 302-304 des geltenden Obligationenrechts die Viehverstellung.
Quellen und Literatur
- D. Rippmann, Bauern und Städter, 1990, 204-230
- D. Zumkeller, Le paysan et la terre, 1992, 207-215
- S. Sonderegger, Landwirtschaftl. Entwicklung in der spätma. Nordostschweiz, 1994, 251-259
Weblinks