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Österreich

Seit der Herrschaft von Kaiser Otto III. bezeichnete Österreich eine von Karl dem Grossen begründete Mark, die 1156 erbliches Herzogtum wurde und 1278 in den Besitz der Habsburger kam. Diese trugen 1804-1918 den Titel "Kaiser von Österreich". Auf sie folgte 1920 die Bundesrepublik Österreich, die 1945 von der Republik Österreich abgelöst wurde. Die Beziehungen der Eidgenossen zu Österreich vor den Revolutionskriegen werden im Artikel Habsburg behandelt.

Von der Mediationsakte zum Wiener Kongress

Die Mediationsakte (19. Februar 1803) und Paragraph 29 des Regensburger Reichsdeputationshauptschlusses (25. Januar 1803) bewirkten unter anderem eine Klärung der Beziehungen der Schweiz zu Frankreich, aber auch zu einem Teil des Reichs und zum Haus Österreich. Das Fricktal, das bis zum Frieden von Lunéville (9. Februar 1801) zu Vorderösterreich gehört hatte, wurde an Frankreich abgetreten und von diesem der Eidgenossenschaft übergeben, welche es dem neuen Kanton Aargau angliederte. Zudem erhielt die Helvetische Republik die Bischofskurie Chur sowie die Herrschaft Tarasp als Entschädigung für ihre Rechte und Ansprüche auf Besitzungen in Schwäbisch-Österreich. Sie konnte auch die auf ihrem Territorium liegenden Rechte und Einkünfte (Zehnten, Höfe, Eigengüter und Besitzungen) ablösen, die dem Kaiser, den Fürsten und Reichsständen, kirchlichen Einrichtungen und fremden Herren gehörten.

Zwar wurde die neue Organisation der Schweiz rasch von den Mächten anerkannt, doch Österreich wollte sich zuerst von der Stabilität der neuen Ordnung überzeugen. Der Kaiser antwortete nicht auf die Ankündigung der Mediation und entsandte keinen Botschafter. Der Landammann der Schweiz machte einen erneuten Vorstoss und teilte Wien mit, es sei nicht gut, die Schweiz gänzlich dem Einfluss Frankreichs zu überlassen. Ende Dezember 1803 kam der neue bevollmächtigte Gesandte in die Schweiz. Zu diesem Zeitpunkt verschlechterten sich aber die Beziehungen zwischen den beiden Ländern schon.

1770 hatte die Stadt Zürich von Österreich die am Rheinufer gelegenen Dörfer Ramsen und Dörflingen erworben. Durch die Mediationsakte wurden sie dem Kanton Schaffhausen zugewiesen. Am 16. Februar 1804 kam ein österreichischer Beamter nach Ramsen und forderte von den Einwohnern den Huldigungseid, den diese nicht zu verweigern wagten. Der Landammann der Schweiz legte beim Hof in Wien heftigen Protest ein. Wenig später bestand Österreich auf der Ausübung politischer Rechte im Namen seiner Herrschaft Rhäzüns in Graubünden. Gleichzeitig erneuerte es alte Ansprüche auf die ehemalige Grafschaft Kyburg, die Landgrafschaft Thurgau und andere Besitzungen. Die Friktionen nahmen im Verlauf des Jahres 1804 infolge unterschiedlicher Interpretationen von Paragraph 29 des Regensburger Reichsdeputationshauptschlusses noch zu. Dieser enthielt eine Klausel zur Regelung der Entschädigungen, die der Helvetischen Republik für Besitzungen schweizerischer kirchlicher Institutionen in Schwaben zugestanden worden waren. Das österreichische Kabinett deutete diesen Artikel auf seine Art; es liess die beweglichen und unbeweglichen Güter der schweizerischen Gemeinden und Klöster beschlagnahmen und ordnete deren Inkameration, d.h. deren Verstaatlichung, an. Als Gegenmassnahme fasste der Landammann die Beschlagnahmung der höchst bescheidenen Reichsbesitzungen in der Schweiz ins Auge. Der Konflikt verschärfte sich. Österreich argumentierte, dass weder der Westfälische Friede noch jener von Lunéville seine Rechte in der Eidgenossenschaft aufgehoben habe. Schliesslich wurden die beschlagnahmten Kapitalien jedoch zurückgegeben. Obwohl diese Spannungen das Verhältnis der Schweiz zu Österreich getrübt hatten, unterzeichneten die beiden Länder am 23. Oktober 1804 in Bern einen Vertrag, der – wenn auch mit vielen Einschränkungen – die freie Niederlassung in beiden Ländern erleichtern sollte. 1821, 1836 sowie 1851 wurde dieser Vertrag erweitert und schliesslich 1875 an die neuen Anforderungen angepasst, die sich aus der Entstehung der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie ergaben.

Der Pressburger Frieden vom 26. Dezember 1805, der die französische Vormachtstellung in Europa bestätigte, blieb für die Schweiz nicht folgenlos. Österreich verlor 3 Millionen Einwohner mit der Abtretung des Staates Venedig, des Tirols, Vorarlbergs, der Fürstentümer Brescia und Trient, der Stadt Lindau und der schwäbischen Herrschaften, die den bald zu Königreichen aufgewerteten Kurfürstentümern Bayern und Württemberg zugeschlagen wurden. Der grösste Teil des Breisgaus sowie die Stadt Konstanz fielen hingegen an das Kurfürstentum Baden, das zum Herzogtum wurde. Damit veränderten sich die Nachbarschaftsverhältnisse der Schweiz, die jetzt mit Österreich keine gemeinsame Grenze mehr besass. Im Artikel 23 des Friedens von Pressburg erkannten die Vertragsparteien die Unabhängigkeit der Schweiz an, welche von Frankreich und dessen Satellitenstaaten umgeben war. Die in diesen Ländern von Österreich beschlagnahmten oder inkamerierten Güter entglitten von da an der schweizerischen Kontrolle. Der österreichisch-französische Krieg von 1809 brachte die Schweiz erneut in eine gefährliche Lage. Anfang April drangen österreichische Truppen in Bayern und Tirol ein, und die Eidgenossenschaft sah sich zu Grenzsicherungsmassnahmen veranlasst (Koalitionskriege). Im Vertrag von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809, der Österreichs Niederlage bestätigte, trat das Haus Habsburg die Herrschaft Rhäzüns direkt an Napoleon ab.

Österreichisch-schweizerische Grenzen 18.-20. Jahrhundert
Österreichisch-schweizerische Grenzen 18.-20. Jahrhundert […]

Wegen der von der russisch-preussisch-österreichischen Allianz in Deutschland errungenen Siege und Bayerns Wechsel zu den antinapoleonischen Kräften, der die Eidgenossenschaft in unmittelbaren Kontakt mit frankreichfeindlichen Ländern brachte, änderte sich die Lage der Schweiz im Oktober 1813 erneut. Als der Krieg näher rückte, notifizierte der Landammann der Schweiz sowohl den Alliierten als auch Napoleon die Neutralität und ergriff Vorkehrungen zum Schutz der Grenzen. In Bern betrieb das Waldshuter Komitee, bestehend aus Berner und Bündner Reaktionären, darunter mehrere, die in österreichischen Diensten gestanden hatten, den Einmarsch der alliierten Armee in die Schweiz zur Restauration der alten Ordnung. Am 18. Dezember 1813 kündigte der sich als Gesandter Österreichs bezeichnende Graf Friedrich Christian Ludwig von Senfft von Pilsach – das Land war damals in der Schweiz bereits durch einen bevollmächtigten Minister und einen ausserordentlichen Gesandten vertreten – dem Oberbefehlshaber der eidgenössischen Truppen den Einmarsch alliierter Kontingente in die Schweiz an. In Bern, wohin er sich nachher begab, drängte er die Behörden in scharfem Ton, die politische und gesellschaftliche Ordnung von 1798 wieder herzustellen. Nach dem Einmarsch der allierten Armee in die Schweiz am 21. Dezember gab Bern nach, setzte am 23. Dezember die früheren Behörden wieder in ihre Ämter ein und bekräftigte einen Tag später seine Herrschaftsansprüche auf den Aargau und die Waadt. Die heftigen Reaktionen, die diese Rückkehr zum Ancien Régime in der Schweiz hervorriefen, zwangen Metternich, Senfft von Pilsach zu desavouieren und abzuberufen.

Die Ära Metternich

Die Einmischung der Mächte

Trotz der Zusicherung der europäischen Mächte, die Unabhängigkeit der Schweiz "von jedem fremden Einfluss" zu garantieren, war die Eidgenossenschaft bis 1848 ununterbrochen Pressionen und Einmischungsversuchen seitens derselben ausgesetzt, insbesondere solchen von Österreich. Die immerwährende Neutralität der Schweiz war gerade neun Monate alt, als die Tagsatzung am 23. Juli 1816 eingeladen wurde, der Heiligen Allianz beizutreten. Dieser Vorschlag wurde von den Eidgenossen ohne grosse Begeisterung aufgenommen. Artikel 1, der gegenseitigen Beistand versprach, schloss in ihren Augen nämlich die Möglichkeit einer Intervention durch eine europäische Macht mit ein. Nachdem der russische Minister diese Befürchtungen zerstreut hatte, beschlossen drei Viertel der Kantone, eine äusserst vorsichtig formulierte Beitrittserklärung anzunehmen, die auch dem Kaiser von Österreich am 3. März 1817 übergeben wurde. Damit gelang es der Schweiz, eine zu starke Einbindung zu vermeiden, ohne sich die Sympathie der Mächte zu verscherzen. Der österreichische Aussenminister Klemens Wenzel von Metternich jedoch leitete aus der Annahme ein Interventionsrecht ab. Von diesem Zeitpunkt an nahmen die Spannungen zwischen Österreich und der Schweiz vor allem wegen der Flüchtlingspolitik einiger Kantone zu.

Nachdem Österreich 1820-1821 die Revolutionen in Neapel und Turin niedergeschlagen hatte, suchten zahlreiche Verfolgte Asyl in der Schweiz. Angesichts dieses Zustroms erwog Metternich die Möglichkeit, von der Eidgenossenschaft die Ausübung einer Zensur- und Überwachungstätigkeit auf schweizerischem Gebiet durch die österreichische Polizei zu verlangen. Der Veroneser Kongress, der von Oktober bis Dezember 1822 dauerte, drohte der Eidgenossenschaft sogar mit Besetzung, falls sie ihre Haltung nicht ändere. Die konkreten Drohungen veranlassten die Eidgenossenschaft, die Pressezensur zu vereinheitlichen und zu verschärfen sowie Massnahmen zur stärkeren Kontrolle der Fremden durch die Polizei zu ergreifen (Presse- und Fremdenkonklusum).

Das durch die Pariser Julirevolution von 1830 ausgelöste Ende des Restaurationsregimes, die demokratischen Verfassungsänderungen in den Kantonen sowie das Projekt zur Revision des Bundesvertrags erregten Metternichs Zorn; er fasste eine bewaffnete Intervention in der Schweiz ins Auge, die er fortan als Hort revolutionärer Umtriebe begriff. Am 5. Juni 1832 empfahl Österreich den Mächten, gemeinsam gegen die Schweiz vorzugehen, doch Frankreich und Grossbritannien versagten ihm die Gefolgschaft. Im Juli 1834 lieferte ein Zwischenfall Metternich erneut einen Vorwand zur Einmischung. Während eines Fests im Gasthaus Steinhölzli nahe bei Bern hielten deutsche Arbeiter feindliche Reden gegen deutsche und österreichische Fürsten und hissten als Zeichen ihrer republikanischen Gesinnung eine schwarz-rot-goldene Fahne. Nach einem Notenaustausch mit der bernischen Regierung forderte der österreichische Minister rund zwei Monate später die österreichischen Arbeiter auf, die Schweiz zu verlassen. Einige deutsche Staaten ergriffen ähnliche Massnahmen; trotz Zugeständnissen der Berner Regierung und französischen Vermittlungsversuchen drohte ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Als Österreich im Januar 1835 Russland, Preussen, Sardinien und die süddeutschen Staaten hinter sich scharen konnte, stieg die Spannung weiter an. Erst der Tod von Kaiser Franz im März 1835 bot dem inzwischen zum Vorort gewordenen Bern die Möglichkeit, mit seiner Beileidsbezeugung an den Thronfolger zugleich die Lage zu entspannen.

Während der Conseil-Affäre (August-Oktober 1836) liess Österreich zwar durchblicken, dass es die Haltung der französischen Regierung missbilligte. Es wahrte jedoch strikte Neutralität, wobei es eine gewisse Freude über die Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und der Schweiz empfunden haben dürfte.

Der Sonderbund

In den Jahren 1845 bis 1847, während der Krise des Sonderbunds und dem daraus folgenden Krieg, mischte sich Österreich in die inneren Angelegenheiten der Schweiz ein, wie es dies seit 1815 nicht mehr getan hatte. In einem Schreiben an Kaiser Ferdinand vom 26. Oktober 1846 betonte Metternich, dass im bevorstehenden Kampf in der Eidgenossenschaft das katholische Lager unbedingt zu unterstützen sei und dass die Vernichtung der konservativen Schweiz den höchsten österreichischen Interessen schaden würde. Nach einem Hilferuf des Luzerner Schultheissen stellte er dem Sonderbund die Summe von 100'000 Gulden zur Verfügung. Als der Sonderbund Österreich um die Entsendung eines Generals ersuchte, der seine Truppen kommandieren könne, schlug Erzherzog Johann Metternich im Juli 1847 den Fürsten Friedrich von Schwarzenberg vor. Dieser lehnte jedoch das Angebot ab, nahm aber privat als Adjutant des Oberkommandierenden Johann Ulrich von Salis-Soglio am Gefecht von Gislikon teil. Seine pessimistische Analyse der militärischen Lage bewog seine Kampfgefährten, den österreichischen Gouverneur der Lombardei zu bitten, den Sonderbund materiell zu unterstützen und einen Vorstoss ins Tessin zu unternehmen, um die Umklammerung durch die eidgenössischen Truppen zu sprengen und so den Nachschub aus dem Tessin sicherzustellen. Die Geschwindigkeit, mit der die Tagsatzungstruppen den Feldzug beendeten, machte diese Hilfegesuche jedoch gegenstandslos.

Die Revolution von 1848 und deren Auswirkungen – unter anderem die Abdankung Metternichs – erlaubte es Österreich nicht mehr, sich um das Schicksal der besiegten Kantone zu kümmern oder irgendwelchen Druck auf die Eidgenossenschaft auszuüben. Die Erhebung in Lombardo-Venetien (März 1848-April 1849) und der darauf folgende Krieg zwischen Österreich auf der einen und Sardinien sowie den Aufständischen auf der anderen Seite zwang die Eidgenossenschaft, Truppen in Graubünden und im Tessin zu mobilisieren. Doch zum grossen Missfallen Österreichs konnten diese den Zustrom von Flüchtlingen, den Waffenschmuggel sowie den Grenzübertritt von Sympathisanten, die den Aufständischen zu Hilfe eilten, nur teilweise unterbinden. Hingegen war Österreich der Schweiz dankbar, dass sie das Bündnisangebot König Karl-Alberts von Sardinien zurückgewiesen hatte, als dieser in das Gebiet um Mailand einfiel.

Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Österreich von geringer Bedeutung. Der Krieg und seine Folgen unterbrachen für lange Zeit den Warenverkehr, den allein schon das schlecht entwickelte Strassennetz schwierig machte. Da zwischen den beiden Staaten kein Handelsvertrag bestand, kamen prohibitive Zolltarife als Bestandteile einer streng protektionistischen Politik hinzu. Nur der Grenzhandel mit Vorarlberg, Lindau und Bregenz (Salz, Wein, Holz, Leinen usw.) spielte eine gewisse Rolle. Auch liessen sich einige Schweizer Handelshäuser in Österreich nieder, wo eine kleine Kolonie von Handwerkern, Arbeitern, Mechanikern und vor allem Militärpersonen lebte, die aber die Zahl von einigen Hundert nicht überschritt.

Die Regierungszeit Kaiser Franz Josephs

1848-1866

In den ersten Regierungsjahren Franz Josephs führte die Flüchtlingsfrage erneut zu Spannungen zwischen der Schweiz und Österreich. Nach dem misslungenen Aufstand in Mailand vom 6. Februar 1853 schob die österreichische Regierung dem Tessin die Schuld zu, da der Kanton in ihren Augen eine zu liberale Politik gegenüber den lombardischen Flüchtlingen praktiziert habe und zu einem Österreich feindlich gesinnten Agitationsherd geworden sei. Zudem warf sie dem Tessin vor, österreichische Kapuziner illegal und entschädigungslos vertrieben zu haben; als Retorsionsmassnahme wurden alle Tessiner aus der Lombardei ausgewiesen. Im Februar 1854 ordnete Österreich die Blockade der Grenze zum Kanton Tessin an, was diesen in eine schwierige wirtschaftliche Lage brachte. Die Krise spitzte sich zu, als der österreichische Geschäftsträger im Mai Bern verliess, weil der Bundesrat die von der Schweiz geforderten Zusicherungen bezüglich der Überwachung der politischen Flüchtlinge im Tessin und in Graubünden zurückgewiesen hatte. Doch schliesslich setzten sich die auf Mässigung bedachten Stimmen durch. Österreich hielt zwar seine Klagen über die Teilverantwortung des Tessins in der Mailänder-Affäre aufrecht, beendete aber die Grenzblockade und nahm seine diplomatischen Beziehungen zur Schweiz wieder auf, ohne allerdings auf die Verknüpfung der Kapuzinerfrage mit der Ausweisung der Tessiner aus der Lombardei zu verzichten. Auf der Konferenz von Mailand vom 29. März 1855 kam schliesslich ein Abkommen über die Entschädigung der Mönche zustande.

Karikatur zur Flüchtlingsfrage und zur Ausweisung österreichischer Kapuziner aus dem Tessin 1853. Gemäss der Bildunterschrift sollte der Stich zu Gunsten jener Tessiner verkauft werden, die aus der Lombardei ausgewiesen worden waren (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona).
Karikatur zur Flüchtlingsfrage und zur Ausweisung österreichischer Kapuziner aus dem Tessin 1853. Gemäss der Bildunterschrift sollte der Stich zu Gunsten jener Tessiner verkauft werden, die aus der Lombardei ausgewiesen worden waren (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona).

Im Neuenburgerhandel 1856-1857 nahm Österreich eine ausgleichende Haltung ein; es bemühte sich, die Rolle des "ehrlichen Maklers" zwischen Preussen und der Schweiz zu spielen, und setzte an der Konferenz von Paris mit Frankreich, Grossbritannien und Russland den Text der Übereinkunft auf, die der Eidgenossenschaft am 29. April 1857 zur Annahme unterbreitet wurde. Im Krieg von 1859 zwischen Frankreich und Sardinien einerseits und Österreich andererseits beschloss die Schweiz, ihre Neutralität mit allen Mitteln zu wahren, und teilte dies den europäischen Mächten am 14. März 1859 mit. Am 9. Juni 1859 floh die von Piemonteser Truppen umzingelte österreichische Besatzung von Laveno mit drei Dampfern auf dem Langensee Richtung Magadino, wo sie von den Schweizern entwaffnet und interniert wurde. Am 14. Oktober 1859 kaufte die Eidgenossenschaft Österreich die drei Schiffe ab. Am 10. November 1859 unterzeichneten in Zürich Sardinien, Frankreich und Österreich einen Friedensvertrag. Für die Schweiz hatte dieser die Entstehung einer neuen Macht an ihrer Südfront und eine beträchtliche Verkürzung der Grenze mit Österreich zur Folge. Letzteres lobte die Haltung der Schweiz im Krieg und zeigte sich in der Folge geneigt, Grenzfragen mit Graubünden (Festlegung der Grenze bei Samnaun) zu regeln und ein Abkommen über die Rheinregulierung ins Auge zu fassen.

1866-1914

Der preussische Sieg über Österreich 1866 und dessen Ausscheiden aus Deutschland trugen dem Land in der Schweiz neue Sympathien ein, denn seit dem Neuenburgerhandel bestanden in der öffentlichen Meinung gewisse Befürchtungen gegenüber Preussen. Die schweizerisch-österreichischen Beziehungen entspannten sich allmählich, und in den neu auftretenden Konflikten zeigte sich Österreich konzilianter, obwohl konservative Mitglieder des Wiener Kabinetts über die Zentralisierungsbestrebungen der Schweizer Radikalen und Liberalen beunruhigt waren. In der Schweiz freute man sich über die Liberalisierung in der Donaumonarchie. Dieses politische Klima erleichterte den Abschluss eines Post- und Handelsabkommens sowie die Beilegung des nun schon hundert Jahre währenden Streits um den Verlauf der Grenze zu Tirol in Finstermünz (1868). Die Verhandlungen über die Rheinkorrektion und den Bau von Strassen zwischen Graubünden und Tirol erwiesen sich hingegen als viel mühsamer. Die Proklamation des Deutschen Kaiserreichs 1871 verstärkte noch die Zurückhaltung der österreichischen Diplomatie. Die Erweiterung des Zweibunds zum Dreibund, den Deutschland, Österreich und Italien 1882 unterzeichneten, rief aber in der Schweiz Befürchtungen hervor, vor allem hinsichtlich eines eventuellen Durchmarschs italienischer Hilfstruppen durch die Schweiz auf dem Weg nach Deutschland.

Zwar erregte das Problem der politischen Flüchtlinge und der gewaltbereiten Revolutionäre weiterhin Besorgnis in Österreich, doch seine Haltung war nicht mehr so bedrohlich wie zur Zeit Metternichs. Nach einer Reihe anarchistischer Attentate in Wien Ende 1883 bis Anfang 1884 ersuchte Österreich die Eidgenossenschaft, Königsmord und Attentate auf Staatschefs als gemeinrechtliche Straftaten zu betrachten, um die Auslieferung der Täter zu ermöglichen. Diese ununterbrochen wiederholte Forderung verzögerte die Ausarbeitung eines Auslieferungsabkommens, bis der Bundesrat im November 1888 schliesslich seinen Standpunkt durchsetzen konnte. Durch die Wohlgemuth-Affäre (1888-1889) wurde die Beratung durch das Parlament nochmals vertagt. Die Sympathien des österreichischen Volks und der Diplomaten waren auf Seiten der Schweiz, obwohl der Aussenminister, dessen Haltung allerdings durch das Wohlwollen seines Botschafters in Bern gemildert wurde, Bismarcks Forderungen unterstützte. Die Ermordung der Kaiserin Elisabeth in Genf durch einen Anarchisten am 10. September 1898 führte nicht zur befürchteten grossen Krise, da Franz Joseph sich gegenüber der Eidgenossenschaft nachsichtig zeigte. Der Bundesrat seinerseits ergriff schon am 19. September Massnahmen zur Ausweisung und Überwachung der Anarchisten und stimmte der Teilnahme an einer internationalen Konferenz im Dezember 1898 zu, deren Schlussprotokoll vor allem Massnahmen zur besseren Zusammenarbeit zwischen den nationalen Polizeidiensten auf freiwilliger Basis vorschlug.

Erster offizieller Besuch von Kaiser Franz Joseph in der Schweiz am 31. August 1909. Fotografie aus der Zeitschrift La Patrie suisse, 1909, Nr. 417 (Privatsammlung).
Erster offizieller Besuch von Kaiser Franz Joseph in der Schweiz am 31. August 1909. Fotografie aus der Zeitschrift La Patrie suisse, 1909, Nr. 417 (Privatsammlung). […]

Während der Silvestrelli-Affäre, die am 7. April 1902 zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien führte, blieb Österreich neutral, und sein Vertreter in Bern nahm eine beschwichtigende Haltung ein. Beim Besuch, den Franz Joseph dem Bundesrat am 31. August 1909 in Rorschach abstattete, unterstrich Vizepräsident Robert Comtesse daher zu Recht, dass während der 61 Regierungsjahre des Kaisers keine grössere Krise die Beziehungen zwischen den beiden Ländern getrübt habe.

Auf militärischer Ebene waren diese Beziehungen seit Ende des 19. Jahrhunderts ausgezeichnet. Beim Bau der Gotthardlinie (Gotthardvertrag) war beschlossen worden, aus wirtschaftlichen Gründen auf Festungsbauten zu verzichten; die Bedrohungen, die vom Dreibund hätten ausgehen können, veranlassten die Schweiz dann aber doch, den Festungsbau 1886 in Angriff zu nehmen. Österreich verstand, dass diese Arbeiten nicht gegen es, sondern gegen das irredentistische Italien gerichtet waren, und fand sich damit ab. Zwischen 1900 und 1914 nahmen zahlreiche österreichische Offiziere an Manövern in der Schweiz teil, während eidgenössische Offiziere die österreichischen Militärschulen besuchten. Mehrere Schweizer, darunter viele Bündner, dienten in Österreich und stiegen bis in die höchsten Dienstgrade auf. Der 1908 geschaffene Posten eines Militärattachés in Bern verweist auf die Bedeutung, welche Österreich der schweizerischen Armee beimass.

Plakat für die Ausstellung der österreichischen Künstlervereinigung Secession von 1904, geschaffen von Ferdinand Hodler (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die Ausstellung der österreichischen Künstlervereinigung Secession von 1904, geschaffen von Ferdinand Hodler (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

In den 1860er Jahren intensivierten sich die Beziehungen zwischen Österreich und der Schweiz auch auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene. 1868, 1891 und 1906 wurden drei Handelsverträge abgeschlossen, deren Auswirkungen wegen einiger restriktiver Klauseln allerdings begrenzt waren. Ausserdem ratifizierten beide Länder 1875 ein Abkommen, das unter anderem die Niederlassungsbedingungen, das Konkursverfahren sowie Fragen der Steuererhebung und des Militärdiensts regelte. Doch erst die Eröffnung der Eisenbahnlinie über den Arlberg 1884 beflügelte den Handel, dessen Volumen rasch anstieg: 1900 beliefen sich die schweizerischen Exporte nach Österreich-Ungarn auf 45,5 Mio. Franken gegenüber Importen im Wert von ca. 70 Mio.; 1910 betrugen die Exporte 80 Mio. gegenüber 110 Mio. an Importen. Die schweizerischen Investitionen in die österreichischen Sektoren Banken, Industrie und Eisenbahn nahmen regelmässig zu, ebenso der Austausch von Arbeitskräften. Entsprechend vergrösserte sich die Schweizerkolonie in Österreich sowie die Zahl der Österreicher in der Schweiz; diese stellten 1911 8% der im Land lebenden Ausländer. Österreichische Konsulate in Zürich und St. Gallen waren schon 1872 eröffnet worden. Das Deutsche Bundesschiessen in Wien 1868 sowie die Weltausstellung 1873, an der die Schweiz offiziell teilnahm, boten zusätzlich Gelegenheit, die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu vertiefen. Vom Ende des 19. Jahrhunderts an studierten und lehrten zahlreiche Studenten und Professoren an österreichischen Universitäten, vor allem in Innsbruck und Wien, während österreichische Akademiker Zürich und Freiburg bevorzugten.

Der Erste Weltkrieg

Während des Ersten Weltkriegs kam es in den Beziehungen zwischen der Schweiz und Österreich zu keiner grösseren Krise. Einzig die innenpolitischen Spannungen in der Schweiz infolge der Obersten-Affäre 1915-1916, welche die Neutralität hätten beeinträchtigen können, lösten in Österreich Beunruhigung aus. In dieser Zeit entfaltete die Botschaft Österreich-Ungarns in Bern eine intensive Tätigkeit auf den Gebieten der Spionage, der Organisation von Sabotageakten in Italien, der Überwachung marxistischer Flüchtlinge und der Belieferung der Presse mit zweckdienlichen Informationen in eigener Sache. Daneben führte sie auch kulturelle Veranstaltungen durch.

Auf wirtschaftlichem Gebiet fanden mit Österreich-Ungarn und Deutschland schwierige Verhandlungen über die Ein- und Ausfuhr von Waren statt. Im Februar 1916 schlossen die Schweiz und Österreich ein Wirtschaftsabkommen. 1918 beliefen sich die Importe (v.a. Rohstoffe) aus Österreich auf 61 Mio. Franken, die Exporte (v.a. Industrieprodukte) auf 101 Mio. Franken.

Die Erste Republik

Der Untergang der Donaumonarchie führte zu unzähligen Problemen zwischen Österreich und der Schweiz. Am 4. November 1918 informierte die provisorische Regierung den Bundesrat über die Gründung eines unabhängigen Staates Deutsch-Österreich und ersuchte um die Herstellung diplomatischer Beziehungen. Zwar wurden solche Beziehungen de facto aufgenommen, der neue Staat aber nicht formell anerkannt, da der Bundesrat zuerst sichergehen wollte, dass es zu keinem Anschluss an Deutschland kommen und Österreich ein unabhängiger Staat bleiben würde. Die Anerkennung erfolgte erst am 9. Januar 1920; die lange Wartezeit rief in Österreich heftige Ressentiments hervor.

Eine ganze Reihe schweizerischer Ansprüche und Schuldforderungen mussten behandelt werden. Dabei war der Bundesrat – entgegen dem Vertragsentwurf von Saint-Germain (1919) – der Ansicht, die Nachfolgestaaten hätten die Schulden der Doppelmonarchie zu übernehmen. Zu den Hauptproblemen gehörten die Festlegung der Schweizer Anteile (1/15) bei der Liquidierung der Österreichisch-Ungarischen Nationalbank, der Streit um die Lieferung des von der Schweiz 1917 vorausbezahlten Zuckers, die Aufteilung der Schuld des österreichischen Staates sowie die Gültigkeit der diversen diplomatischen und kommerziellen Verträge, die mit dem Kaiserreich abgeschlossen worden waren. Bezüglich Letzteren vertrat die Republik den Standpunkt, nicht die Nachfolgerin der Monarchie zu sein; die Schweiz teilte diese Auffassung. Erst die Verträge vom 15. Mai 1925 und vom 21. März 1927 über die Gültigkeit der juristischen Abkommen und deren Umsetzung führten zu einer vollständigen Normalisierung der schweizerisch-österreichischen Beziehungen.

Der Aufenthalt des Exkaisers Karl in der Schweiz stellte ein weiteres Problem dar. Der Monarch, der sich zwar zum Rückzug aus den Regierungsgeschäften verpflichtet, dann aber die formelle Abdankung verweigert hatte, war im März 1919 in die Schweiz eingereist. Er erhielt vom Bundesrat unter der Bedingung, sich jeglicher politischer Tätigkeit zu enthalten, die Niederlassungsbewilligung. Da er aber trotzdem zweimal versuchte, die ungarische Krone wiederzuerlangen, beschloss der Bundesrat am 25. Oktober 1921 seine Ausweisung.

Die wachsende schweizerische Angst vor einem Anschluss Österreichs an Deutschland wurde bald zum Hauptthema der Aussenpolitik gegenüber Österreich; der Bundesrat wollte unbedingt verhindern, dass die Schweiz von einem mit Österreich vereinten Deutschland auf seiner Ostseite umklammert und vom freien Verkehr nach Osteuropa abgeschnitten werde. Der Wunsch nach einer Angliederung war ungeachtet des Vertrags von Saint-Germain in allen Schichten der österreichischen Bevölkerung immer noch stark, und auch in der Schweiz hielten viele diese trotz der ablehnenden Haltung von Politik und Presse für unausweichlich. Zur gleichen Zeit sah sich die Schweiz mit der Frage einer eventuellen Eingliederung Vorarlbergs konfrontiert, für die sich 80% der Vorarlberger Wähler in einer Volksabstimmung am 11. Mai 1919 ausgesprochen hatten. Der Übertritt scheiterte einerseits an der ablehnenden Haltung gewisser Interessengruppen in der Schweiz – reformierte Kreise befürchteten eine Zunahme der katholischen, französischsprachige eine solche der deutschsprachigen Bevölkerung – als auch am Widerstand der österreichischen Regierung und der Entente, die eine Zerstückelung Österreichs verhindern wollte.

Ab November 1918 stellte sich für die Schweiz überdies die Frage nach der Lebensfähigkeit Österreichs. Zwar wünschte die Eidgenossenschaft ein unabhängiges Österreich – der Bundesrat war in dieser Frage allerdings gespalten –, doch mussten dem Staat dazu auch die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ab November wurden für Vorarlberg und Tirol Notsendungen von Lebensmitteln organisiert. Im Dezember verlangte eine parlamentarische Motion die Lieferung von Nahrungsmitteln, und ab Monatsende wurden unter militärischem Geleitschutz 112 Eisenbahnwagen nach Wien abgefertigt und dort der Gemeinde zum Einstandspreis verkauft. Parallel dazu kam es in der Bevölkerung zu einer breiten Solidaritätsbewegung. Mehrere Hilfskomitees für Kinder wurden gegründet und bis 1921 56'300 Kinder in der Schweiz vorübergehend aufgenommen. Im Juli 1920 entschied das Parlament, sich mit einem Maximalbetrag von 25 Mio. Franken an der internationalen Kreditaktion zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu beteiligen, die im Rahmen der Pariser Konferenz vom April 1920 beschlossen worden war. Die Schweiz beteiligte sich 1922 mit 20 Mio. Franken am Darlehen des Völkerbunds an Österreich und trug auch andere Massnahmen zur Sanierung des österreichischen Staatshaushalts und der Wirtschaft im Rahmen der sogenannten Genfer Sanierung mit (Genfer Protokolle vom 4. Oktober 1922). Unter anderem stellte sie auch technische Berater zur Verfügung.

Gegenüber der Zerstörung der österreichischen Demokratie im März 1933 und dem autoritären katholischen Regime unter Engelbert Dollfuss, dessen Affinitäten zum faschistischen Italien bekannt waren, nahmen die Schweizer entsprechend ihren eigenen politischen Überzeugungen unterschiedliche Positionen ein. Nach der Ausschaltung der Milizen des sozialdemokratischen Schutzbunds in Wien im Februar 1934 reagierte die eidgenössische Linke mit Empörung und unterstützte die verfolgten Genossen materiell. Das IKRK seinerseits inspizierte die Gefangenenlager und die Gefängnisse.

Nach Kriegsende und bis 1929 bestanden rege Handelsbeziehungen zwischen Österreich und der Schweiz, aus denen beträchtliche Gelder an Privatinvestitionen flossen; die schweizerischen Guthaben trugen 1932 ca. 9 Mio. Franken ein. Ab 1930 verschlechterte sich jedoch die Lage wegen der österreichischen Banken- und Währungskrise, was die Schweizerische Nationalbank zwang, am 12. November 1931 mit der Österreichischen Nationalbank in Wien ein Clearingabkommen zu unterzeichnen. Ab 1932 waren die schweizerischen Exporte nach Österreich grösser als die österreichischen Einfuhren in die Schweiz; Erstere betrugen 1937 44,2 Mio., Letztere 37,9 Mio. Franken.

Die im Staatsvertrag von 1892 vorgesehenen Rheinregulierungsarbeiten wurden 1923 fertiggestellt, erwiesen sich jedoch bald als ungenügend. In einem neuen Vertrag vom 19. November 1924 berücksichtigte die Schweiz die schwierige finanzielle Lage Österreichs und streckte ihm seinen Anteil an der Finanzierung des gemeinsamen Unternehmens zinslos vor. Diese Massnahme hatte unmittelbar positive Auswirkungen auf die Wirtschaft Vorarlbergs. Damals schlossen die Schweiz und Österreich auch einen Vertrag über die Regulierung des Rheins, in dem der Grenzverlauf zwischen den beiden Ländern neu festgelegt wurde. Anfang 1925 erhöhte Österreich, das sich bis dahin an die 1906 vereinbarten Ansätze gehalten hatte, seine Zolltarife stark, was den Abschluss eines neuen Handelsvertrags zur Wahrung der Schweizer Industrieinteressen nötig machte; dieser Vertrag vom 6. Januar 1925 wurde im Januar 1932 infolge der instabilen Wirtschafts- und Finanzlage Österreichs erneuert. In dem am 15. Juli 1932 unterzeichneten Lausanner Protokoll verpflichteten sich Frankreich, Grossbritannien, Italien und Belgien, der Regierung in Wien die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit diese ihren finanziellen Verpflichtungen im Ausland nachkommen und die Wirtschaft wieder in Gang bringen könne. Nach längerem Hin und Her trat die Schweiz diesem Abkommen ebenfalls bei und stellte 5 Mio. Franken bereit, machte diese Hilfe allerdings vom Ausgang der Verhandlungen über die Stickerei abhängig. Der Bundesrat wollte nämlich zum Schutz der Ostschweizer Produktion erreichen, dass ein Teil der mechanischen Webstühle in Vorarlberg zerstört werde. Der in diesem Sinn abgefasste Vertrag wurde am 18. März 1933 unterschrieben.

In der Zwischenkriegszeit waren die kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und der Schweiz eingeschränkt. Während in der Schweiz die Theorien des Wiener Pädagogen Otto Glöckel oder Sigmund Freuds einen starken Einfluss ausübten, nahmen in Österreich zwei Schweizer, der Schriftsteller Gustav Renker und der Jurist Carl Stooss, einen wichtigen Platz ein. 1931 wurde in Innsbruck die Alpenländische Forschungsgemeinschaft gegründet, die es sich zur Aufgabe machte, die Dialekte des Alpenraums zu erforschen; an diesem Projekt beteiligten sich mehrere namhafte Schweizer. Zwischen 1914 und 1945 hielten sich auch zahlreiche österreichische Schriftsteller oder Künstler, darunter der Schriftsteller Robert Musil und der Bildhauer Fritz Wotruba, in der Schweiz auf oder emigrierten hierhin.

Unter nationalsozialistischer Herrschaft

Der Anschluss

Obwohl der Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland am 13. März 1938 niemanden in der Schweiz überraschte, führte er zu einem aussenpolitischen Umdenken bzw. zur Rückkehr zur integralen Neutralität. Am 21. März 1938 gaben der Bundesrat und die Bundesversammlung eine feierliche Erklärung ab, in der sie zur nationalen Geschlossenheit aufriefen und die parteiübergreifende Bereitschaft zur Verteidigung der Unabhängigkeit unterstrichen. Auf diplomatischer Ebene verlangte das Reich die sofortige und bedingungslose Anerkennung des Fait accompli; am 19. März teilte der Schweizer Botschafter in Berlin dem Reichsaussenminister die Entscheidung des Bundesrats mit, den Anschluss anzuerkennen. Zwanzig Jahre lang hatte sich die Schweiz dem Anschluss widersetzt; jetzt musste sie diese Politik aufgeben.

Für die Schweiz zog der Anschluss eine ganze Reihe praktischer Konsequenzen nach sich. Im März 1938 erreichten 3000-4000 Flüchtlinge aus Österreich die Schweiz; ihre Zahl stieg während des Kriegs auf insgesamt rund 5000, von denen 2000 der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, während die anderen nur durchreisten. Am 1. April wurde die Visumspflicht für Inhaber österreichischer Pässe eingeführt. Die Botschaft in Wien wurde in ein Generalkonsulat umgewandelt. Die Verträge von 1868 und 1908 über die Begradigung der Grenzen sowie der Rheinregulierungsvertrag von 1924 blieben in Kraft; eine weitere Gruppe von Verträgen (Doppelbesteuerungs-, Stickerei- und Handelsabkommen) wurde an das deutsche Recht angepasst. Die Staatsverträge politischen Inhalts hingegen wurden nichtig, da sich das Reich nicht als Rechtsnachfolger Österreichs betrachtete und auch dessen Schulden nicht übernehmen wollte. Der Anschluss hatte überdies unangenehme Folgen für den Grenzverkehr mit Vorarlberg (Hotellerie, Detailhandel, Gewerbe usw.) sowie für die schweizerische Stickereiindustrie, denn die deutsche Stickerei wurde durch die Arbeitsbeschaffungspolitik des Reichs unterstützt. Schliesslich bewirkte der Anschluss – sowohl durch den Schock, den der deutsche Einmarsch in Österreich ausgelöst hatte, als auch wegen der strategisch ungünstigen Lage, die durch ihn an der Ostgrenze der Schweiz entstanden war – eine positive Einstellung der schweizerischen Bevölkerung zur Landesverteidigung.

Der Zweite Weltkrieg

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs änderte sich die Haltung der Schweiz zur Frage der österreichischen Unabhängigkeit nach der am 1. November 1943 veröffentlichten Moskauer Erklärung, in der sich die Alliierten verpflichteten, den österreichischen Staat wieder zu errichten. Von da an wurde dessen Wiederherstellung, auf die sich verschiedene Kreise von Emigranten vorbereiteten, als Eventualität ins Auge gefasst. Eine Gruppe österreichischer Studenten der Universität Zürich rief den Verein Austria ins Leben. Aber erst gegen Ende des Kriegs, am 28. April 1945, hatten die Emigranten die Möglichkeit, die Frei-österreichische Bewegung in der Schweiz zu gründen und Zeitungen herauszugeben. Im Juni 1945 konstituierte sich in Zürich die Gesellschaft zur Förderung der kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und der Schweiz.

Die Zweite Republik

Seit dem Krieg unterhalten die Schweiz und Österreich enge und freundschaftliche Beziehungen. Die zweite österreichische Republik akzeptierte ihren Status als Kleinstaat und war fest entschlossen, ihre Unabhängigkeit zu verteidigen; 1955 erhielt sie die Zusicherung ihrer immerwährenden Neutralität. Als föderalistische, parlamentarische Republik und – nach erfolgreichem Wiederaufbau – kleine offene Volkswirtschaft bot das neue Österreich solide Grundlagen für eine enge Zusammenarbeit mit der Schweiz, mit der es trotz grosser Unterschiede in der politischen Kultur bestimmte Grundzüge teilt.

Die Vorherrschaft zweier grosser Parteien, der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) konservativer Ausrichtung und der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ), und deren politischen Auseinandersetzungen haben das parlamentarische Leben Österreichs nach 1945 geprägt. 1947-1966 und 1987-2000 bildeten die ÖVP und die SPÖ eine grosse Koalition. Ab den 1980er Jahren verloren diese beiden Parteien jedoch an Gewicht; neue Gruppierungen kamen auf, wie die Grünen und die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), von der sich 1993 das Liberale Forum und 2005 das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) abspalteten. Die österreichische Spielart korporativer Interessenvermittlung unterscheidet sich von der schweizerischen durch den hohen Konzentrationsgrad und teilweise durch Vertretungsmonopole der Interessenverbände (Österreichischer Gewerkschaftsbund). Die Arbeiterkammern, die Bundeswirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammern sind öffentlich-rechtliche Zwangskörperschaften, welche Gesetzgebung wie Lohn- und Preisbildung beeinflussen. Absprachen über Löhne und Preise unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Interessen erfolgten ab 1947 zunächst im Rahmen der Wirtschaftskommission. 1957 wurde, zunächst auf informeller Grundlage, die Paritätische Kommission für Lohn- und Preisfragen errichtet, in der die Bundesregierung, die Kammern und der Österreichische Gewerkschaftsbund vertreten sind und alle zentralen Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik ausgehandelt werden. Gestützt auf den bedeutenden verstaatlichten Sektor und die Sozialpartnerschaft betrieben die Bundesregierungen bis in die 1990er Jahre eine aktive Wirtschaftssteuerung (Austrokeynesianismus). Der österreichische Föderalismus gibt dem Bund grosses Gewicht; diesem steht eine Mitwirkung auch an der Gesetzgebung der Bundesländer zu und die Ländereinkommen stammen zum grössten Teil aus Bundesmitteln. Trotzdem konnten die Länder allmählich ihren Handlungsspielraum erweitern und sich in Richtung eines kooperativen Föderalismus entwickeln. Von diesen Tendenzen profitieren die grenzübergreifenden Institutionen wie die Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer oder die Internationale Bodenseekonferenz, denen auch die Ostschweizer Kantone angehören.

Die Nachkriegszeit

Die Wiederherstellung eines unabhängigen, westorientierten Staates 1945 war für die Schweiz von grosser Bedeutung, nicht zuletzt aus sicherheitspolitischen Interessen. Daher wurden die Kontakte rasch wieder angebahnt, zuerst über österreichische Flüchtlinge in der Schweiz, dann über Tirol und Vorarlberg und schliesslich, sobald es die Besatzungsbehörden erlaubten, direkt zur Regierung Karl Renners, die am 27. April 1945 die Unabhängigkeit Österreichs proklamiert hatte. Schon am 2. November erfolgte die offizielle Anerkennung des neuen Staats durch die Schweiz; 1946-1947 wurden diplomatische Vertretungen eingerichtet. Trotz der Schwierigkeiten, die sich aus der fehlenden Souveränität und der Besatzung Österreichs durch die Allierten ergaben, entwickelten sich früh intensive Kontakte zwischen den beiden Ländern. Für Österreich stellte die Schweiz einen Zugang zum Westen dar. Die Schweiz ihrerseits wollte ihre Staatsangehörigen beschützen und die Wirtschaftsbeziehungen schnell wiederherstellen. Mehrere humanitäre Hilfskampagnen trugen viel zur Stärkung der nachbarschaftlichen Beziehungen bei. 1945-1948 wurden mindestens 53,5 Mio. Franken, welche die Schweizer Spende an die Kriegsgeschädigten gesammelt hatte, durch das IKRK und andere karitative Organisationen in Österreich verteilt. Zudem konnten sich mehr als 27'000 Kinder während eines dreimonatigen Aufenthalts in der Schweiz erholen.

Nach der Lockerung der alliierten Kontrolle über Österreichs Aussenbeziehungen erleichterten bilaterale Abkommen die wirtschaftlichen Beziehungen. Die Schweiz förderte mit erheblichen Zugeständnissen im Clearingverkehr die Handelsbeziehungen. 1946 ging ein Drittel der österreichischen Exporte in die Schweiz, 1947 noch mehr als ein Viertel. Umgekehrt war Österreich für den schweizerischen Aussenhandel (1,2% Importe, 0,7% Exporte) nur von geringem Gewicht.

Im Kontext des Kalten Kriegs war Österreich bis 1955 eine Schachfigur, die je nach Stand der Deutschen Frage auf dem Spielbrett verschoben wurde. Den Plan, Österreich den Status eines bündnisfreien Landes zuzuerkennen, hatten die Vertreter der Allierten und Österreichs schon mehrfach erwogen; er wurde aber erst in den Moskauer Verhandlungen im April 1955 konkretisiert. Das Moskauer Memorandum vom 15. April bezog sich explizit auf das Vorbild der Eidgenossenschaft, indem es festhielt, dass sich Österreich in einer Deklaration verpflichten werde, "immerwährend eine Neutralität der Art zu üben, wie sie von der Schweiz gehandhabt wird". Dieser Passus wurde allerdings nicht ins österreichische Neutralitätsgesetz vom 26. Oktober 1955 übernommen. Schon am 22. November antwortete die Schweiz positiv auf das österreichische Ersuchen um Anerkennung seiner Neutralität, obwohl sie mit der Entwicklung nicht vollständig zufrieden war. Vorbehalte bestanden wegen der schwachen militärischen Verteidigung Österreichs, aus der eine Bedrohung der schweizerischen Ostflanke resultieren könnte, sowie der damals schon absehbaren eigenständigen Neutralitätspolitik Wiens.

Die bilateralen Beziehungen seit 1955 zeichnen sich durch besonders intensive Kontakte und eine enge Zusammenarbeit aus. Den ersten Staatsbesuch statteten österreichische Bundespräsidenten jeweils der Schweiz ab (Ausnahme Kurt Waldheim). Das Gleiche gilt für die schweizerischen und österreichischen Aussenminister, die ihr Amt antreten. Das dichte Vertragsgeflecht (2008 über 80 Abkommen) erleichtert zudem die Handelsbeziehungen.

Neutralitätspolitik

Trotz der unterschiedlichen Gewichtung der bewaffneten Neutralität in den beiden Ländern stiessen das schweizerische System der Milizarmee und das Konzept der Gesamtverteidigung in Österreich auf reges Interesse. Am 13. September 1978 wurde eine Rahmenvereinbarung im Bereich der Rüstungszusammenarbeit unterzeichnet. Nach anfänglicher Skepsis fand auch die Handhabung der bewaffneten Neutralität durch Österreich in schweizerischen Militärkreisen zunehmend Anerkennung. Österreich legte – im Unterschied zur Schweiz – zur Sicherung seiner Neutralität grosses Gewicht auf eine aktive Aussenpolitik und auf Friedensinitiativen. Direkt an der Konfrontationslinie zwischen Osten und Westen gelegen und vom Trauma von 1938 geprägt, bemühte sich Österreich, seine Unabhängigkeit durch aktive Mitarbeit in den europäischen und internationalen Institutionen zu konsolidieren. 1956 wurde das Land Mitglied des Europarats, was seine Zugehörigkeit zur westlichen Welt unterstrich. Schon im Dezember 1955 war es der UNO beigetreten. Österreich stellte ab 1967 Blauhelmtruppen und gehörte 1973-1974 dem Sicherheitsrat an. 1972-1982 war der Österreicher Kurt Waldheim Generalsekretär der UNO. Dem Beispiel der Schweiz folgend, bewog Österreich zahlreiche internationale Organisationen, Wien zu ihrem Sitz zu wählen bzw. dort ihre Konferenzen abzuhalten, was eine gewisse Konkurrenz zwischen der Schweiz und Österreich bzw. Genf und Wien aufkommen liess. Namentlich die Erhebung Wiens zum dritten Sitz der UNO 1979 (nach New York und Genf) führte mehrfach zu Friktionen mit Bern.

Indem Österreich mit der Sowjetunion und den benachbarten Ländern des Ostblocks zahlreiche Kontakte auf diplomatischer, wirtschaftlicher und persönlicher Ebene herstellte sowie sich für Gipfeltreffen (1961 John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow, 1979 Jimmy Carter und Leonid Breschnew) und Abrüstungsverhandlungen (Strategic Arms Limitation Talks 1, Mutual Balanced Force Reduction ab 1973) als Verhandlungsort anerbot, gab es seiner Neutralität ein eigenes Profil. Diese aktive, durch Brückenschläge zwischen Ost und West bestimmte Neutralitätspolitik erregte in der öffentlichen Meinung der Schweiz ein gewisses Misstrauen. Eine weitgehend gemeinsame aussenpolitische Linie vertraten Österreich und die Schweiz hingegen im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), wo sie in der Gruppe der Neutralen und Blockfreien grossen Einfluss ausübten. Die historischen Bande zwischen Österreich und dem Donauraum begünstigten die frühe Anbahnung einer die Blockgrenzen übergreifenden mittelosteuropäischen Kooperation. Das Auseinanderbrechen des Ostblocks 1989 und die Regimewechsel in den Nachbarländern intensivierten die österreichische Ostpolitik noch, die auch für die Schweiz als Anregung diente. Während die Schweiz im Jugoslawienkonflikt Zurückhaltung übte, setzte sich Österreich aktiv für die schnelle Anerkennung der Nachfolgestaaten ein.

Die europäische Integration

Auch in diesem Bereich decken sich die österreichische und die schweizerische Politik nur teilweise. Österreich gehörte wie die Schweiz zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta). Angesichts seiner traditionellen Verflechtung mit dem deutschen Markt bemühte es sich nach dem Abbruch der Integrationsgespräche durch die Schweiz 1963 zeitweilig im Alleingang um die Assoziation mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Das 1972 zwischen den neutralen Staaten der Efta (Schweiz, Österreich und Schweden) und der Europäischen Gemeinschaft (EG) unterzeichnete Freihandelsabkommen betonte hingegen die gemeinsamen Positionen. Das EG-Binnenmarktprogramm von 1985 löste in Österreich eine breite Debatte über die europäische Integration aus, die 1989 in der Stellung eines offiziellen Beitrittsgesuchs mündete. Parallel dazu nahm Österreich wie die Schweiz an den Verhandlungen der Efta-Staaten über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) teil und trat diesem am 1. Januar 1994 bei. Ein Jahr später wurde das Land auch Mitglied der Europäischen Union (EU). Probleme zwischen der Schweiz und Österreich ergaben sich seither vor allem aus der ungleichen Verteilung des Strassenverkehrs zwischen Brenner und Gotthard.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern blieben aber gut. So sprach zum Beispiel der Bundesrat im Jahr 2000, als mehrere EU-Länder wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ bzw. Jörg Haiders starken Druck auf Österreich ausübten, der österreichischen Regierung in einem Communiqué sein grundsätzliches Vertrauen aus und empfing trotz Protesten der schweizerischen Linken die österreichische Aussenministerin Benita Ferrero Waldner und später auch den österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Umgekehrt ratifizierte Österreich als erstes EU-Land die Bilateralen I und setzte sich während seiner EU-Präsidentschaft 2006 auch für die Bilateralen II ein.

Wirtschaftsbeziehungen

Aussenhandel der Schweiz mit Österreich 1890-2015
Aussenhandel der Schweiz mit Österreich 1890-2015 […]

Die schweizerisch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen waren grossen Schwankungen unterworfen. Nach dem Wiederaufbau und der Wiedererlangung der Souveränität konnte Österreich seinen Aussenhandel diversifizieren, wobei dem Osthandel während des Kalten Kriegs eine grössere Bedeutung zukam als in der Schweiz. 1986 lag sein Anteil an den Exporten bei 10,5% und an den Importen bei 8,5% (Schweiz 3,1% bzw. 2%). Auf dem Weltmarkt hingegen war der Anteil der Schweiz viel grösser als jener Österreichs. In den ersten Jahren der Efta intensivierten sich die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern. Der Freihandelsvertrag von 1972 begünstigte dann die Handelsströme zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland. 2007 importierte die Schweiz Waren für rund 8,1 Mrd. Franken aus Österreich, während sie Güter für rund 6,3 Mrd. exportierte; sie rangierte damit auf der Liste der wichtigsten Abnehmer wie auf derjenigen der wichtigsten Lieferanten Österreichs jeweils an vierter Stelle. Die österreichischen Direktinvestitionen in der Schweiz beliefen sich nach einer Vervielfachung ab 2004 im Jahr 2007 auf knapp 58 Mrd. Franken, womit Österreich hinter den Niederlanden und den USA an dritter Stelle lag. Die schweizerischen Direktinvestitionen in Österreich betrugen gut 8 Mrd. Franken. Ende des gleichen Jahres wohnten in der Schweiz 33'994 österreichische Staatsangehörige. In Österreich wurden 13'904 Schweizer Staatsbürger gezählt, darunter 8033 Doppelbürger.

Kulturelle Beziehungen

Plakat für die Ausstellungen österreichischer Meisterwerke in Zürich, 1946 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Plakat für die Ausstellungen österreichischer Meisterwerke in Zürich, 1946 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern). […]

Die im Juni 1945 gegründete und von Jean Rudolf von Salis geleitete Gesellschaft zur Förderung der kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und der Schweiz hatte den Zweck, die Bindungen zu reaktivieren und zu pflegen und zur Wiedergeburt der österreichischen Kultur beizutragen. Einen Höhepunkt bildeten zweifellos die Ausstellungen von Meisterwerken aus Österreich, die 1946 im Zürcher Kunsthaus und im Kunstgewerbemuseum stattfanden. In der Folge gingen die Initiativen eher von Wien aus; Österreich misst in seiner Aussenpolitik der Kultur grosse Bedeutung bei. Viele kulturellen Beziehungen laufen über die Botschaften und Pro Helvetia, die Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Vorträge unterstützen. 1996, anlässlich der Jahrtausendfeier Österreichs, fand im Schloss Lenzburg eine Ausstellung über das Haus Habsburg statt. Viele Kontakte beruhten aber auch auf privater oder geschäftlicher Grundlage. So wurden österreichische Autoren regelmässig an die Solothurner Literaturtage eingeladen, und mehrere Schweizer Schriftsteller nahmen am Klagenfurter Literaturwettbewerb teil. Die Kontakte im Bereich der Wissenschaften (Stipendien, Gastprofessuren) sind durch ein Abkommen zwischen dem österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, den schweizerischen Universitäten und dem Bund geregelt. Im Alltag war die gegenseitige Wahrnehmung lange durch hartnäckige Klischees und eine gewisse Konkurrenz in unterschiedlichen Bereichen (Verkehr, Sport, Tourismus) bestimmt; diesbezüglich vermittelten die Schweiz und Österreich das Bild zweier Nachbarn, die sich den Rücken zukehren (Hans Thalberg). Daran dürfte auch die gemeinsame Durchführung des Fussballeuropameisterschaft-Turniers 2008 nur wenig geändert haben.

Quellen und Literatur

Allgemeines
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  • E. Bonjour, Die Schweiz und Europa, 8 Bde., 1958-88
  • R. Dannecker, Die Schweiz und Österreich-Ungarn, 1966
  • Schweiz-Österreich, hg. von F. Koja, G. Stourzh, 1986
  • Österreich-Schweiz, hg. von H. Thalberg, 1988
  • 700 Jahre Schweiz: Helvetia-Austria, Ausstellungskat. Wien, 1991
  • Schweiz und Österreich, hg. von U. Altermatt, E. Brix, 1995
Einzeldarstellungen
  • A. Wolf, Gegenüberstellungen der Volkswirtschaften Österreichs und der Schweiz im Rahmen der Weltwirtschaft, 1952
  • H. Zimmermann, Die Schweiz und Österreichs Anschluss an die Weimarer Republik, 1967
  • F. Koenig, Die Verhandlungen über die internat. Rheinregulierung im st. gall.-vorarlberg. Rheintal von den Anfängen bis zum schweiz.-österr. Staatsvertrag von 1892, 1971
  • H. Zimmermann, Die Schweiz und Österreich während der Zwischenkriegszeit, 1973
  • D. Witzig, Die Vorarlberger Frage, 1974
  • L. Kerekes, Von St. Germain bis Genf, 1979
  • J.-C. Favez, «Mozart, la broderie et les finances fédérales», in Innen- und Aussenpolitik, hg. von U. Altermatt, J. Garamvölgyi, 1980, 331-351
  • P. Schubert, Die Tätigkeit des k.u.k. Militärattachés in Bern während des Ersten Weltkriegs, 1980
  • R. Zaugg-Prato, Die Schweiz im Kampf gegen den Anschluss Österreichs an das Dt. Reich 1918-38, 1982
  • R. Kobam, Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und der Schweiz in den Jahren 1945-55, Diplomarbeit Wien, 1985
  • C. Graf, «Die polit. Beziehungen zwischen der Schweiz und Österreich nach 1945», in SQ 13/14, 1988, 129-161
  • Kultur - Weltbild - Alltagsleben, hg. von H.P. Meier-Dallach, 1991
  • H. Danzmayer, Kleinstaat auf der Suche nach Sicherheit, 1991
  • T. Schwendimann, Herausforderung Europa, 1993
  • C. Jenny, Konsensformel oder Vorbild?, 1995
  • A. Aerni, R. Agstner, Von der k.k. Gesandtschaft zur Österr. Botschaft, 2000
  • Veröff. UEK 20
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Jean-Jacques Langendorf; Judit Garamvölgyi: "Österreich", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.04.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/046995/2014-04-09/, konsultiert am 19.03.2024.