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Tamins

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Trins, Bezirk Imboden. Geschlossene Siedlung nördlich des Zusammenflusses von Hinter- und Vorderrhein. Weiler und Schloss Reichenau gehören seit 1803 zu Tamins 1224 Tuminne, 1225 Tvminnis, 1399 Tumins, romanisch Tumein. 1850 770 Einwohner; 1888 585; 1900 863; 1930 618; 1950 781; 2000 1167.

Ur- und Frühgeschichte

Am Fuss des Hügelplateaus Crestis südwestlich des Dorfes Tamins wurden 1974 und 1976-1977 Funde einer spätneolithischen Station des 3. Jahrtausends v.Chr. entdeckt. Die grossen und zum Teil grobkeramischen Gefässe und die Stein- und Knochenartefakte lassen den Schluss zu, dass es sich kaum um einen ganzjährig benutzten Siedlungsplatz handelte, sondern eher um eine Anlage des sekundären Wirtschaftsbereichs.

Beim Strassenbau stiess man 1964 unterhalb des Kirchhügels auf ein Gräberfeld mit 63 Brandbestattungen. Die Gräber waren entweder grubenartig in den Grund eingelassen oder wiesen eine viereckige oder auch runde Steinumrandung auf. In der Regel waren sie mit einer oder mehreren Steinplatten zugedeckt. Die Gräber enthielten ein bis zwei Keramikgefässe als Beigaben, wobei ein Gefäss als Graburne diente, also den Leichenbrand und sporadisch vereinzelte verschmorte Bronzeobjekte (meist Schmuck) enthielt. Die Toten waren offensichtlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.

Die Keramikfunde des Gräberfeldes von Tamins lassen sich in zwei wesentliche Keramiktypen einteilen, einerseits eine rot bemalte und dunkel graphitierte Ware, die in eine ältere Eisenzeit (ca. 7.-6. Jh. v.Chr.) datiert, andererseits eine graue bis schwarze, häufig stempelverzierte Ware, welche auch schon als Taminserkeramik bezeichnet wurde und in eine Spätphase der älteren Eisenzeit (ca. 6.-5. Jh. v.Chr.) datiert. Die Taminserkeramik gehört zur eisenzeitlichen Alpenrheintalgruppe und zeichnet sich durch ausgesprochene Dünnwandigkeit aus. Typische Verzierungselemente bilden unter anderem Kreisaugenstempel, Girlandenmuster, Abrollmuster, aber auch lineare Verzierungen und fein gekerbte Leisten.

Mittelalter und Neuzeit

Tamins bildete im Mittelalter mit Trin und Reichenau die Herrschaft Trins, die ab 1616 Herrschaft Reichenau hiess und bis 1803 Bestand hatte. 1459 trennte sich Tamins kirchlich von Trin. 1492 wurde an Stelle einer älteren Kirche eine neue errichtet. 1540 erfolgte die Einführung der Reformation. Das Dorf lag am Kunkelspass, der vielleicht schon zur Römerzeit begangen wurde. 1799 wurde es von den Franzosen bis auf die Kirche völlig eingeäschert. Ein weiterer Brand zerstörte 1905 ein Viertel des Dorfes. Bis Mitte 19. Jahrhundert brachte die Flösserei von Reichenau bis zum Bodensee grossen Verdienst. 2000 waren rund zwei Drittel der Erwerbstätigen Wegpendler (v.a. nach Domat/Ems und Chur). Über 90% der Bevölkerung waren deutscher Muttersprache.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 4, 1942 (19752), 21-27
  • E. Conradin, «Das späthallstätt. Urnengräberfeld Tamins-Unterm Dorf in Graubünden», in JbSGUF 61, 1978, 65-155
  • M. Primas, «Archäolog. Unters. in Tamins GR: Die spätneolith. Station "Crestis"», in JbSGUF 62, 1979, 13-27
  • F. Jörimann, Sprachliches und Volkskundliches aus Tamins, 1982
  • B. Schmid-Sikimić, Mesocco Coop (GR): eisenzeitl. Bestattungsplatz im Brennpunkt zwischen Süd und Nord, 2002, 239-293
Weblinks
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Zitiervorschlag

Jürg Rageth; Linus Bühler: "Tamins", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001518/2013-12-03/, konsultiert am 29.03.2024.