13.9.1865 Rothenbrunnen, 3.4.1962 Antwerpen, von Rothenbrunnen, ab 1906 niederländischer Staatsbürger. Söldner und Offizier in der niederländischen Kolonialarmee.
Aufgewachsen in Rothenbrunnen als Sohn des Landwirts Johann Christoffel und der Catharina geborene Battaglia, trat Hans Christoffel 1882 in die Kantonsschule in Chur ein. Ohne diese abzuschliessen, reiste er 1884 über Italien und Deutschland nach Harderwijk in die Niederlande. Dort meldete er sich 1886 für einen sechsjährigen Dienst in der niederländischen Kolonialarmee (Königlich Niederländisch-Indische Armee, Knil) in Niederländisch-Ostindien (Indonesien). Ein Jahr nach seiner Ankunft auf Java wurde Hans Christoffel 1887 zum Korporal befördert und als Quartiermeister auf die Molukken versetzt (Fremde Dienste). Nachdem er 1892 seinen Vertrag um weitere zwei Jahre verlängert hatte, folgte seine Versetzung nach Aceh an die Nordwestspitze Sumatras, wo die Kolonialarmee seit 1873 einen zermürbenden Krieg führte (Kolonialismus).
In den folgenden Jahren war Christoffel nunmehr an vorderster Front ins Kriegsgeschehen involviert und stieg bis zum Unterleutnant auf. Ab 1902 gehörte er dem Gendarmeriekorps zu Fuss (Korps Maréchaussée te voet) an. Diese Spezialeinheit bestand aus einheimischen Soldaten und europäischen Offizieren und war im Aceh-Krieg mit Anti-Guerilla-Operationen beauftragt. Von Februar bis Juli 1904 nahm Christoffel als Leutnant an einem Feldzug ins gebirgige Hinterland Sumatras teil. Um jeden Widerstand im Keim zu ersticken, gingen die niederländischen Spezialeinheiten mit äusserster Gewalt vor. Sie töteten rund 2900 Männer, Frauen und Kinder, schätzungsweise 20 Prozent der einheimischen Gajo- und Alas-Bevölkerung. Das gewaltsame Vorgehen des Militärs stiess bei europäischen Politikern und Journalisten auf heftige Kritik. So bezeichnete etwa der niederländische, katholische Parlamentsabgeordnete Victor de Stuers die Kolonialtruppen als eine «Bande von Bluthunden». Doch Christoffels Karriere schadete dies keineswegs. Ab 1905 führte er eine eigene Brigade, die den Übernamen colon matjan (Tigerkolonne) erhielt. Diese Einheit war auf lange Verfolgungsjagden von widerständigen Gruppierungen spezialisiert. Folter, Hinrichtungen und Entführungen von Familienangehörigen gehörten zum Standardrepertoire. Auch die übrige Zivilbevölkerung blieb nicht verschont. Es folgten Einsätze 1905 auf Borneo, 1906 auf Sulawesi, 1907 als Hauptmann erneut in Aceh, wo seine Truppen den Anführer des Batak-Widerstands, Si Singamangaraja XII. erschossen, und von 1907 bis 1908 auf Flores.
Wohl vorwiegend aus Karrieregründen liess sich Christoffel 1906 ausbürgern und nahm stattdessen die niederländische Staatsbürgerschaft an. 1909 reiste er aus gesundheitlichen Gründen nach Europa. Im selben Jahr heiratete er Adolphina Anna Maria Martha van Rijswijck, die Tochter des ehemaligen Bürgermeisters von Antwerpen Jan van Rijswijck. Seine Hochzeitsreise verbrachte das Paar in der Schweiz, unter anderem in Mürren. 1910 kehrte Christoffel nach Java zurück, quittierte Ende des Jahres jedoch den Dienst, nachdem sein Gesuch um eine weitere gesundheitsbedingte Beurlaubung abgelehnt worden war. Er arbeitete einige Jahre in Niederländisch-Ostindien als Konzessionsvermittler; 1930 liess sich das kinderlose Paar endgültig in Antwerpen nieder. Dem dortigen Museum hatte Christoffel bereits 1922 unzählige Objekte geschenkt, die er während seiner Zeit in Südostasien gekauft, gestohlen oder geraubt hatte.
Seine Vorgesetzten wussten um das brutale Vorgehen Christoffels, hielten jedoch trotz öffentlicher Kritik aus zivilen und militärischen Kreisen stets ihre schützende Hand über ihn. So auch nach dem verheerenden Feldzug auf Flores, bei dem seine Brigade ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung in sieben Wochen 700 Menschen getötet hatte. Der Einsatz führte zu einer internen Untersuchung, doch wurde Christoffel nicht verurteilt, sondern mit einem Ehrensäbel ausgezeichnet. Bei seinem Austritt gehörte er zu den höchstdekorierten Offizieren der Kolonialarmee. Er war Ritter des militärischen Wilhelmsordens 3. Klasse und erhielt den Orden vom Niederländischen Löwen. Aufgrund seines schnellen und aus militärischer Sicht erfolgreichen Vorgehens wurde er Anfang des 20. Jahrhunderts von der niederländischen und schweizerischen Presse zum Helden hochstilisiert. Nach seiner Dienstzeit wollte er sich nicht öffentlich zu seinen Taten äussern. Unter dem Einfluss seiner Frau wandte er sich der Theosophie und dem Pazifismus zu.