In der Regel werden unter Wagen vierrädrige Fuhrwerke verstanden, unter Karren solche mit nur zwei Rädern (Transportmittel). Karren sind beweglicher, vor einen Wagen können dafür mehrere Zugtiere gespannt werden. Die Verbreitung von Wagen und Karren hing stets vom Gelände und vom Zustand der Strassen ab. Im Folgenden soll das gesamte Fuhrwerk, nämlich das Fahrzeug, die bewegenden Kräfte und die Anspannung behandelt werden (Transportgewerbe).
Zugtiere
Als bewegende Kräfte dienten Zugtiere wie Pferde, Ochsen und Kühe (Hausrind), Maultiere, Esel, Hunde, aber auch Menschen. Ochsen und vor allem Kühe waren als Zugtiere im Gütertransport bis ins 18. Jahrhundert und in der Landwirtschaft bis ins 19. Jahrhundert in der Überzahl. Pferde wurden zunächst eher für Personentransporte verwendet. Esel und Maultiere fanden in den Kantonen Wallis und Tessin eine grössere Verbreitung. Die Zug- und Tragkraft wurde hauptsächlich vom Gewicht der Tiere bestimmt. Pferde waren in der Antike und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchschnittlich von kleinerer Statur als heute. Zeitgenössische Annahmen gehen für das 18. Jahrhundert von 250-300 kg, für das 19. Jahrhundert von 250-350 kg und für den Beginn des 20. Jahrhunderts von 375 kg als Durchschnittsgewicht aus. Die auf die maximale Tagesleistung bezogene ausdauernde Zugkraft eines Pferdes betrug ca. ein Fünftel seines Körpergewichts und die ausdauernde Tragkraft ein Viertel bis ein Drittel des Körpergewichts bei einem Durchschnittstempo von ca. 4 km/h. Die zeitgenössische Literatur geht für die Ochsen von ungefähr gleich grosser Zugkraft, jedoch von einem um ca. ein Drittel langsameren Durchschnittstempo aus.
Entwicklung der Fuhrwerke
Frühgeschichte
Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz sind aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit verschiedene Räder und weitere Zeugnisse des Wagen- bzw. Karrentransports überliefert. Die ältesten sind jungsteinzeitliche Scheibenräder aus dem 3. Jahrtausend v.Chr., die fest mit der drehenden Achse verbunden waren. Aus der Bronzezeit (2200-800 v.Chr.) sind auch Speichenräder und starre Achsen mit unabhängig drehenden Rädern bezeugt. In der älteren Eisenzeit wurden schon eiserne Felgen- und Nabenreifen verwendet. Neben zweirädrigen Karren sind auch vierrädrige Wagen für die Steinzeit zu vermuten und für die Bronze- und für die Eisenzeit nachzuweisen. Aus römischer Zeit ist eine Vielzahl von Darstellungen zwei- und vierrädriger Wagen mit oder ohne Zugtiere erhalten.
Mittelalter
Eine wichtige Innovation des Mittelalters war das Beschlagen der Zug- und Saumtiere. In Mitteleuropa ist die Beschlagung von Pferden ab dem 9. Jahrhundert fassbar. Erst dank Huf- und Ochseneisen konnten die Zugtiere auf harter Wegoberfläche regelmässig über längere Distanzen schwere Lasten ziehen. Als Zuggeschirre sind zunächst Joche überliefert. Die Verbreitung des Kummets stellte eine weitere bedeutende Entwicklung dar. Die ältere Forschung sah darin eine frühmittelalterliche Erfindung und den entscheidenden technischen Fortschritt. Mit dem Kummet vergleichbare Geschirre und auch bewegliche Vorderachsen oder der Achssturz waren jedoch schon in der Antike bekannt. Zwischen Wagen und Zugtier brachte das Ortscheit oder die Zugwaage, das bewegliche Querholz zwischen Wagen und Geschirrsträngen, ab dem 13. Jahrhundert einen Fortschritt. Weitere Neuerungen betrafen die Rad- und Wagenkonstruktion, die Schrägstellung der Räder gegenüber der Achse ab dem 14. Jahrhundert und die Schrägstellung der Speichen gegenüber der Nabe ab dem 15. Jahrhundert, wodurch die Räder entscheidende Stabilität gegen seitlichen Druck gewannen. Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts verbreitete sich die bewegliche Vorderachse. Auf den Chausseen war sie für den gewerblichen Transport vorgeschrieben. Vor allem mit den grossen Deichselwagen setzte sie sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch.
Neuzeit
In der Neuzeit wurden zunehmend Eisenteile in der Achs-, Drehgestell- und Radkonstruktion verwendet, etwa für Eisenbeschläge von Achsschenkeln und Nabenscheiden, Drehnagel, Nabenringe und Felgenreifen. Diese Neuerungen verbesserten allerdings nur die Transportbewegung, nicht die Ladekapazität. Die Tragkraft der hölzernen Achsen blieb bis ins 18. Jahrhundert die entscheidende Beschränkung der Transportmittel. Trotzdem geht man für den Zeitraum von Ende des 16. Jahrhunderts bis Ende des 18. Jahrhunderts von einer Verdreifachung der Ladekapazität eines Lastwagens aus. Zolltarife lassen auf ein durchschnittliches Ladungsverhältnis zwischen Saum-, Karren- und Wagentransporten von 1:2:4 schliessen. Schon für das 15. Jahrhundert sind erste Metallachsen nachgewiesen. Diese Neuerung setzte sich wegen der hohen Kosten und der aufwendigen Reparaturen jedoch erst im 19. Jahrhundert durch. Der Wagen- und Karrentransport beschränkte sich bis ins 18. Jahrhundert hauptsächlich auf kürzere Distanzen. Die Chausseen des 18. und die Kunststrassen des 19. Jahrhunderts machten die wachsende Bedeutung des Wagenverkehrs möglich und brachten ein Vordringen der Pferde als Zugtiere. Die verdichteten Schotterschichten der modernen Strassen verringerten den Rollwiderstand, so dass zum Transport der gleichen Last nurmehr die Hälfte bis ein Fünftel der vorher notwendigen Zugkraft nötig war. Dank besseren Strassenverhältnissen, den technischen Neuerungen im Wagenbau und Erfolgen in der Pferdezucht war ein Zugpferd in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Lage, in ebenem Gelände eine Last von 1000-1500 kg zu ziehen.
Ab dem 16. Jahrhundert brachte vor allem der Personentransport Innovationen im Fahrzeugbau. Die Repräsentationsfunktion der gefederten Kutschen war ein wichtiger Faktor. Die gewöhnlichen Wagen des Personenverkehrs waren der spätmittelalterliche Kobelwagen, der spätere Stellwagen und im 19. Jahrhundert der Omnibus. Die Bedürfnisse der Oberschicht, vor allem die wachsende Reisemobilität, führten zu einer Ausdifferenzierung der Konstruktion. Die Aufhängung des separaten Wagenkastens am Fahrgestell ermöglichte dessen Federung und somit einen sanfteren Transport der Passagiere. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden Blattfedern eingesetzt, ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zudem Eisenachsen und Gussnaben, im 19. Jahrhundert Kugellager und Radbremsen. England und Frankreich führten im Kutschenbau. Die Serienproduktion verlieh der Fahrzeugentwicklung eine besondere Dynamik. Die grösste Verbreitung erreichten die Kutschen in der Schweiz im ausgebauten Postkutschennetz und die Omnibusse im Stadtverkehr der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eisenbahnen und Automobile verdrängten ab Mitte des 19. Jahrhunderts bzw. ab Beginn des 20. Jahrhunderts Wagen und Karren. Konstruktionstechnisch erreichten die Kutschen und Frachtwagen bezeichnenderweise in jenen Jahrzehnten einen Höhepunkt, als ihre Verdrängung bereits begonnen hatte. Die Fuhrwerke wurden ab den 1850er Jahren von den mittleren und längeren wieder auf die kurzen Distanzen verwiesen. Das aufgrund der Eisenbahnen um ein Vielfaches gestiegene Verkehrsaufkommen steigerte jedoch die Zahl der Fuhrwerke auf vorher nie erreichte Höhen. Diese wurden endgültig erst durch die Automobile abgelöst, ab dem frühen 20. Jahrhundert im Personenverkehr, ab den 1920er Jahren im Güterverkehr und ab den 1940er Jahren in der Landwirtschaft.
Quellen und Literatur
- F. Glauser, «Ochsen und Pferde», in Beitr. zur alpinen Passgesch., hg. von E. Rizzi, 1987, 109-121
- Das Rad in der Schweiz vom 3. Jt. v.Chr. bis um 1850, Ausstellungskat. Zürich, 1989
- M.-C. Amouretti, «L'attelage dans l'antiquité», in Annales: économies, sociétés, civilisations 46, 1991, 219-230
- SPM 3, 299-306
- Wege und Gesch., 2007, Nr. 1 (Themenh.: Die Zeit der Kutschen)
- H.-U. Schiedt, «Kapazitäten des Fuhrwerkverkehrs im 18. und 19. Jh.», in Verkehrsgesch., hg. von H.-U. Schiedt et al., 2010, 121-136