Im vordigitalen Zeitalter vernachlässigten die Historiker die filmischen Quellen weitgehend, weil zu deren Auswertung aufwändige technische Apparate notwendig waren und der Zugang zu den einzelnen, meist in nur wenigen Kopien überlieferten Filmen schwierig war. So bildete sich auch kein Konsens über die Formen der Quellenkritik heraus, der mit den etablierten methodischen Vorgaben bezüglich des Umgangs mit schriftlichen, bildlichen oder archäologischen Quellen auch nur annähernd vergleichbar wäre. Die Forschung liess deshalb die als notorisch unzuverlässig geltenden Filmquellen links liegen.
Zugänge zum audiovisuellen Kulturgut
Heute werden Filme für die Geschichtswissenschaft zunehmend wichtiger. Mit digitalen Archiven und den technischen Möglichkeiten des Internets hat sich der Zugang zur filmischen Quelle deutlich verbessert. So stehen der Forschung immer grössere Mengen an Filmbeständen zur Verfügung. Der Bedeutungsgewinn schlägt sich auch in der Entwicklung der Methoden nieder, mit denen die verschiedenen Filmtypen, deren Bandbreite von Dokumentationen über Tagesschaubeiträge bis zu Werbe- und Spielfilmen reicht, als historische Quellen bearbeitet werden. Dabei werden Filme immer als Abbild eines Ereignisses interpretiert, weil in ihnen eine oder mehrere Sichtweisen oder Interpretationen zum Ausdruck kommen. Bei der Auswertung von filmischem Material müssen Historiker deshalb versuchen, die unterschiedlichen Ebenen dieser konstruierten Narrative offenzulegen. Entscheidend ist die Frage, zu welchem Zweck bestimmte Sichtweisen dargestellt werden und auf wen sie zurückgehen.
Als multimediales Lexikon ist das HLS bestrebt, möglichst viele Filme für die Artikel fruchtbar zu machen. Dabei greift es vor allem auf wissenschaftlich erschlossene Bestände zurück und liefert in den Legenden zentrale Informationen für die Quellenkritik. Gleichzeitig öffnen die im HLS vorhandenen Artikel zur Film- und Fernsehgeschichte Zugänge zur Erforschung des audiovisuellen Kulturgutes (siehe Tabelle unten). Die Zusammenarbeit mit externen Partnern führt zur Überprüfung und schrittweisen Überarbeitung unseres Textkorpus. Im Kontext der Publikation von ersten Filmwochenschauen wurde zum Beispiel der Artikel Schweizer Filmwochenschau neu verfasst. Und im Zusammenhang mit der Auswertung von Leuzingers Filmarchiv aus den 1920er Jahren bereitet das HLS neben aktualisierten Biografien auch einen neuen Artikel "Wanderkino" vor.
Film und Ton
Zusammen mit den bewegten Bildern hält auch der Ton im HLS Einzug. Dass längst nicht alle Dokumente in allen Landessprachen synchronisiert oder untertitelt sind, stellt die Redaktion bei Auswahl und Aufbereitung von Tonfilmdokumenten vor neue Herausforderungen. Wegen des erhöhten Erklärungsbedarfs gilt es, den Leserinnen und Lesern eine "Hörhilfe" in Form einer etwas ausführlicheren Legende anzubieten, die es ihnen erleichtert, Beiträge in einer fremden Sprache anzuschauen.
Zusammenarbeit mit externen Partnern
Der Anfang ist gemacht. Möglich wurde die Aufschaltung der Filmdokumente nur dank der in den letzten Jahren verstärkten Zusammenarbeit mit den wichtigsten, für den Erhalt des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz verantwortlichen Institutionen. Eine zentrale Vermittlerrolle nimmt dabei der Verein Memoriav ein. So konnten für die ersten im HLS publizierten Filmbeispiele direkte Kanäle zur Cinémathèque suisse, zum Bundesarchiv und zu den Fernseharchiven von SRF, RTS und RSI genutzt werden.
Ausgewählte Artikel zur Geschichte des audiovisuellen Kulturgutes
Cinémathèque suisse | von Roland Cosandey |
Fernsehen | von Ursula Ganz-Blättler und Theo Mäusli |
Film | von Pierre Lachat |
Filmfestival | (Redaktion) |
Filmproduktion | von Felix Aeppli |
Kino | von Pierre Lachat |
Radio | von Edzard Schade |
Schweizer Filmwochenschau | von Thomas Schärer |
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft | von Edzard Schade |
Video | von Johannes Gfeller |
