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CarolinaFaesch

CarolineWeldon

4.12.1844 Kleinbasel​16.3.1921 Brooklyn (New York), reformiert, ab 1892 katholisch, von Basel. Auswanderin in die USA, Kunstmalerin und Vermittlerin in der «Indianerfrage».

Die einzige bekannte Fotografie von Carolina Faesch (sitzend) mit ihrer Freundin Aline Estoppey, aufgenommen von Estoppeys Schwiegersohn Henry Sauerländer im Garten der Estoppeys in Mount Vernon, New York, am Ostersonntag 4. April 1915 (Image Collection Daniel Guggisberg).
Die einzige bekannte Fotografie von Carolina Faesch (sitzend) mit ihrer Freundin Aline Estoppey, aufgenommen von Estoppeys Schwiegersohn Henry Sauerländer im Garten der Estoppeys in Mount Vernon, New York, am Ostersonntag 4. April 1915 (Image Collection Daniel Guggisberg).

Carolina Faesch war das jüngste von drei Kindern des Milizhauptmanns und Bannwarts Johann Lucas Faesch und der Anna Maria Barbara geborene Marti. Die Familie zählte – entgegen ihren Vorfahren (Faesch) – nicht mehr zur Basler Elite. Infolge ihrer zerrütteten Ehe zog die Mutter 1849 mit Carolina nach Biederthal im Elsass, liess sich scheiden und reiste 1852 mit ihr zu ihrem neuen Partner, dem Arzt Karl Valentiny, nach Brooklyn (Auswanderung). Dort genoss sie eine profunde schulische Ausbildung. Die Begegnung mit einem Indigenen weckte das Interesse der Jugendlichen an der «Indianerfrage» und der diesbezüglichen US-Politik sowie an der Sklaverei und an Philosophie. Als 1863 in New York während des Sezessionskriegs gewalttätige Aufstände losbrachen (Draft Riots), zog Carolina Faesch in die Schweiz und kehrte erst 1865 in die Vereinigten Staaten (USA) zurück. Sie heiratete 1866 den Arzt Claude Schlatter, trennte sich 1876 wieder von ihm und wurde 1883 geschieden. Mit Christopher Stevenson hatte sie 1877 einen Sohn namens Christie, den sie allein aufzog.

Bereits 1874 sympathisierte Faesch mit den Hunkpapa und deren Anführer Tatanka Iyotake (Sitting Bull), als eine Expedition unter George Armstrong Custer in den Black Hills – den heiligen Bergen der Sioux – auf Gold stiess und die US-Regierung daraufhin Verträge mit den zuvor dorthin verwiesenen Indigenen brach. Dank dem Erbe ihrer Mutter frei von finanziellen Sorgen, trat sie unter dem neuen Namen Caroline Weldon der National Indian Defense Association (Nida) bei, die sich – von Quäkern gegründet – zwar für die Rechte der indigenen Bevölkerung einsetzte und zahlreiche Missstände aufdeckte, zugleich aber auf deren Integration in die christliche Siedlergemeinschaft hinarbeitete. Aus den kollektiven Gemeinschaften sollten Farmer hervorgehen, die individuellen Landbesitz bewirtschafteten und die indigene Kultur und Lebensweise aufgaben. Im Dakota-Territorium wurde sie Nida-Vermittlerin sowie Beraterin von Tatanka Iyotake. 1889 half sie den Hunkpapa bei den Verhandlungen mit der Regierung im Zusammenhang mit der Landabtretung infolge des Dawes Act. Mehrfach musste Weldon die Widerstände der «Indianeragenten» überwinden und verleumderische Presseberichte erdulden. Sie informierte die Nida und Journalisten in New York über die Zustände bei den Hunkpapa, die an einer Hungersnot litten und sich durch die Geistertanzbewegung (Ghost Dance) gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zur Wehr setzten. Es handelte sich hierbei um einen Kult, mit dem die Indigenen gegen die staatliche Assimilierungspolitik kämpften. Als Caroline Weldon durch ihre Vermittlungstätigkeit das Vertrauen von Tatanka Iyotake verlor, musste sie wegziehen. Auf der Rückreise starb ihr Sohn Christie an einer Sepsis. Innerlich gebrochen beschwor sie Tatanka Iyotake in Briefen, die Auseinandersetzung mit den Behörden zu vermeiden. Ende 1890 wurde dieser von der «Indianerpolizei» ermordet, die sich im Reservat Standing Rock aus katholisch gewordenen Hunkpapa zusammensetzte, die mit US-Behörden kooperierten. Weldons fortgesetzte Vermittlung in der «Indianerfrage» schlug sich in zunehmend neutralen und diversifizierten Presseberichten im Osten der USA nieder. Ab 1916 verschlechterte sich Weldons Gesundheitszustand zusehends, 1921 starb sie in Brooklyn an den Folgen eines Wohnungsbrandes.

Von Carolina Faesch gemalte Porträts von Tatanka Iyotake (Sitting Bull), signiert mit Caroline Weldon, 1890. Links: Brustbild, 69 x 56 cm (Privatsammlung; Fotografie Image Collection Daniel Guggisberg); rechts: Ganzfigur, 62 x 51 cm (State Historical Society of North Dakota, Bismarck, 12319).
Von Carolina Faesch gemalte Porträts von Tatanka Iyotake (Sitting Bull), signiert mit Caroline Weldon, 1890. Links: Brustbild, 69 x 56 cm (Privatsammlung; Fotografie Image Collection Daniel Guggisberg); rechts: Ganzfigur, 62 x 51 cm (State Historical Society of North Dakota, Bismarck, 12319). […]

Unter Einsatz ihrer Kontakte versuchte Caroline Weldon, zum Verständnis der Situation der indigenen Bevölkerung in South Dakota beizutragen, jedoch mit wenig Erfolg. Letztere erhielt kein Recht auf Souveränität. Von den Indigenen, darunter Tatanka Iyotake, soll sie anerkennend Tokaheya máni win («die Frau, die vorangeht») genannt worden sein. Ihre überlieferten Aufzeichnungen wiederspiegeln einen differenzierten Blick auf die «Indianerfrage» und auf die eigenständigen Führungspersönlichkeiten ohne naive Verherrlichung oder einseitige Opfersicht. Die literarische und filmische Rezeption ihres Lebens ist beachtlich, wenn auch nicht frei von Verklärung.

Quellen und Literatur

  • Tacoma Daily News, 15.1.1891.
  • The Bismarck Tribune, 21.3.1921.
  • Schweizerisches Geschlechterbuch, Bd. 6, 1936, S. 164-180.
  • Pollack, Eileen: Woman Walking Ahead. In Search of Catherine Weldon and Sitting Bull, 2002.
  • Menrath, Manuel: Mission Sitting Bull. Die Geschichte der katholischen Sioux, 2016.
  • Nordwestschweiz, 25.10.2017.
  • Brunnschweiler, Thomas: «Sitting Bulls rechte Hand kam aus Basel», in: BirsMagazin, 2017/3, S. 52-55.
  • Brunnschweiler, Thomas: Die Zwischengängerin. Das abenteuerliche Leben der Susanna Carolina Faesch, 2021.
  • bz – Zeitung für die Region Basel, 23.7.2022.
  • NZZ am Sonntag, 28.5.2023.
  • Rautenberg, Marius: «Skandal im 19. Jahrhundert. Wie die Schweizerin Caroline Weldon das Schicksal von Sitting Bull mitbestimmte», in: National Geographic, 6.3.2023 (Online-Ausgabe).
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF
Kurzinformationen
Variante(n)
Catherine Weldon (falsche Variante)
Susanna Carolina Faesch (Taufname)
Susanna Carolina Schlatter (Ehename)
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ 4.12.1844 ✝︎ 16.3.1921

Zitiervorschlag

Samuel M. Schüpbach-Guggenbühl: "Faesch, Carolina", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.07.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/062084/2024-07-19/, konsultiert am 03.10.2024.