11.3.1916 Genf, 6.1.2008 Genf, reformiert, von Carouge (GE). Anthropologin, Pädagogin und Pionierin auf dem Gebiet der frühkindlichen Erziehung.

Germaine Duparc wuchs als einzige Tochter des Architekten Etienne Duparc und der Kindergärtnerin Emma geborene Lugon in Genf auf; ihre Familie stand humanistischen Ideen und der Reformpädagogik nahe. Duparcs Schulzeit begann 1921 in der Versuchsschule Maison des Petits, in der auch ihre Mutter unterrichtete, und fand ihren Abschluss 1935 mit der Matura an der Höheren Töchterschule in Genf. Anschliessend studierte sie an der Universität Genf Biologie mit den Schwerpunkten Anthropologie und Urgeschichte (Lizenziat 1937). 1942 erwarb Duparc einen Doktortitel in Anthropologie bei Eugène Pittard, in dessen Laboratorium sie 1937-1939 ehrenamtlich assistiert hatte. Da sie als Frau in jener Zeit keine feste Anstellung an einer Universität erhielt, unterrichtete sie 1938-1945 als Gymnasiallehrerin Naturwissenschaften, vor allem am Collège Calvin. Germaine Duparc war unverheiratet und hatte keine Kinder.
1942 wurde ihr von Mina Audemars und Louise Lafendel die Leitung der Maison des Petits angeboten, die von diesen gegründet und 1913 von Edouard Claparède als Versuchsschule des Instituts Jean-Jacques Rousseau eröffnet worden war. Nach dem Erwerb eines Diploms in Pädagogik an der philosophischen Fakultät (1943) und eines Patents als Kindergärtnerin (1944) führte sie dann von 1945 bis 1978 die Maison des Petits. Bei ihrer aktiven pädagogischen Betätigung standen stets die Bedürfnisse des Kindes im Mittelpunkt des Lernprozesses; aus ihrer Arbeit gingen zahlreiche Veröffentlichungen hervor, darunter auch ein Liederbuch. Germaine Duparc genoss internationale Anerkennung und gehörte zu den Gründerinnen des Schweizer Nationalkomitees der Organisation mondiale pour l’éducation préscolaire (Omep). Ab 1945 war sie Lehrbeauftragte am Institut für Erziehungswissenschaften unter der Co-Leitung von Jean Piaget; die Mitarbeit in dessen Laboratorium für experimentelle Psychologie lehnte sie zur Wahrung der eigenen Unabhängigkeit stets ab. Mit ihrer Berufung zur Professorin am Institut für Erziehungswissenschaften erlangte Duparc 1960 auch die akademische Anerkennung. Sie wurde 1974 zur ordentlichen Professorin an der Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften sowie 1980 zur Honorarprofessorin der Universität Genf ernannt. Neben der Lehrtätigkeit ging sie weiterhin ihrem ursprünglichen Beruf als Anthropologin und Prähistorikerin nach und nahm zwischen 1938 und Ende der 1960er Jahre regelmässig an archäologischen Ausgrabungen in der Dordogne teil. Ruth Dreifuss, ihrer ehemaligen Schülerin im Maison des Petits, blieb sie eng verbunden; mit der Bundesrätin pflegte Duparc in den 1990er Jahren einen regen Austausch.