um 1750 Saint-Domingue, 10.2.1826 Yverdon, möglicherweise reformiert, staatenlos. Sklavin in der Karibik, Bedienstete im Haus der de Treytorrens in Yverdon.
Pauline Buisson kam in den 1770er Jahren aus der französischen Kolonie Saint-Domingue (Haiti) nach Yverdon. Das Datum ihrer Ankunft ist nicht gesichert; die Quellen nennen das Jahr 1771 sowie das Jahr 1776. Ihre Eltern waren mutmasslich von Zentralafrika nach Saint-Domingue verschleppt und dort versklavt worden (Überseehandel). In Saint-Domingue war Buisson Sklavin im Besitz des Kolonialoffiziers in französischen Diensten und Plantagenbesitzers David-Philippe de Treytorrens (Sklaverei), der sie gemeinsam mit dem ebenfalls versklavten François Mida († 1797) nach Yverdon brachte. Dort lebte sie fortan als Bedienstete im Haushalt der de Treytorrens, dem nach dem Tod von David-Philippe zuerst dessen Bruder Jean-Rodolphe (1715-1791), dann die Schwester Rose-Madeleine de Treytorrens (1717-1801) und schliesslich der entfernte Cousin Abraham-Rodolphe-Henri-Louis de Treytorrens (1764-1835) vorstanden.
Buisson wurde 1790 ledig Mutter von Samuel Hippolyte Buisson († 1832); als Vater nennen die Quellen einen französischen Bediensteten namens Le Bel. Wie seine Mutter blieb der als Schuhmacher tätige Samuel Buisson zeitlebens staatenlos (Bürgerrecht). Ein 1791 gestelltes Naturalisierungsgesuch der sich obhutspflichtig erklärenden Familie de Treytorrens wurde von der bernischen Obrigkeit mit Verweis auf die «Gesichts- und Leibesfarbe» des Kinds abgewiesen (Rassismus). Spätere Anläufe scheiterten am jahrzehntelangen, schliesslich gerichtlich ausgetragenen Konflikt zwischen der Gemeinde Yverdon und der Familie de Treytorrens über Verantwortung und Kosten einer Einbürgerung.
Im Jahr 1783 kam es auf dem Anwesen der de Treytorrens (genannt Bains neufs, später Villa d’Entremonts) zu einer Begegnung zwischen Pauline Buisson und dem Göttinger Naturforscher Johann Friedrich Blumenbach. Ab 1787 erwähnte sie Blumenbach in seinen Schriften als erste und prägende in einer Serie von Begegnungen mit Schwarzen, die ihn zur Überzeugung gebracht hätten, dass sich die verschiedenen menschlichen «Varietäten» morphologisch nur graduell voneinander unterschieden und alle Menschen gleich bildungsfähig seien. Diese Überzeugung stand in einem Spannungsverhältnis zu seiner Annahme, wonach unter den von ihm identifizierten Hauptvarietäten die europäische («kaukasische») die ideale, historisch ursprüngliche Form sei, von der sich die übrigen («orientalisch», «indianisch», «malaiisch», «äthiopisch») durch Umwelteinflüsse wegentwickelt hätten. Damit vertrat Blumenbach – im Gegensatz zu (späteren) Rassentheoretikern wie Louis Agassiz – das Postulat einer durch gemeinsame Abstammung gegebenen Einheit der Menschheit (Monogenismus), auf dessen Grundlage er sich trotz eurozentrischer Ausrichtung gegen die Sklaverei und den Sklavenhandel aussprach (Abolitionismus).
Von Blumenbach stammt die Aussage, Pauline Buisson sei «weit und breit in der welschen Schweiz als die beste Hebamme berühmt». Die Richtigkeit dieser Darstellung hat sich bisher nicht nachweisen lassen; zur von Jean-André Venel 1778-1780 unmittelbar neben dem Anwesen der de Treytorrens betriebenen Hebammenschule sind Verbindungen denkbar, aber nicht belegt. Verschiedene Aspekte lassen eine solche Tätigkeit als möglich erscheinen, unter anderem der Umstand, dass auf Saint-Domingue ein ausdifferenziertes Heilwesen bestand und versklavte Frauen als Hebammen arbeiteten, sodass Buisson über die entsprechende Fertigkeit oder Ausbildung verfügt haben könnte. Im Zeitraum liegt für die Waadt keine vollständige Registratur praktizierender Hebammen vor, die Blumenbachs Aussage belegen oder widerlegen würde.
Die Quellen zeichnen das Bild einer zu Lebzeiten sowohl in der Region, als auch in gelehrten Kreisen bekannten Unbekannten. Dafür steht exemplarisch der Umstand, dass Blumenbach sie in seinen Schriften hervorhebt, aber nicht bei ihrem Namen nennt. Auch wenn aufgrund der lückenhaften Quellenlage viele Fragen zu Buissons Biografie offen bleiben, geben die vorhandenen Dokumente einen seltenen Einblick in die Präsenz und Wahrnehmung schwarzer Menschen in der neuzeitlichen Schweiz.