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GeorgetteTentori-Klein

26.7.1893 Winterthur, 21.9.1963 Lugano, reformiert, von Basel, nach der Heirat italienische Staatsangehörige. Textilkünstlerin, Bildhauerin und Puppenspielerin.

Georgette Tentori-Klein in ihrem Atelierhaus in Barbengo, porträtiert 1954 vom Zürcher Fotografen Max Buchmann (links) und um 1958 während eines Besuchs von Vertreterinnen des internationalen Lyceum Clubs Lugano (Fondazione Sciaredo, Barbengo; Fotografien Associazione archivi riuniti delle donne Ticino, Massagno, Fondo Georgette Tentori-Klein).
Georgette Tentori-Klein in ihrem Atelierhaus in Barbengo, porträtiert 1954 vom Zürcher Fotografen Max Buchmann (links) und um 1958 während eines Besuchs von Vertreterinnen des internationalen Lyceum Clubs Lugano (Fondazione Sciaredo, Barbengo; Fotografien Associazione archivi riuniti delle donne Ticino, Massagno, Fondo Georgette Tentori-Klein).

Georgette Klein war die Tochter des Ingenieurs und Sulzer-Direktionsmitglieds Rudolf Klein sowie der Geigerin Louise geborene Châtelain. Zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Marcelle wuchs sie in grossbürgerlichen Verhältnissen in Winterthur auf, wo sie bis 1912 die Schulen besuchte. Danach studierte sie Germanistik und Romanistik an der Universität Zürich und doktorierte 1919 mit einer Arbeit über den deutschen Dichter Ferdinand Freiligrath. Mit Marcelle, der sie zeitlebens eng verbunden blieb, unternahm sie zahlreiche Reisen in die Hauptstädte Europas. In Genf besuchte sie ausserdem Kurse am Institut Jaques-Dalcroze.

Ab 1920 widmete Klein ihr Leben ganz der Kunst und der Musik: An der Kunstgewerbeschule Zürich war sie Schülerin beim Holzbildhauer Carl Fischer und schuf erste Marionetten (Figurentheater), am Konservatorium Zürich studierte sie Geige bei Willem de Boer; zudem spielte sie im Musikkollegium Winterthur. Sie trat dem Schweizerischen Werkbund (SWB) bei, stellte am Kunstmuseum Winterthur Stickerei- und Webarbeiten aus und stand in Kontakt mit Winterthurer Vertreterinnen und Vertretern der modernen Architektur sowie des Schweizerischen Marionettentheaters. An der ersten Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit Saffa 1928 zeichnete sie für das Firgurentheater verantwortlich und konzipierte den Eröffnungsumzug.

Noch im gleichen Jahr zog Georgette Klein nach Barbengo in den Palazzo Triulzi, den ihr Vater ein Jahr zuvor erworben hatte, und richtete dort ihr «Atelier Geo» ein. Mit der räumlichen Entfernung begann auch die Entfremdung vom bürgerlich-konservativen Lebensstil ihrer Eltern: Sie machte sich einen Namen als Künstlerin, Puppenspielerin und Bildhauerin und lernte den zehn Jahre älteren Elektriker und Weinbauer Luigi Tentori kennen, mit dem sie die Liebe zur Natur verband. Als Klein trotz des Widerstands der Eltern an dieser Verbindung festhielt, kam es zum endgültigen Bruch mit Vater und Mutter. Ihr grösstes Vorhaben wurde die Casa Sciaredo, ein von ihr entworfenes Atelierhaus, das sie gemeinsam mit Tentori auf einer abgeschiedenen Anhöhe über Barbengo errichtete. Hier – im ersten Tessiner Wohnhaus im Stil des Neuen Bauens – richtete sich das Paar, das kinderlos bleiben sollte, nach seiner Hochzeit 1932 ein. Als Verantwortliche für die Sektion visuelle Kunst des internationalen Lyceum Clubs Lugano bewegte sich Georgette Tentori-Klein bald in der lokalen Künstlergemeinschaft und stellte ihre Marionetten – in Ausdruck wie Kleidung künstlerisch eigenständige Werke –, Holzskulpturen (Bildhauerei) und ihre Textilkunst in Lugano (Kursaal) und Winterthur aus.

Ansichten der Casa Sciaredo und des Atelierraums, aufgenommen im November 2020 (Fondazione Sciaredo, Barbengo; Fotografien Gabriele Clara Leist).
Ansichten der Casa Sciaredo und des Atelierraums, aufgenommen im November 2020 (Fondazione Sciaredo, Barbengo; Fotografien Gabriele Clara Leist).

Den eigenen Schaffensprozess dokumentierte die Künstlerin in 101 Heften mit tagebuchartigen Einträgen in französischer, deutscher und italienischer Sprache – eine wichtige Quelle zu ihrem Leben und ihren kulturellen Bezügen. Früh verband Tentori-Klein in den textilen Werken Ornament und moderne Kunst. Auch gelang ihr im Entwurf der Casa Sciaredo, der von Ideen des Bauhauses und Le Corbusiers gleichermassen beeinflusst war, ein Dialog zwischen der achitektonischen Grundform und deren natürlicher Umgebung.

Georgette Tentori-Klein lebte bis zu ihrem Tod in Barbengo; Luigi Tentori war bereits 1955 nach langer und schwerer Krankheit verstorben. Den Nachlass vermachte die Künstlerin ihrer Schwester Marcelle; nach deren Tod gelangte dieser an den Kanton Zürich und floss 1996 in die neu gegründete Fondazione Sciaredo. Das Haus wurde 1999 und 2016 renoviert und dient seither als Wohnatelier, Arbeits- und Inspirationsort für Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende.

Quellen und Literatur

  • Klein, Georgette: Freiligrath. Eine Erscheinung aus der Stilgeschichte, 1919. 
  • Associazione archivi riuniti delle donne Ticino, Massagno, Raccolta documentaria Donne ticinesi, Georgette Tentori-Klein (mit ausführlichen biografischen Angaben).
  • Meyer, Lukas; Piattini, Ina (Hg.): Casa Sciaredo, 2007.
  • Macconi, Chiara; Raggi-Scala, Renata (Hg.): Georgette Tentori-Klein, ein Leben als Solistin, 2014.
Weblinks
Kurzinformationen
Variante(n)
Geo (Pseudonym)
Georgette Klein (Taufname)
Georgette Klein Tentori
Lebensdaten ∗︎ 26.7.1893 ✝︎ 21.9.1963

Zitiervorschlag

Chiara Macconi: "Tentori-Klein, Georgette", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.12.2022, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/060157/2022-12-22/, konsultiert am 24.03.2025.