de fr it

HannaSahlfeld-Singer

17.10.1943 Flawil, reformiert, von Nennigkofen. Politikerin, erste sozialdemokratische Nationalrätin des Kantons St. Gallen.

Hanna Sahlfeld-Singer an ihrem ersten Tag als Nationalrätin im Bundeshaus. Fotografie vom 13. Dezember 1971 (KEYSTONE, Bild 337138551).
Hanna Sahlfeld-Singer an ihrem ersten Tag als Nationalrätin im Bundeshaus. Fotografie vom 13. Dezember 1971 (KEYSTONE, Bild 337138551). […]

Hanna Singer, Tochter des Werner Singer, Webermeisters, und der Margrith geborene Hohl, Hausfrau, besuchte die Primar- und Sekundarschule in Flawil sowie die Kantonsschule in St. Gallen und studierte dann evangelische Theologie in Zürich, Basel und Wien. Nach ihrem Praktikum in Oberhelfenschwil wurde sie 1969 ordiniert. Am 22. September 1968 heiratete sie Rolf Sahlfeld. Ab November desselben Jahrs hatte sie eine Teilzeitstelle für pfarramtliche Tätigkeiten in Altstätten inne, wo ihr Mann Pfarrer war.

1970 hielt Hanna Sahlfeld-Singer eine 1.-August-Rede über das Frauenstimmrecht, die ihr ein Jahr später – nach dessen Annahme suchten die Parteien nach Kandidatinnen – einen Platz auf der Liste der Sozialdemokratischen Partei (SP) für die Nationalratswahlen eintrug. Nach ihrer Wahl musste sie aufgrund des aus der Zeit des Kulturkampfs stammenden kirchlichen Ausnahmeartikels von 1874 (Artikel 75 Bundesverfassung), der Bürger geistlichen Stands aus dem Parlament ausschloss, ihre Anstellung bei der Kirche aufgeben, um ihr Mandat wahrzunehmen. Sie gehörte zu den Parlamentarierinnen der ersten Generation und war die erste sozialdemokratische Nationalrätin des Kantons St. Gallen. 1972 gebar sie ihr zweites Kind, womit sie die erste Frau war, die während der Amtszeit im Bundesparlament Mutter wurde. Im Nationalrat machte Sahlfeld-Singer sich für einen besseren Mieterschutz, die Einführung eines Zivildiensts, die erleichterte Einbürgerung von Flüchtlingen sowie die Einführung von Tempo 40 innerorts stark und kritisierte die tiefen Löhne, die schweizerische Firmen in Südafrika ihren Arbeiterinnen und Arbeitern zahlten.

Trotz der Wiederwahl 1975 verzichtete Sahlfeld-Singer auf eine weitere Legislaturperiode. Da ihr Ehemannder seine Stelle in Altstätten aufgegeben hatte, wegen seiner deutschen Herkunft und ihres politischen Engagements keine Stelle als Pfarrer im Kanton St. Gallen gefunden hatte, war das Ehepaar zunächst nach Wil umgezogen, von wo aus Rolf Sahlfeld in den Kanton Zürich pendelte. Die Familie wurde von Verwandten unterstützt, bis sie im Herbst 1975 beschloss, in die Bundesrepublik Deutschland umzuziehen. 1976-2003 war Sahlfeld-Singer Schulpastorin für evangelische Religionslehre am Erzbischöflichen Gymnasium St. Angela in Wipperfürth in Nordrhein-Westfalen. Sie nahm kein Parteiamt mehr an, setzte sich aber weiter für Entwicklungspolitik und Ökumene ein, so 1981 als Mitgründerin der Ökumenischen Initiative Weltladen. Unter anderem für dieses Engagement wurde sie 2003 mit dem ersten Bürgerpreis der Christlich Demokratischen Union Wipperfürth ausgezeichnet. Im Ruhestand zog Sahlfeld-Singer nach Barsinghausen bei Hannover (Niedersachsen).

Quellen und Literatur

  • Boos, Susan: "Zu früh am richtigen Ort", in: Widmer, Marina; Witzig, Heidi (Hg.): Blütenweiss bis rabenschwarz. St. Galler Frauen – 200 Porträts, 2003, S. 328-329.
  • Graf, Karl (Hg.): Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen, 1971-2009, 2010, S. 53.
Weblinks
Kurzinformationen
Variante(n)
Hanna Singer (Taufname)
Hanna Sahlfeld (Ehename)
Lebensdaten ∗︎ 17.10.1943

Zitiervorschlag

Fabienne Amlinger: "Sahlfeld-Singer, Hanna", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.06.2019. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/058082/2019-06-12/, konsultiert am 18.04.2024.