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Invalidenversicherung (IV)

Die IV zahlt Renten bei Erwerbsunfähigkeit, die durch körperl. oder geistige Gesundheitsschäden infolge Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursacht wurde, und entrichtet Beiträge bei medizin., pädagog. und berufl. Eingliederungsmassnahmen. Seit den 1880er Jahren wurde sie immer als Einheit mit der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) gesehen (z.B. 1883 Arbeitertag, 1890 Ausarbeitung von Art. 34bis BV). In Art. 34quater BV erhielt sie 1925 ― im Gegensatz zur bundesrätl. Botschaft vom Juni 1919 ― nur zweite Priorität. Viele Behinderte blieben von familiärer oder karitativer Unterstützung abhängig. Für Blinde, Hörgeschädigte oder geistig Behinderte bestanden Einrichtungen der Fürsorge, die ab 1920 in der Pro Infirmis zusammenwirkten. Daneben zahlten Zweige der Sozialversicherung Invalidenrenten: die kant. Alters- und I. von Glarus (gegr. 1916), Pensionskassen, die Unfallversicherung und die Militärversicherung. Nur jene von Glarus stand der gesamten Bevölkerung offen. Namentlich Invalidität infolge Krankheit oder Geburtsgebrechen war kaum versicherbar.

Nach Einrichtung der AHV mehrten sich Vorstösse für eine IV; SP und PdA reichten 1955 Initiativen ein. Bundesrat, Expertenkomm. und Parlament handelten speditiv, so dass die IV bereits am 1.1.1960 in Kraft treten konnte. Sie schliesst sich materiell und organisatorisch weitgehend der AHV an (Kreis der Versicherten, Renten, Ausgleichskassen, Rechtspflege). Deren Entwicklung wirkte sich deshalb stark auf die IV aus, die zudem 1967, 1986, 1991 und 2003 eigenständige Revisionen erlebte.

Finanzen der Invalidenversicherung 1960-2005
Finanzen der Invalidenversicherung 1960-2005 […]

Vorrang räumt sie der Wiedereingliederung ins Erwerbsleben ein. Bei den Ausgaben dominieren aber Renten, die 1960 an 21'807, 1980 an 105'812 und 2000 an 221'899 Bezüger gingen (einfache Renten). Zusätzlich wurden noch bis Ende 2000, bis zur Überführung ins sog. Splittingsystem, Ehepaarinvalidenrenten gesprochen, die 1997 mit 14'643 ihr Maximum erreichten. Dabei begannen ab 1993 die Ausgaben (2000 8'718 Mio. Fr.) die Einnahmen (7'897 Mio. Fr.) deutlich zu übertreffen. Die Einnahmen liefern Bund und Kantone mit Subventionen (zusammen 2000 4'359 Mio. Fr.) sowie Versicherte und Arbeitgeber mit Beiträgen (zusammen 3'437 Mio. Fr.), die urspr. 0,4 Lohnprozenten, nach mehreren Erhöhungen ab 1995 1,4 Lohnprozenten entsprachen. Im Gefolge der Armeereform 1995 wurden 1998 2'200 Mio. Fr. aus der Kapitalreserve der Erwerbsersatzordnung (EO) zur I. transferiert.

Quellen und Literatur

  • G. Ochsner, Invalidenfürsorge und I. in der Schweiz, 1954
  • J.H. Sommer, Das Ringen um soziale Sicherheit in der Schweiz, 1978
Weblinks

Zitiervorschlag

Bernard Degen: "Invalidenversicherung (IV)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 26.01.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016612/2007-01-26/, konsultiert am 16.04.2024.