Als Senn wird in der Schweiz wie im ganzen deutschsprachigen Alpen- und Voralpenraum der Vorsteher eines Milchwirtschaftsbetriebs auf der Alp bezeichnet. Der Senn führt diesen während der Sömmerungszeit (Mai bis September/Oktober) mit Hilfspersonal ― im Kleinbetrieb mit Untersenn (Zusenn) und Hüterbub, im Grossbetrieb einst mit bis zu einem Dutzend Leuten, unter anderem Melkern und Hirten. Bis ins 20. Jahrhundert bestand die Älplerfamilie des nördlichen Alpenraums nur aus Männern. Der Senn, ein Berufskäser, ist mit dem Untersenn vor allem für die Milchverarbeitung (Herstellung von Käse, Ziger, Butter) und Käselagerung (Einsalzen der Käse, Lufttrocknen im Speicher) zuständig.
Der Senn ist nicht Eigentümer der Alp, sondern Angestellter oder Pächter einer Gemeinde, einer Alpgenossenschaft, Alpkorporation oder eines Privaten für die Dauer der Sömmerung. Er trägt die Verantwortung für die ihm anvertrauten Kühe der Alpgenossen, für Gebäude (Sennhütte, Speicher, Ställe) und Ausstattung (Käsereiutensilien) und den Unterhalt der Alp. Im Herbst übergibt er seine Produktion den Besitzern von Alprechten zum Käseteilet (Aufteilung nach Anrecht). Ist er Pächter der Alp, arbeitet er auf eigene Rechnung: Er kauft die anfallende Milch und liefert den Zins im Herbst oder auf Neujahr ab. Bei erneuerbarer Pacht können Pachtverhältnisse ein Leben lang oder selbst über Generationen (Emmental, Jura) hinweg dauern.
Der milchwirtschaftliche Alpbetrieb samt Herde unbestimmter Grösse (z.B. 20-40 Tiere), im Appenzell mit fester Grösse (24 Kühe, 1 Stier) wird als Sennerei, Sente oder Senntum bezeichnet. Sentenbauern sind Bauern, die mit eigenem Vieh eine Alp neben dem Talbetrieb bewirtschaften.
Sennerei war seit dem Mittelalter ein Wirtschaftszweig der Grundherrschaft, sowohl im Alp- wie im Talbetrieb (Schweighöfe) unter dem ursprünglich unfreien Senn. Die eigenständige Position als Lohnkäser oder Pächter (Lehensenn) eines Alpbetriebs errang der Senn vom 15. Jahrhundert an mit dem Exporterfolg der Viehwirtschaft und Fettkäserei. Vom 17. Jahrhundert an entwickelte er sich vom Emmental bis ins Greyerzerland zum unternehmerischen Küher (Küherwesen), der über ausgewanderte freiburgische Sennen (fruitiers, armaillis) im 18. Jahrhundert auch auf den Alpen im Waadtländer und Neuenburger Jura heimisch wurde.
Als die Alpkäserei nach 1830 allmählich abging, verschaffte die Talkäserei abwandernden Sennen neue Stellen als Lohnkäser oder Pächter von Molkereien, vor allem in den Kanton Bern, Luzern, Solothurn und Aargau, ab 1860 auch in der Ostschweiz. Alpbetriebe, die weiterhin Käse herstellten, blieben nach 1950 aus Mangel an Sennen zum Teil unbewirtschaftet, bis sie nach 1970 zunehmend von jungen Städtern, darunter zahlreichen Frauen, betrieben wurden. Diese «neuen Sennen» lassen sich in Sennenkursen an landwirtschaftlichen Schulen ausbilden.
Die Verherrlichung des Hirten- und Sennenlebens in der alpbegeisterten Literatur des 18.-19. Jahrhunderts und der ökonomische Wohlstand der Sennen, vor allem der Küher, förderten den Berufsstolz und damit die Entstehung eines mit der Arbeit verbundenen Brauchtums (u.a. prächtige Alpaufzüge, Senntumsdarstellungen, Poya, Volkskunst), einer eigenen Sing- (Kuhreihen, Ranz de vaches) und Festkultur (Sennenkilbi, Kirchweih) sowie von Sennenbruderschaften (Innerschweiz). Reiche Sennenkultur, Teil der alpenländischen Hirtenkultur, entwickelte sich vor allem im Voralpenraum. Sie überlebte unter anderem in den Trachten der Appenzeller, Toggenburger, Emmentaler und Greyerzer Sennen trotz oder wegen der folkloristischen Vermarktung im Tourismus.
Seit den 1940er Jahren trägt die wissenschaftliche Volkskunde Wesentliches zur Erforschung der Sennenkultur (Volkslied, Sennenbräuche, -sagen) und auch der Arbeits- und Lebenswelt der «neuen Sennen» bei.