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Guillaume dePury

15.12.1831 Neuenburg, 11.11.1890 Lausanne, reformiert, von Neuenburg. Siedler, Winzer und Lokalpolitiker im australischen Victoria, Schweizer Honorarkonsul in Melbourne.

Porträts von Guillaume de Pury. Links: gerahmte Ambrotypie oder Daguerreotypie, um 1850; rechts: Carte cabinet aus dem Fotoatelier von Auguste Monbaron in Neuenburg, um 1880 (Yarra Ranges Regional Museum, Lilydale, Inv. 9524 und 9485).
Porträts von Guillaume de Pury. Links: gerahmte Ambrotypie oder Daguerreotypie, um 1850; rechts: Carte cabinet aus dem Fotoatelier von Auguste Monbaron in Neuenburg, um 1880 (Yarra Ranges Regional Museum, Lilydale, Inv. 9524 und 9485).

Guillaume de Pury war der Sohn des Berufsoffiziers und Neuenburger Stadtrats Baron Edouard Charles Alexandre de Pury und der Julie geborene de Sandoz-Travers, deren adlige Familie bis 1827 die Herrschaft Travers innehatte. Die finanziellen Mittel seiner Familie erlaubten ihm 1851 ein Studium in London (Englisch und Landwirtschaft). 1852 wanderte er in die britische Kolonie Victoria aus, wobei er durch den Schwager der ersten Frau seines Vaters Charles Joseph La Trobe unterstützt wurde. Dessen Berufung zum ersten Leutnant-Gouverneur von Victoria 1851 bewog viele Weinbauern aus Neuenburg zur Auswanderung nach Australien (Kolonialismus).

Zusammen mit seinem Freund Hubert de Castella arbeitete de Pury in der Viehwirtschaft auf dem Landgut Yering (Yarra Valley). Dieses gehörte Huberts Bruder Paul de Castella, der 1849 ausgewandert war. De Purys jüngerer Bruder Samuel de Pury folgte 1855. Die Männer engagierten sich ab den späten 1850er Jahren im Rebbau und gründeten unter anderem die Weingüter Cooring Yering (Samuel de Pury, 1860), Saint Hubert (Hubert de Castella, 1862) und Yeringberg (Guillaume de Pury, 1863). Sie waren wesentlich am Aufbau der Weinindustrie in Victoria beteiligt und de Purys Weinbau auf Yeringberg bei Lilydale brachte eine Reihe preisgekrönter Weine hervor. 1869 heiratete er in Melbourne Adelaide Augusta Ibbotson aus Geelong, die älteste Tochter des Wollhändlers und Lokalpolitikers Charles Ibbotson und der Mary Anne geborene Dickens. Das Paar hatte zwei Söhne.

Guillaume de Pury pflegte gute Beziehungen zu den Aborigines des Yarra Yarra-Stamms der Wurundjeri, den ursprünglichen Landbesitzern der Region. Diese waren ab 1863 landwirtschaftlich und handwerklich im benachbarten Aborigines-Reservat Coranderrk tätig und arbeiteten zeitweise in Yeringberg. Ein besonders enges Verhältnis unterhielt die Familie de Pury zu William Barak, dem letzten Anführer seines Stamms. De Pury nahm 1865 an der christlichen Hochzeitszeremonie von Barak und dessen zweiter Frau Annie teil. Barak besuchte Yeringberg oft und führte die beiden Söhne de Purys in die traditionelle Lebensweise des Yarra Yarra-Stamms ein. Umgekehrt nahm er an privaten Kunstlektionen für den jüngeren Sohn Montague Edouard Victor de Pury teil. Baraks Kunstwerke stellen das traditionelle Leben der Aborigines dar, geben aber auch Zeitgenössisches wieder, beispielsweise den Rebberg auf Cooring Yering. Mehrere seiner Werke schenkte er der Familie de Pury, wodurch sie zum Teil nach Neuenburg gelangten. Seine Freundschaft zur Familie blieb zeitlebens bestehen.

Ab 1875 wirkte de Pury als Schweizer Honorarkonsul in Melbourne (Konsularwesen) und als erster Präsident der 1879 gegründeten gemeinnützigen Swiss Society of Victoria. Er war Friedensrichter, Mitglied des Upper Yarra District Roads Board und nach der Gründung des Shire of Lillydale (1872) 21 Jahre lang Mitglied des Shire Council (Grafschaftsrat), davon neun Jahre als dessen Präsident. 1881 wurde de Pury Teil einer parlamentarischen Untersuchung über den Zustand des einstmals wirtschaftlich erfolgreichen Coranderrk-Reservats. Die Aborigines unter William Barak hatten sich bei den Behörden gegen die drohende Auflösung des Reservats und die durch einflussreiche Siedler der Region bewirkte Entlassung des ihnen wohlgesinnten Verwalters beschwert. Danach verbesserte sich die Situation zwar leicht, doch vor allem die Inkrafttretung des Half-Caste Act 1886 führte zum wirtschaftlichen Niedergang und zur Schliessung von Coranderrk 1924 (Rassismus). De Pury starb 1890 während eines Aufenthalts in der Schweiz, worauf sein älterer Sohn George Alphonse de Pury das Gut Yeringberg weiterführte.

Quellen und Literatur

  • Yarra Ranges Regional Museum, Lilydale, Yeringberg Collection (Briefe, Fotografien etc.).
  • Castella, Hubert de: Les squatters australiens, 1861.
  • Marcard, Patricia: «Barak, William (1824-1903)», in: Australian Dictionary of Biography, Bd. 3, 1969.
  • Jéquier, Hugues; Henriod, Jaques; Pury, Monique de: La famille Pury. 21 tableaux généalogiques précédés d'une notice sur la famille et suivis de planches illustrées, 1972.
  • Pury, G. G. de: «de Pury, Frédéric Guillaume (1831-1890)», in: Australian Dictionary of Biography, Bd. 4, 1972.
  • Dunstan, David: Better than Pommard! A History of Wine in Victoria, 1994.
  • Yarra Ranges Regional Museum (Hg.): Oil Paint and Ochre. The Incredible Story of William Barak and the de Purys, 2015 (Ausstellungskatalog).
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF
Kurzinformationen
Variante(n)
Frédéric Guillaume de Pury (Taufname)
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ 15.12.1831 ✝︎ 11.11.1890

Zitiervorschlag

Susanne Wegmann: "Pury, Guillaume de", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 01.10.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/044293/2024-10-01/, konsultiert am 15.12.2024.