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Museen

Museen sind ständige private oder öffentliche Einrichtungen gemeinnütziger Art, deren Aufgaben das Sammeln, Bewahren, Erforschen, Interpretieren, Ausstellen und Vermitteln von materiellen Zeugnissen der menschlichen Kultur und Gegenständen der Natur sind. Als kulturelle Orte bieten sie Orientierungsmuster und Identifikation, während sie als Bildungsstätten einen Teil des kollektiven Gedächtnisses prägen. Seit den 1970er Jahren übernehmen sie vermehrt eine Unterhaltungsfunktion im Bereich der Freizeitindustrie.

Ihr Ursprung liegt in der Antike, vor allem in den Kunstsammlungen hellenistischer Fürsten und Roms. Der Begriff stammt vom griechischen mouseion, den Kultstätten für die neun Musen, und ging später auf das ptolemäische mouseion in Alexandria über, eine Forschungs- und Bildungsstätte aus dem 3. Jahrhundert v.Chr. Im 17. und 18. Jahrhundert wird der Begriff in Europa für Sammlungen von Kuriositäten und Naturalien, im 19. Jahrhundert vornehmlich für ein Gebäude verwendet, in dem Sammlungen der Wissenschaft und der Kunst untergebracht sind, während seit dem 20. Jahrhundert unter Museen zunehmend ein Ort der Identitätsbildung und der populären Wissensvermittlung zu den verschiedensten Themen verstanden wird.

Vorformen

In der Schweiz sind die frühesten Sammlungen in den Kirchen- und Klosterschätzen des Chorherrenstifts von Saint-Maurice (ab dem 7. Jh.), der Kathedralen von Chur und Sitten, der Stiftskirchen von Beromünster und Luzern sowie der Klöster von Disentis, Einsiedeln, Engelberg und des Grossen St. Bernhards erhalten. Ehemals bedeutende Kirchenschätze des Basler Münsters, der Kathedrale von Lausanne sowie der Stiftskirchen von Königsfelden, Muri und St. Gallen sind heute aufgelöst oder in Museen überführt. Wichtig für die Bildung früher Sammlungen von Artefakten und Naturalien waren auch die Bibliotheken der Stifte und Klöster. Die frühen Bibliotheken enthielten zum Teil Wunderkammern (in Zürich ab 1631 in der Wasserkirche, in Bern ab 1680 mit eigenem Saal für Kuriosa). Für spätere Museumsgründungen ebenfalls bedeutend waren die Zeughäuser, die es seit dem 15. Jahrhundert in den eidgenössischen Hauptorten gab und in denen Waffen, aber auch Beutestücke, Fahnen und Trophäen (Burgunderbeute) aufbewahrt wurden. Auch die Zünfte trugen mit ihren Sammlungen von Pokalen, Wappenbüchern und Meisterkränzen, die finanzielle Rücklagen der jeweiligen Korporationen darstellten, zur Bildung städtischer Sammlungen bei.

Die Kunstkammer in der Wasserkirche in Zürich. Rekonstruierende Darstellung in einer kolorierten Aquatinta von Franz Hegi, 1844 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Die Kunstkammer in der Wasserkirche in Zürich. Rekonstruierende Darstellung in einer kolorierten Aquatinta von Franz Hegi, 1844 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Grundlegend für die Entstehung einiger Museen sind aber die Kunst- und Kuriositätenkabinette, die wohlhabende Kaufleute und Gelehrte im 16. und 17. Jahrhundert mit der Absicht aufbauten, neben kostbaren Kunstwerken einen Mikrokosmos der damals bekannten Welt zu vereinen. In Basel haben sich zwei solche Kabinette erhalten: das Amerbach- (1662 vom Rat für die Universität erworben und 1671 öffentlich zugänglich gemacht) und das Faeschische Kabinett. In Zürich legte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Konrad Gessner eines der frühesten Naturalienkabinette der Schweiz an (heute nicht mehr erhalten), und Pfarrer Johann Jakob Wick trug aus Einblattdrucken, Flugblättern sowie eigenen und fremden Aufzeichnungen eine einzigartige (Bild-)Sammlung über Absonderlichkeiten der schweizerischen Kulturgeschichte zusammen, die sogenannte Wickiana (heute in der Zentralbibliothek Zürich). In Genf bildete Calvins 1559 gegründetes Collège den Kern für spätere Museen der Stadt, weil dessen Bibliothek auch Münzen, Mineralien, wissenschaftliche Instrumente und Bildnisse sammelte. 1725 entstand daraus eine Kunst- und Wunderkammer.

Entstehung der Sammlungen und Museen

Keimzellen der schweizerischen Museen sind nicht prunkvolle fürstliche Kunstsammlungen und Wunderkabinette, sondern die von Einzelnen geschaffenen oder in den frühbürgerlichen Vereinigungen (Gelehrte Gesellschaften) angeregten Sammlungen, etwa die von Johannes Gessner im Schosse der 1746 gegründeten Naturforschenden Gesellschaft aufgebaute naturwissenschaftliche Sammlung, oder die von der 1751 eröffneten Genfer Ecole de Dessin erworbenen Gipsabgüsse nach antiken Statuen sowie Altmeisterzeichnungen (ab 1776 mit Unterstützung der Société des Arts). Das in den aufklärerisch gesinnten Vereinigungen aufkeimende Nationalbewusstsein schlug sich während der Helvetik erstmals in einem Plan zu einem Nationalmuseum nieder. 1799 beschloss das Helvetische Direktorium auf Anregung Philipp Albert Stapfers, eine "Centralsammlung der Kunstsachen" einzurichten.

Nach dem Scheitern dieser Pläne lag die Initiative erneut bei den alten und neu entstandenen lokalen wissenschaftlichen Gesellschaften, historischen Vereinen, Kunstvereinen und Künstlervereinen, deren Mitglieder ein Bindeglied zwischen bürgerlicher Gesellschaft und staatlicher Verwaltung waren und zu Hauptträgern von Sammlungsorganisation und Museumsbestrebungen wurden. Für ihre Sammlungen, die vorerst in Schulen oder öffentlichen Gebäuden untergebracht waren, entstanden im Laufe des 19. Jahrhunderts teils von Privaten, teils von der öffentlichen Hand finanzierte Museen. Mit dem von Melchior Berry 1844-1849 errichteten Museumsbau an der Augustinergasse, in dem pragmatisch Ausstellungsräume mit Arbeitsräumen, einer Bibliothek und der Universitätsaula kombiniert wurden, übernahm die Stadt Basel als erste die Hauptkosten für ein Museum. Ähnliches realisierte das privat finanzierte Musée Arlaud in Lausanne (1841). Weitere Museen entstanden 1842 in Winterthur, 1859 in Frauenfeld, 1865 in Biel, 1873 in Freiburg, 1877 in Aarau. Sie verstanden sich als Ausdruck der demokratischen Errungenschaften im jungen Bundesstaat. Insbesondere die Industrie- und Gewerbemuseen (1862 in Lausanne, 1873 in Basel, 1874 in Winterthur, 1875 in Zürich, 1886 in St. Gallen) sollten mit ihren Mustersammlungen dem Kunsthandwerk und der industriellen Produktion zum Vorbild und zur Anleitung dienen.

Die Verschleuderung der Klostergüter und Kirchenschätze in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere aber der spekulative Verkauf "vaterländischer Alterthümer" auf dem Antiquitätenmarkt hatte in der zweiten Jahrhunderthälfte das Interesse an mittelalterlichem und frühneuzeitlichem Kulturgut geweckt und an verschiedenen Orten zur Bildung von mittelalterlichen Sammlungen und zur Gründung historischer Museen geführt. In diesem Kontext entstand nach einer fast zwanzigjährigen Diskussion 1898 das Schweizerische Landesmuseum in Zürich, das aber, weil es in Konkurrenz zu den grossen kantonalen Museen stand, seinem nationalen Anspruch nie ganz gerecht werden konnte. Auch private Stiftungen führten zu Museen, wie das 1870 von Friedrich Schwab in Biel durch Schenkung seiner ur- und frühgeschichtlichen Sammlung gegründete Museum Schwab oder das 1891 von Gustave Revilliod der Stadt Genf vermachte Musée Ariana. Diese frühen Privatstiftungen wirkten vor allem regional, während die 1890 gegründete Gottfried Keller-Stiftung seit Beginn einen nationalen Sammelauftrag wahrnimmt.

Als Reaktion auf die beschleunigte Industrialisierung und Urbanisierung an der Wende zum 20. Jahrhundert entstand im Gefolge der Heimatschutzbewegung (Heimatschutz) ein neuer Museumstyp, der vor allem aus dem Bewusstsein der bedrohten materiellen Hinterlassenschaft einer ländlichen Kultur wuchs. Der Wunsch, Sitten und Bräuche, Volkskunst und aussterbendes Handwerk der lokalen Bevölkerung zu dokumentieren, führte zu verschiedenen heimatkundlichen Museen (z.B. 1878 Heiden, 1879 Appenzell, 1895 Lichtensteig, 1917 Bulle, 1930 Langnau im Emmental). Daneben kam es zur Gründung vereinzelter Spezialmuseen wie in Bern 1905 dem Schweizerischen Alpinen Museum, 1907 dem Schweizerischen Postmuseum (ab 1949 Post-, Telegrafen- und Telefonmuseum, seit 1997 Museum für Kommunikation) und 1939 dem Schweizerischen Schützenmuseum (Sammlung von 1885).

Nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte sich die Bandbreite der Spezialmuseen beträchtlich. Museen wie das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern (1959) oder das Technorama in Winterthur (1982), die ihren Ursprung in den Maschinensammlungen der Gewerbemuseen haben, versuchten sich schon in der Namensgebung vom inzwischen als verstaubt aufgefassten Museumsbegriff abzusetzen. Firmensammlungen entwickelten sich über die Mustersammlungen hinaus zu Themenmuseen wie etwa das Alimentarium in Vevey (1985), das das Thema Ernährung enzyklopädisch abhandelt, oder das Musée international d'horlogerie in La Chaux-de-Fonds (1974).

Obwohl es bereits vorher bedeutende völkerkundliche Sammlungen gab (1793 Schenkung von John Webber in Bern, 1796 Sammlung von Charles-Daniel de Meuron in Neuenburg, 1837 Sammlung Lukas Vischer in Basel), kam es erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer verstärkten Sammeltätigkeit im Bereich aussereuropäischer Kunst und zur Neugründung von Museen dieser Ausrichtung (1952 Museum Rietberg Zürich, 1967 Abegg-Stiftung Riggisberg, 1977 Museum Barbier-Mueller in Genf). Hingegen brachten es die volkskundlichen Sammlungen nie zu einem Museum, das einen enzyklopädischen Überblick über die Volkskultur in der Schweiz geboten hätte. Ein Versuch in Burgdorf von 1995-2005 scheiterte.

Museumseröffnungen in der Schweiz

ZeitraumEröffnungen
vor 18007
1800-184915
1850-187934
1880-189925
1900-190924
1910-191919
1920-192919
1930-193932
1940-194932
1950-195967
1960-196980
1970-1979154
1980-1989203
1990-1999212
2000-200568
Museumseröffnungen in der Schweiz -  Verband der Museen der Schweiz; Josef Brülisauer

Auch Persönlichkeitsmuseen und Künstlerhäuser, die zum Teil schon um die Wende zum 20. Jahrhundert als Gedenkstätten am Geburts- oder Wirkungsort des Geehrten entstanden sind (z.B. 1898 Museo Vela in Ligornetto, 1910 Geburtshaus Huldrych Zwingli in Wildhaus, 1933 Richard-Wagner-Museum in Luzern-Tribschen), nahmen nach dem Zweiten Weltkrieg markant zu (u.a. 1960 Nietzsche-Haus in Sils Maria, 1966 Tell-Museum in Bürglen UR, 1976 Museum Bruder Klaus in Sachseln, 1980 Johanna-Spyri-Museum in Hirzel, 1982 und 1992 Kirchner Museum in Davos, 1991 Emma-Kunz-Museum in Würenlos, 1997 Museum Hermann Hesse in Montagnola, 2000 Centre Dürrenmatt in Neuenburg). Den grössten Zuwachs erlebten aber, bedingt durch das Verschwinden der bäuerlichen Welt und das Aufgehen der Dörfer in urbanen Agglomerationen, die Heimat- und Dorfmuseen (so für die Stadt Zürich 1926 Ortsmuseum Höngg, 1950 Ortsmuseum Mühle Albisrieden, 1973 Ortmuseum Studerhuus Altstetten, 1974 Ortsmuseum Schwamendingen, 1985 Ortsmuseum Wollishofen, 1987 Heimat- und Ortsmuseum Wiedikon).

In einer Gesellschaft, in der sich nicht nur der Museumsbesuch, sondern auch das Sammeln demokratisierte, entstanden auch Ein-Themen-Museen, die aus einer enzyklopädischen Sammlung zu einem Gegenstand bestehen (1990 Froschmuseum in Münchenstein, 1998 Puppenhausmuseum in Basel). Eine Sonderform unter den Museen sind die Universitätsmuseen, die auf Spezialsammlungen der jeweiligen Institute beruhen (1824 Anatomisches Museum Basel, 1915 Medizinhistorisches Museum der Universität Zürich, 1974 Antikensammlung Bern des Instituts für Archäologie).

Museumsbauten

Der erste Museumsbau der Schweiz, das von den Schwestern Jeanne-Françoise und Henriette Rath gestiftete Musée Rath (1826) in Genf ist ein klassizistischer Bau mit korinthischem Säulenportikus, der die erhabene Fassade des antiken Tempels vor das kubusförmige geschlossene Gebäude spannt. Bei vielen Museumsbauten des 19. Jahrhunderts dominiert die klassizistische Formensprache, die als Ausdruck des klassischen Bildungsideals verstanden wurde. Funktional entwickelte sich aus diesen klassizistischen und Neurenaissance-Bauten ein bestimmter Bautyp, bei dem zwei oder mehrere Sammlungen in einem Gebäude ausgestellt wurden: Kunstsammlungen wurden in den Oberlichtsälen über einem Naturkundemuseum (z.T. auch historisch-antiquarische Sammlung) untergebracht (1874 St. Gallen, 1902 Solothurn, 1916 Winterthur) oder über einer historischen Sammlung (1888 Neuenburg, 1906 Lausanne, Palais de Rumine, 1910 Genf, Musée d'art et d'histoire).

Mit dem Beginn der vaterländischen Sammlungen entstanden Museen im historistischen Stil, die sich an romantischen Interpretationen mittelalterlicher Burgen und Schlösser orientierten und mittelalterliche Spolien in ihre Fassaden einmauerten (1896 Historisches Museum Bern, 1906 Historisches Museum Altdorf), historische Bauten und ihre Funktionen integral musealisierten (1887 Schloss Chillon, 1936 Schloss Jegenstorf, 1954 Schloss Oberhofen) oder historische Bausubstanz einer neuen Funktion zuführten (1894 Historisches Museum Basel in der ehemaligen Kirche des Franziskanerordens, 1938 Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen in einem Kloster).

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich, zum Teil beeinflusst durch die Architektur der Messen und Landesausstellungen, eine funktionale Museumsarchitektur durch, die sich bemühte, sowohl für die Objekte wie die Besucher geeignete Ausstellungshallen zu schaffen (z.B. Verkehrshaus der Schweiz, Luzern; Musée Olympique, Lausanne). Um die Wende zum 21. Jahrhundert erlebte vor allem der Bau von Kunstmuseen eine Blüte. International bekannte Architekten wie Mario Botta (1996 Museum Jean Tinguely in Basel), Renzo Piano (1997 Fondation Beyeler in Riehen, 2005 Paul-Klee-Zentrum in Bern) und Jean Nouvel (2000 Kunstmuseum im Kunst- und Kongresszentrum Luzern) schufen international beachtete Museumsbauten. Eine neue Verbindung von Sammlung und Ausstellung versuchte das von Herzog & de Meuron errichtete, 2003 eröffnete Schaulager der Emanuel-Hoffmann-Stiftung in Münchenstein zu verwirklichen, indem es die Architektur von Lagerhaus und Schauraum zu einer neuen Form verknüpfte.

Präsentationsformen

In ihren Ausstellungen verfolgten die ersten Museen im 19. Jahrhundert primär klassifikatorische Absichten: Das Sammlungsgut naturwissenschaftlicher oder historischer Art wurde nach typologischen Kriterien geordnet und meist möglichst vollständig ausgestellt. Mit dem Historismus zeichnete sich eine Tendenz zur Kontextualisierung ab, die sich etwa im Nachstellen historischer Szenen (frühes Beispiel ist die Tagsatzungsgruppe des Alten Zeughauses Solothurn, 1845), der Einrichtung von Waffensälen als nationalen Ruhmeshallen (1894 Historisches Museum Basel, 1898 Landesmuseum in Zürich) oder der Einrichtung historischer Räume (Landesmuseum in Zürich, 1906 Engadinermuseum in St. Moritz, 1910 Musée d'art et d'histoire in Genf) zeigte. Der Gletschergarten Luzern (1873) stellt einen frühen Versuch dar, das Sammlungsgut am Fundort zu präsentieren. Aus dieser Idee entstanden im 20. Jahrhundert weitere Formen von Freilichtmuseen wie etwa das Römermuseum Augst, wo seit 1955 neben den antiken Ruinen Artefakte der Römerstadt Augusta Raurica in der Rekonstruktion eines römischen Wohnhauses ausgestellt sind. Häufig werden Zusammenhänge mit Hilfe von ursprünglich nicht zusammengehörigen Objekten (Gebäude und Mobiliar) "rekonstruiert" und so deren physische Rettung ermöglicht (1978 Freilichtmuseum Ballenberg).

Schon früh kam zur Präsentation der Sammlung auch die Illustration durch das Bild hinzu (Wandgemälde von Ferdinand Hodler im Waffensaal des Landesmuseums). Die illustrativen Möglichkeiten erweiterten sich im 20. Jahrhundert dank der neuen Medien von Fotografie, Film, Video und Computeranimationen. Das Bestreben, die Museumsobjekte nicht nur für ein Fachpublikum auszustellen, führte zu einem Ausbau didaktischer Präsentationsformen, die von einfachen Schautafeln bis zu interaktiven Spielen reichten. Im Extremfall verschwand die Sammlung ganz hinter ihrer medialen Präsentation (Musée international de la Croix-Rouge et du Croissant-Rouge, 1988) oder erschien als virtuelles Museum auf dem Internet.

Neueste Entwicklungen

Als Institutionen der Wissensvermittlung, aber auch von Geschichtsbildern und Identitätsangeboten eroberten sich die Museen vermehrt einen Platz in der Gesellschaft. Ihr Erfolg und ihre stetig wachsende Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg widerspiegeln den zunehmenden Wohlstand und die politische Fragmentierung, verfügt doch die Schweiz über eine der grössten Museumsdichten pro Einwohner (2008: ein Museum pro 7630 Einwohner). Angesichts einer sich stark differenzierenden Bildungswelt und einer zunehmenden Konkurrenz durch Vergnügungs- und Freizeitparks reagierten die Museen nicht nur mit erweiterten Informationsangeboten und der Schaffung von museumspädagogischen Diensten, sondern auch mit der Einrichtung von Erholungszonen und der Erhöhung des Erlebniswerts. Gleichzeitig bemühten sie sich um professionell ausgebildetes Personal und schlossen sich zu Interessenverbänden zusammen (1957 Internationaler Museumsrat ICOM, Sektion Schweiz; 1966 Verband der Museen der Schweiz VMS).

Das Zentrum Paul Klee an der A6 am Stadtrand von Bern. Luftaufnahme vom 18. Juli 2005 © KEYSTONE / Alessandro della Valle.
Das Zentrum Paul Klee an der A6 am Stadtrand von Bern. Luftaufnahme vom 18. Juli 2005 © KEYSTONE / Alessandro della Valle. […]

Dennoch stehen die schweizerischen Museen seit den 1980er Jahren vor grossen finanziellen Herausforderungen, weil die öffentlichen Zuschüsse trotz steigender Kosten zu stagnieren begannen. Dies führte zu vermehrter Suche nach privaten Mitteln und zu verstärktem Profilierungsdruck unter den einzelnen Institutionen. Trotz der immer knapper werdenden Finanzen im öffentlichen Sektor nahmen die Gründungen neuer Museen sowie die Erweiterungen bereits bestehender Häuser stetig zu (so 1992 Castelgrande Bellinzona, 1993 Musée Olympique Lausanne, 1995 Fotomuseum Winterthur, 2001 Laténium in Hauterive). Einige der spektakulärsten Neugründungen um die Jahrtausendwende gehen auf private Initiative (Mäzenatentum) zurück, so 1990 die Stiftung Langmatt in Baden und das Coninx-Museum in Zürich, 1998 das Museum Liner in Appenzell (seit 2014 Kunstmuseum Appenzell), 2002 das Museum Franz Gertsch in Burgdorf und die Sammlung Rosengart in Luzern. Schliesslich führte der generelle Erfolgszwang der einzelnen Häuser gegenüber Politik und Öffentlichkeit zu einer kritischen Neubewertung der Museen. Auf der Suche nach klar definierten Funktionen innerhalb der Gesellschaft und unter dem Einfluss angelsächsischer Vorbilder entstanden deshalb auch an Schweizer Hochschulen seit 1995 diverse Studiengänge in Museologie.

Quellen und Literatur

  • Museen der Schweiz, hg. von N. Flüeler, 1981
  • AH 2
  • R. Graf, «Museen und nationale Identität», in VMS-Info 46, 1991, 3-65
  • M. Casutt, «Bundesstaat, Bundesstadt und die Berner Museen», in Georges-Bloch-Jb. des Kunsthist. Inst. der Univ. Zürich 5, 1998, 77-105
  • J. Jung, Das imaginäre Museum, 1998
  • L'affermazione di un'identità, 1870-1914, Ausstellungskat. Lugano, 2002, 191-204
  • Musées en mutation: actes du colloque international tenu au Musée d'art et d'histoire de Genève les 11 et 12 mai 2000, 2002
  • Schweizer Museumsführer, 102006
  • Sammeln und Slg. im 18. Jh. in der Schweiz, hg. von B. Schubiger, 2007
  • D.C. Baumann, Histoire et politique des associations muséales en Suisse au XXe siècle, 2008
Weblinks

Zitiervorschlag

Marc Fehlmann; Josef Brülisauer: "Museen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024561/2010-09-02/, konsultiert am 28.03.2024.