14.3.1929 Basel, 10.7.2010 Appenzell, katholisch, von Appenzell. Malerin, Zeichnerin und politische Aktivistin.

Sibylle Neff war die uneheliche Tochter der Maria Bertha Ulmann, Handstickerin, und des Felix Hautle und kam in Basel als Sibylle Hautle zur Welt. Sie wuchs in Appenzell bei ihrer Mutter in ärmlichen Verhältnissen und unter behördlicher Beobachtung auf. Nachdem die Mutter 1940 den Spengler Hermann Neff geheiratet hatte, verlangten Appenzeller Bürger von der Vormundschaftsbehörde die Unterbringung des Mädchens in einem Waisenhaus. Dagegen wehrten sich Mutter und Stiefvater aber erfolgreich. 1959 konnte Sibylle Neff, die als Künstlerin bis zu diesem Zeitpunkt ihre Bilder wegen des stigmatisierenden Nachnamens nur mit dem Vornamen signiert hatte, den Namen ihres Stiefvaters annehmen und behielt diesen, da sie ledig blieb. Sie hatte keine Kinder.
Neff entdeckte früh ihre Begeisterung und Begabung für die Malerei. Ihr Mentor und Lehrer war der Bauernmaler Johann Baptist Zeller, dessen Malutensilien sie übernahm, als dieser starb. Als erste Innerrhoder Frau malte sie im Stil der traditionellen Bauernmalerei. 1951 wurde Neff ohne Aufnahmeprüfung, nur durch das Vorlegen ihrer Arbeiten an der Kunstgewerbeschule in St. Gallen aufgenommen, doch brach sie ihr Studium aus finanziellen Gründen nach vier Monaten ab. Zurück in Appenzell malte Neff weiter, verkaufte ihre Bilder erfolgreich und konnte bald von ihrer Kunst leben. Ihre Werke stiessen sowohl im In- wie auch im Ausland auf Interesse, wovon verschiedene Ausstellungen, Zeitungsartikel und ihre Teilnahme an der Triennale der Naiven Kunst in Bratislava 1966 und 1969 zeugen. Sie galt als eine der renommiertesten naiven Malerinnen ihrer Zeit. Gleichzeitig suchte sie die Überwindung traditioneller Formen und Themen und entwickelte ihren eigenen Stil. Als genaue Beobachterin malte sie die Welt gleichermassen realistisch und idyllisch und komponierte ihre Bilder als Geschichten, die auch schwierige Facetten des Lebens und politische Themen aufgriffen. Eindrücke und Gedanken hielt sie ausserdem in literarischen Notizen, Sprüchen und Tagebüchern fest.

Zeit ihres Lebens führte Neff einen Kampf gegen die Innerrhoder Behörden, von denen sie sich seit der versuchten Anstaltseinweisung in ihrer Kindheit wiederholt ungerecht behandelt fühlte. Sie führte Rechtsstreite – die sie teilweise auch gewann –, intervenierte mit öffentlichen Protesten und hängte an ihrem Haus am Landsgemeindeplatz Plakate auf, auf denen sie Amtswillkür und Vetternwirtschaft karikierte. Ihre Meinung äusserte sie auch in Leserbriefen und Zeitungsinseraten; 1977 setzte sie sich am Fernsehen für den wegen Landesverrats verurteilten Jean-Louis Jeanmaire ein. 1990, in der Zeit der Frauenstimmrechtsdiskussionen in Appenzell, warf sie während der Landsgemeinde Porzellanteller aus dem Fenster. Sibylle Neff wurde 1971 in Oto Bihalji-Merins Standardwerk Die Naiven der Welt aufgenommen. 1994 erschien ein Dokumentarfilm über ihr Leben und 1999 zeigte das Museum Appenzell eine Sonderausstellung anlässlich ihres 70. Geburtstags. 2007 erhielt Neff den Innerrhoder Kulturpreis für ihr künstlerisches Lebenswerk. Kurz vor ihrem Tod errichtete sie eine Stiftung, der sie einen Teil ihres Nachlasses vermachte.