17.8.1906 Freiburg, 23.7.1989 Freiburg, katholisch, von Delley, nach der Heirat von Romont (FR) und Sommentier. Vorkämpferin des Frauenstimmrechts im Kanton Freiburg.
Madeleine Emma Thévoz war das vierte Kind des Felix Thévoz, Dienstchefs der kantonalen Polizeidirektion, und der Marie Jeanne geborene Pinget, Hausfrau und Dichterin. Der Vater gehörte der Konservativen Volkspartei an; Politik war ein wichtiges Thema in der Familie. Madeleine Emma Thévoz hatte fünf Brüder, darunter Jacques Thévoz, und eine Schwester. Nach der Grundausbildung bei den Ursulinen wurde sie auf Wunsch der Eltern mit 16 Jahren Primarlehrerin (Diplom 1923) und musste, um die Ausbildung der Brüder mitzufinanzieren, ihren Lohn zuhause abliefern. Sie übte diesen herausfordernden Beruf – ihre erste Klasse zählte 57 Kinder – von 1924 bis 1930 aus. Nebenbei studierte Thévoz an der Universität Freiburg Französisch, Latein und Pädagogik und schloss 1931 mit dem Lizenziat ab. Danach unterrichtete sie am Freiburger Kollegium Heilig Kreuz.
Madeleine Emma Thévoz heiratete 1940 Philippe Jules Joye, einen Neffen von Paul Joye. Ihr Mann war als Verwaltungsmitarbeiter im Bereich Fotochemie tätig, unter anderem für die Freiburger Niederlassung der Firma Ilford. Sie hatten zusammen die 1941 geborenen Zwillinge Philippe und Charles. Aufgrund eines Irrtums des Spitals wurde Charles nach der Geburt mit einem anderen Säugling vertauscht. Sechs Jahre später wurde die Verwechslung von der Familie Joye-Thévoz aufgedeckt. Madeleine Emma Joye-Thévoz verarbeitete diese traumatische Erfahrung in ihrem 1952 erschienenen Buch Il n'était pas mon fils, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Neben ihren familiären Verpflichtungen und ihrer Tätigkeit als Lehrerin bildete sie sich in audiovisuellen Sprachlehrmethoden weiter und besuchte Kurse in Besançon und Zagreb.
Joye-Thévoz engagierte sich im Kampf für das Frauenstimmrecht im Kanton Freiburg. Bereits mit 18 Jahren besuchte sie Kursangebote der Schweizer Frauenrechtsbewegung. Sie unterrichtete ihre Freiburger Schülerinnen in Staatsbürger(innen)kunde, machte sie mit feministischer Literatur bekannt und erteilte sogenannte Cours d’expression mit dem Ziel, das Argumentieren zu üben. Zusammen mit anderen Pionierinnen der Frauenbewegung wie Anne Reichlen-Gellens gründete sie 1947 die Freiburger Feministische Vereinigung, die bald in Freiburger Verband für das Frauenstimmrecht umbenannt wurde und eine Sektion des Schweizerischen Verbands für Frauenstimmrecht (SVF) bildete. Joye-Thévoz, die politisch der katholischen bürgerlichen Mitte angehörte, war 1952-1967 Präsidentin des freiburgischen sowie 1962-1967 Vorstandsmitglied des schweizerischen Verbands. Im Vorfeld der nationalen Volksabstimmung zum Frauenstimm- und -wahlrecht 1959 betrieb sie im Kanton Freiburg eine intensive Lobbyarbeit und verpflichtete erstmals den Staatsrat zu einer Stellungnahme zum Thema. Joye-Thévoz exponierte sich im Abstimmungskampf, in dem sie mit der Rechtsgleichheit von Mann und Frau argumentierte. Der Grund für die Ablehnung der Vorlage durch die Freiburger Stimmbürger 1959 war die mächtige politische Gegnerschaft – die Bauernorganisationen sprachen sich gegen das Frauenstimmrecht aus, die bürgerlichen Parteien beschlossen Stimmfreigabe und die offizielle katholische Kirche schwieg. Auch als Mitglied im Staatsbürgerlichen Verband katholischer Schweizerinnen kämpfte Joye-Thévoz für die politischen Rechte der Frauen. Daneben war sie auch in der Kantonalen Vereinigung der Primar- und Sekundarlehrerschaft und im Freiburger Kino-Klub aktiv, engagierte sich im Bereich des Konsumentenschutzes, im Vorstand der regionalen Migros-Genossenschaft und in der Freiburger Wirtschaftsförderung.