28.11.1937 Lausanne, 23.11.2019 Orbe, katholisch, von Echallens. Arbeiterin in der Uhrenindustrie, Gewerkschafterin, Initiantin des Frauenstreiks von 1991.
Liliane Bandini war die Tochter des aus Florenz stammenden Uhrenarbeiters Aldo Bandini und der Uhrenarbeiterin Jeanne geborene Gaillard, von Echallens. Sie wuchs mit einer Schwester im Vallée de Joux auf. 1943-1953 besuchte sie die Schulen in L'Orient und Le Sentier. Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage ihrer Eltern blieb ihr der schon in jungen Jahren gehegte Wunsch nach höherer Bildung verwehrt. Stattdessen absolvierte sie 1953-1956 eine Ausbildung an der Uhrmacherschule des Vallée de Joux und arbeitete in der Uhrenindustrie zunächst als Régleuse, später als ausgebildete Uhrmacherin. 1957 heiratete sie Francesco Valceschini, Sohn des Giovanni Valceschini und der Angelina geborene Carminatti, aus dem italienischen Brembilla in der Provinz Bergamo, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Arbeiter in die Schweiz gekommen war. Das Paar hatte drei Söhne und lebte im Vallée de Joux. Trotz ihrer familiären Verpflichtungen gab Liliane Valceschini ihre Berufstätigkeit niemals auf, sondern verlegte sie auf die Heimarbeit.
Mit der Begründung, dass bereits ihr Ehemann und ihre Tochter in derselben Fabrik arbeiteten und sie daher kein zusätzliches Geld benötige, wurde Bandinis Mutter eine Gehaltserhöhung verweigert. Diese ungerechte Behandlung veranlasste Liliane Bandini bereits mit 17 Jahren, sich gewerkschaftlich zu engagieren (Gewerkschaften) und machte sie ausserdem zu einer unermüdlichen Aktivistin für die Sache der Frauen (Feminismus). Von Anbeginn war sie im Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverband (Smuv, später Unia) aktiv und leitete als erste Frau die Smuv-Sektion des Vallée de Joux, der sie 18 Jahre vorstand. 1990 brachte sie an einer Gewerkschaftsversammlung ihre Wut darüber zum Ausdruck, dass die seit 1981 in der Verfassung verankerte Gleichstellung von Frau und Mann insbesondere beim Lohn noch immer nicht eingehalten wurde. Sie entwickelte zusammen mit einigen Kolleginnen die Idee eines Frauenstreiks und legte das Projekt der Gewerkschaftsführerin Christiane Brunner vor. Diese war sofort von dem gut begründeten Vorhaben überzeugt und unterbreitete es dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB), der nach zahlreichen Diskussionen schliesslich zustimmte. Der Frauenstreik vom 14. Juni 1991, den Liliane Valceschini initiiert hatte, wurde zu einem zentralen Ereignis der Geschichte der Schweizer Frauenbewegung. Einige Jahre später kündigte sie aus Solidarität mit ihren Arbeitskolleginnen aufgrund einer Lohnungleichheit ohne zu zögern ihre Stelle. Sie übernahm daraufhin ein Hotel mit Restaurant in L'Orient. Nach fünf Jahren kehrte sie in die Uhrenbranche zurück und engagierte sich erneut und bis zu ihrer Pensionierung in der Gewerkschaft.
Liliane Valceschini hat sich um die Frauenrechte in der Schweiz verdient gemacht, indem sie sich für die Lohngleichheit, das Stimm- und Wahlrecht, die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und die Mutterschaftsversicherung einsetzte. Der Waadtländer Staatsrat ehrte sie 2012 für ihre Verdienste im Kampf um die Frauenrechte. Noch wenige Monate vor ihrem Tod nahm sie 2019 aktiv am zweiten Frauenstreik teil.