14.5.1960 Zug, konfessionslos, von Lugano, nach der Heirat auch von Eggiwil. Pianistin, Konsumentenschützerin, Berner National- und Ständerätin, sozialdemokratische Bundesrätin.

Die Tochter des Tessiners Marco Sommaruga und der Schwyzerin Marie-Thérèse geborene Keel wuchs in Sins in einem katholischen Umfeld auf. Ihr Vater arbeitete als Werkleiter bei der Lonza, die Mutter sorgte als Hausfrau für die vier Kinder der Familie; beide Eltern waren ehrenamtlich engagiert. Cornelio Sommaruga, der frühere Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, ist ein entfernter Verwandter von ihr.
Nach der Matura am Gymnasium Immensee 1980 absolvierte Simonetta Sommaruga eine Ausbildung als Pianistin, die sie 1983 mit dem Lehrdiplom am Konservatorium Luzern abschloss und mit Weiterbildungen im kalifornischen Stanford und in Rom vertiefte. Zwischen 1985 und 1994 gab sie Konzerte und unterrichtete am Konservatorium und am Kantonalen Lehrerseminar in Freiburg. Im Alter von 26 Jahren trat sie der Sozialdemokratischen Partei (SP) bei. 1988-1991 studierte sie einige Semester englische und spanische Literatur an der Universität Freiburg. Daneben arbeitete sie im dortigen Frauenhaus – eine Tätigkeit, die sie politisch prägte. Sie heiratete 1996 den Schweizer Schriftsteller Lukas Hartmann (Pseudonym für Hans-Rudolf Lehmann), Sohn des Hans Lehmann, mit dem sie zuerst nach Köniz, später nach Bern zog. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder.

Sommaruga wurde als Geschäftsführerin (ab 1993) und Präsidentin (2000-2010) der Stiftung für Konsumentenschutz in der Öffentlichkeit bekannt. In dieser Funktion setzte sie neue Themen wie die biologische und ökologische Lebensmittelproduktion auf die politische Agenda (Konsumenten). 1997 wurde sie zur Gemeinderätin von Köniz gewählt, ein Amt, das sie bis 2005 innehatte. 1999-2003 war sie Nationalrätin, 2003-2010 Ständerätin des Kantons Bern. In beiden Räten gehörte sie der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie an. In der kleinen Kammer war sie zudem Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (2007-2009 Präsidentin), der Aussenpolitischen Kommission, der Kommission für Rechtsfragen und jener für soziale Sicherheit und Gesundheit, sowie 2010 Vizepräsidentin der Delegation beim Parlamentarierkomitee der Efta und für die Beziehungen zum Europäischen Parlament. 2001 veröffentlichte die damalige Nationalrätin mit drei Mitverfassern das sogenannte Gurten-Manifest, das eine Neuausrichtung der SP forderte. Darin plädierten die Autorin und die Autoren für mehr Markt, einen Abbau der Staatsschulden und der Staatsquote, mehr Eigenverantwortung von staatlichen Leistungsbezügern und ein auf bessere Integration abzielendes Ausländerrecht, das eine Begrenzung der Einwanderung vorsah. Damit geriet Sommaruga in Konflikt mit Vertreterinnen und Vertretern des linken Parteiflügels vor allem der französischen Schweiz und mit den Gewerkschaften, die eine solche Neuorientierung der Partei ablehnten. Die vielen Motionen und Postulate, die sie als National- und Ständerätin im Parlament durchbrachte, zeugen von ihrem Geschick, über Parteigrenzen hinweg mehrheitsfähige Koalitionen aufzubauen. Bis zu ihrer Wahl in den Bundesrat war sie ab 1996 Stiftungsrätin und 2003-2008 Stiftungsratspräsidentin von Swissaid, sowie ab 2002 Co-Präsidentin des Frauenmusikforums Schweiz.
Als Moritz Leuenberger im Juli 2010 seinen Rücktritt aus dem Bundesrat ankündigte, nominierte die SP-Fraktion Simonetta Sommaruga und die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Fehr als Kandidatinnen für seine Nachfolge. Am 22. September 2010 wählte die Vereinigte Bundesversammlung Sommaruga im vierten Wahlgang mit 159 Stimmen (absolutes Mehr 121 Stimmen) in den Bundesrat. Von 2010 bis Ende 2018 leitete sie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Im öffentlichen Fokus stand dabei besonders ihre Migrations- und Asylpolitik, die von Vertreterinnen und Vertretern des rechten und linken politischen Spektrums kritisiert wurde. Unter ihrer Ägide gehörte die Schweiz bei Wegweisungen asylsuchender Personen im Rahmen des Dublin-Abkommens zu den vollzugsstärksten Ländern Europas. Ihre Reform des Asylgesetzes, das die Beschleunigung der Asylverfahren bei unentgeltlicher Rechtsvertretung für Asylsuchende vorsah, fand in der Abstimmung 2016 eine Mehrheit beim Stimmvolk. 2017 votierten Volk und Stände für eine Verfassungsänderung zur erleichterten Einbürgerung der dritten Ausländergeneration. Als EJPD-Vorsteherin reformierte Sommaruga in mehreren Schritten das Familienrecht. Zudem setzte sie sich mit dem Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, das 2020 in Kraft trat, und mit Lohngleichheitsprüfungen sowie einer Frauenquote für börsenkotierte Unternehmen für die Gleichstellung von Mann und Frau ein.
Nach dem Rücktritt von Doris Leuthard übernahm Simonetta Sommaruga 2019 das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Unter ihrer Leitung schloss die Schweiz 2020-2021 mit Peru, Ghana, Senegal, Georgien und den Inselstaaten Vanuatu und Dominica bilaterale Klimaschutz-Abkommen ab, die es erlauben, CO2-Emissionen der Schweiz über Projekte in diesen Ländern zu kompensieren. 2021 lehnte das Stimmvolk eine vom Parlament ausgeweitete Revision des CO2-Gesetzes zur Bekämpfung des Klimawandels ab (Klima). Als Bundespräsidentin 2015 und 2020 konnte Sommaruga ihre Vielsprachigkeit nutzbar machen. Ihr zweites Präsidialjahr 2020 stand dabei ganz im Zeichen der Covid-19-Pandemie, zu deren Bekämpfung der Bundesrat am 16. März 2020 umfassende notrechtliche Massnahmen erliess. Als oberste Krisenmanagerin der Schweiz leitete sie die fast täglich stattfindenden Sitzungen des Bundesrats, in dessen Namen sie eindringlich an die Bevölkerung appellierte, sich an die getroffenen Massnahmen zu halten. In den letzten Jahren ihrer Amtszeit beschäftigten die UVEK-Vorsteherin Preissteigerungen auf dem europäischen Energiemarkt sowie drohende Strom- und Gasversorgungsengpässe in der Schweiz – Gefahren, die sich mit dem Ukrainekrieg ab Februar 2022 erheblich verschärften. Anfang November 2022 gab Simonetta Sommaruga überraschend ihren Rücktritt bekannt, nachdem ihr Mann schwer erkrankt war.