9.5.1911 Glarus, 15.9.1996 Glarus, reformiert, von Tuggen. Krankenschwester, Leiterin eines Kinderheims in Vichy-Frankreich und Fluchthelferin während des Zweiten Weltkriegs.

Rösli Näf, Tochter des Kondukteurs Peter Alois Näf und der Rosa geborene Sieber, wuchs zusammen mit drei Geschwistern in Glarus auf. Sie war unverheiratet und hatte keine Kinder. Nach der Sekundarschule arbeitete sie als Dienstmädchen in Genf sowie in Lugano und verbrachte ab 1929 zwei Jahre in England. Zurück in der Schweiz absolvierte sie 1931-1932 in einer Privatklinik in Meiringen und anschliessend in der Klinik Burghölzli in Zürich eine Ausbildung zur Psychiatriepflegerin. 1934-1939 arbeitete Näf im Spital von Albert Schweitzer in Lambarene (Französisch-Äquatorialafrika, heute Gabun). 1941-1943 leitete sie das von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder gegründete und ab Anfang 1942 der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) unterstehende Kinderheim in La Hille bei Toulouse, in welchem vorwiegend jüdische Kinder und Jugendliche untergebracht waren. Im Sommer 1942 gelang es der Heimleitung, für 22 Jugendliche ein Einreisevisum für die USA zu beschaffen. Als im August 1942 rund 40 Jugendliche sowie drei ebenfalls jüdische Mitarbeitende aus dem Heim verhaftet und ins Internierungslager Le Vernet gebracht wurden, verhinderte Näf mit der Hilfe des SRK-Delegierten Maurice Dubois und dessen Frau Ellenor ihre Deportation in ein Vernichtungslager. Näf versuchte in Bern erfolglos, Hugo Remund, den Leiter der SRK-Kinderhilfe, von der Notwendigkeit einer Aufnahme der gefährdeten Kinder in der Schweiz zu überzeugen. Als im Dezember erneut eine Deportation drohte, verhalf Näf, unterstützt von den SRK-Mitarbeiterinnen Germaine Hommel und Renée Farny, vielen Jugendlichen in kleinen Gruppen zur Flucht und zum illegalen Übertritt in die Schweiz. Damit widersetzte sie sich den offiziellen Weisungen des SRK. Als deutsche und französische Polizisten eine Flüchtlingsgruppe verhafteten, flog das Unternehmen auf. Das SRK wertete Näfs Engagement nicht als einen Akt humanitärer Hilfe, sondern als Verstoss gegen seine geltenden Regeln und entliess sie aus dem Dienst.
Sie kehrte in die Schweiz zurück, betreute eine Kolonie von Gastkindern in Oberägeri und erwachsene Flüchtlinge in Genf. Ferner wirkte sie in Neukirch an der Thur beim Aufbau eines Volksbildungsheims mit. Nach Kriegsende lebte Näf längere Zeit auf einem Bauernhof in Dänemark, den sie gemeinsam mit einer Bekannten bewirtschaftete. Den Winter 1953-1954 verbrachte sie wiederum in Lambarene. Ab 1987 lebte sie in Glarus, wo sie Kranke und Betagte aus ihrem Bekanntenkreis pflegte. Eine Ehrung in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als Gerechte unter den Völkern lehnte Rösli Näf 1989 aus Bescheidenheit ab. Erst als 1992 auch Germaine Hommel geehrt wurde, nahm sie diese Auszeichnung an. 1998, zwei Jahre nach ihrem Tod, wurde Näf vom SRK rehabilitiert.