de fr it

AlbertinaEscher

um 1842 (offiziell am 15.6.1845) Plantage Buen Retiro bei Artemisa, nach 1891 Havanna, katholisch. Freigelassene Sklavin des Plantagenbesitzers Friedrich Ludwig Escher.

Albertina Escher war die Tochter der Serafina, einer als criolla bezeichneten, d.h. auf Kuba geborenen Sklavin im Haushalt Friedrich Ludwig Eschers (genannt Fritz), dem Besitzer der Kaffeeplantage Buen Retiro (Kaffee) nahe der kubanischen Stadt Artemisa (Kolonialismus, Sklaverei). Wahrscheinlich war Escher der Vater Albertinas, was die Forschung jedoch nicht restlos klären konnte. Uneheliche Kinder von Sklavenhaltern und Plantagenbesitzern waren eine weit verbreitete Realität. Ihre Biografien sind schwierig nachzuzeichnen, so auch das Leben Albertina Eschers. Kinder von Sklavinnen erbten üblicherweise den Status der Mutter. Die formal nicht bekannten Väter erschienen in Rechtsdokumenten oft als Paten (padrinos) und unterstützten ihre Kinder teilweise mit Geld und Beziehungen. Albertina, die von ihrem Vater nicht legitimiert wurde, erhielt bei ihrer Freilassung aufgrund des Testaments von Friedrich Ludwig Escher vom 23. November 1845 zusammen mit ihrer Mutter Serafina den bürgerlichen Nachnamen ihres ehemaligen Besitzers.

Titelblatt und Auszüge aus dem Testament von Albertina Eschers mutmasslichem Vater Friedrich Ludwig Escher vom 23. November 1845 (Archivo Nacional de Cuba, Havanna, Fondo de Bienes de Difuntos, Escribanía de Cámera del Juzgado general de Bienes de Difuntos de la Real Audiencia Pretorial, del Licenciado D. Miguel F. de Porto, legajo 80, no. 1398. Testamentaria de D. Federico Luis Escher natural de Zurich en Suiza, Habana y Diciembre 23 de 1845, fol. 5r-9r; Scan Michael Zeuske).
Titelblatt und Auszüge aus dem Testament von Albertina Eschers mutmasslichem Vater Friedrich Ludwig Escher vom 23. November 1845 (Archivo Nacional de Cuba, Havanna, Fondo de Bienes de Difuntos, Escribanía de Cámera del Juzgado general de Bienes de Difuntos de la Real Audiencia Pretorial, del Licenciado D. Miguel F. de Porto, legajo 80, no. 1398. Testamentaria de D. Federico Luis Escher natural de Zurich en Suiza, Habana y Diciembre 23 de 1845, fol. 5r-9r; Scan Michael Zeuske). […]

Heinrich (Enrique) Steiner, der Aufseher über Buen Retiro, der seit 1839 bei Escher arbeitete und die Plantage nach dessen Tod im Dezember 1845 faktisch führte, versuchte zunächst durch ein Betrugsmanöver die testamentarischen Verfügungen Eschers zu umgehen, indem er Serafina als Ceferina, eine kurz zuvor verstorbene Sklavin, ausgab. Escher hatte aber mit einem seiner Nachlassverwalter, dem Hamburger Kaufmann Heinrich Gätke, die Abmachung getroffen, dass dieser sich um Serafina und Albertina kümmern würde. Serafina erhielt noch in Artemisa die Freilassungsdokumente (libertad testamentaria) für sich und ihre Tochter sowie deren Taufzeugnis (fe de bautismo). Diesem Taufzeugnis zufolge kam diese am 15. Juni 1845 zur Welt, wobei es sich hier um eine Erfindung des Taufpriesters handeln dürfte. Nach dem Tod ihrer Mutter am 10. November 1846 nahm Heinrich Gätke Albertina Escher mit nach Havanna, wo sie in einer reichen, sklavenbesitzenden, «nicht weissen» Elite aufwuchs. In ihrem Testament von 1862 bestimmte Belén Samuel, eine wohlhabende Frau dieser Schicht, Albertina Escher zur Teilerbin. Sie vermachte ihr Häuser, Geschäfte, Sklaven und Sklavinnen sowie ein beträchtliches Vermögen. Wegen Anfechtungen von Gläubigern sollte sich die Auszahlung jedoch bis nach 1891 hinziehen. Escher erhielt schliesslich nur einen Teil des Erbes, unter anderem mehrere Sklaven.

1862 heiratete Albertina Escher den als pardo libre beschriebenen Schneider Vicente María Escolástico Calderón. Pardo war im kolonialen Jargon eine alternative Bezeichnung für das abwertende mulato und wurde speziell für reiche, «nicht weisse» Personen verwendet; libre bedeutet frei. Calderón war das illegitime Kind eines Vertreters der einflussreichen und mächtigen kreolischen Aristokratie von Havanna. Das Paar lebte mit seinen vier Kindern in einem grossen Haus im elitären Teil des Belén-Viertels von Havanna. 1869 starb Albertina Eschers Ehemann. Mit 24-27 Jahren Witwe geworden, kämpfte sie über zwei Jahrzehnte lang um die volle Erbschaft Samuels. Am 13. März 1891 liess Albertina Eschers Sohn José María Ignacio Calderón Escher eine kostspielige Kopie des Testaments von 1862 anfertigen. Darin taucht ihr Name zum letzten Mal auf.

Quellen und Literatur

  • Archivo Nacional de Cuba, Havanna, Fondo de Bienes de Difuntos, Escribanía de Cámera del Juzgado general de Bienes de Difuntos de la Real Audiencia Pretorial, del Licenciado D. Miguel F. de Porto, legajo 80, no. 1398, Testamentaria de D. Federico Luis Escher natural de Zurich en Suiza, Habana y Diciembre 23 de 1845.
  • Archivo Nacional de Cuba, Havanna, Protocolos de Juan de Requeyra, Bd. 3 (268), 1875, Fol. 1667r-1683r, Division y adjudicacion de bienes D.a Ysabel Laroque y herederos de D. Henrique Gatke.
Weblinks
Kurzinformationen
Variante(n)
Albertina
Alejandrina Escher
Aupertina Escher
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ um 1842-1845 ✝︎ nach 1891

Zitiervorschlag

Michael Zeuske: "Escher, Albertina", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 26.08.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/061725/2024-08-26/, konsultiert am 17.09.2024.