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EinsiedelnGemeinde

Ansicht von Dorf und Kloster Einsiedeln. Kolorierte Radierung von Johann Jakob Aschmann, um 1800 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Ansicht von Dorf und Kloster Einsiedeln. Kolorierte Radierung von Johann Jakob Aschmann, um 1800 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Bezirk und politische Gemeinde des Kantons Schwyz. Wallfahrtsort in einem Hochtal westlich des Sihlsees. Gemeinde und Bezirk bestehen aus der Ortschaft Einsiedeln und den sechs Vierteln Bennau, Egg, Euthal, Gross, Trachslau und Willerzell. 1073 Einsidelen. 1799 4958 Einwohner; 1850 6821; 1880 8383; 1900 8496; 1930 8053; 1950 8423; 1970 10'020; 1980 9629; 2000 12'622.

Wie archäologische Funde aus der Stein- und Bronzezeit belegen, hielten sich im dicht bewaldeten Gebiet des heutigen Einsiedeln schon vor 12'000 Jahren Jäger auf. Noch im Frühmittelalter war Einsiedeln nicht dauerhaft besiedelt. Im Zuge der Gründung des Klosters Einsiedeln (934) liessen sich vermutlich Eigenleute der adligen Mönche nieder. Vom umliegenden Wald stammt der Name Waldstatt Einsiedeln, die Bewohner hiessen Waldleute. Das Kloster förderte den Landesausbau im Einzugsgebiet der Flüsse Alp, Sihl und Biber und trieb die viehwirtschaftliche Spezialisierung nach 1250 unter anderem mit Schweighöfen (Höfe zur Viehzucht) voran. Diese Intensivierung verschärfte den sogenannten Marchenstreit mit Bauern aus der Talschaft Schwyz, der erst 1350 beigelegt wurde.

Mit der Errichtung der Schirmvogtei über die Waldstatt 1394 ging die hohe Gerichtsbarkeit an Schwyz, und Einsiedeln wurde zur Landschaft des Standes Schwyz. Die niedere Gerichtsbarkeit lag beim Kloster. Die sogenannten Drei Teile, eine Behörde, in der das Kloster, der Schwyzer Vogt und die Waldleute vertreten waren, sind 1399 erstmals belegt. Die Drei Teile entschieden in allen die Waldleute betreffenden Angelegenheiten. Das Waldstattbuch, die älteste bekannte Rechtsaufzeichnung, schrieb den Status der Waldleute als freie Gotteshausleute fest. 1564 gaben sich die Drei Teile unter Abt Joachim Eichhorn eine verbindlichere Ordnung. Nach 1657 trugen sie den Namen Session. Bis 1798 wurden Einkünfte aus den gemeinsamen Gütern zur Bestreitung der Ausgaben der Landschaft Einsiedeln verwendet.

Das Verhältnis zwischen Waldleuten, Kloster und Schwyz war nicht spannungsfrei. Im Einsiedlerhandel (1764-1767) wehrten sich die Waldleute gegen die Einschränkung ihrer Freiheiten durch den Abt. Schwyz schützte die Rechte des Klosters und beendete den Aufstand 1766 gewaltsam. Mehrere Waldleute wurden hingerichtet und die Einsiedler nicht mehr als "Angehörige", sondern als Schwyzer Untertanen bezeichnet. Im Februar 1798 wurde die Landschaft Einsiedeln dem Land Schwyz politisch gleichgestellt und mit der Neuorganisation in der Mediation zu einem Bezirk des Kantons Schwyz. Das Kloster behielt seinen starken Einfluss. Wirtschaftliche Differenzen zwischen Kloster und Waldleuten wurden nach 1820 von politischen Auseinandersetzungen überlagert. Die Mehrheit der Bewohner von Einsiedeln wollte der nach 1815 wieder zunehmenden Vorherrschaft des Bezirks Schwyz ein Ende bereiten. Dem Wunsch nach Reformen verliehen die Bezirke Einsiedeln, March, Küssnacht und Pfäffikon 1832 mit der Ausrufung des "Kantons Schwyz äusseres Land" und der Verabschiedung einer liberalen Verfassung Nachdruck. Das Kloster stand auf der Seite des konservativen Alten Landes. Dieser Gegensatz belastete das Verhältnis zwischen Kloster und Waldstatt über die Kantonsvereinigung 1833 hinaus bis zur Einführung der Kantonsverfassung von 1848.

Für die Entwicklung von Einsiedeln war die Wallfahrt von grosser Bedeutung. Kreuzgänge und Pilgerfahrten sind ab der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bezeugt. Die westlich des Klosters gelegene Siedlung besass eine der frühesten städtebaulichen Verordnungen der Schweiz (1419), die auf die Bedürfnisse der Wallfahrt ausgerichtet war. Die Betreiber der zahlreichen Gaststätten, die Händler und Handwerker konnten ihr Gewerbe nur mit Einwilligung des Abtes ausüben.

Die Wirtschaft war stark von der Viehzucht geprägt. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert wurde Bauholz exportiert, was zu einer Übernutzung der Wälder führte. In den ausgedehnten Moorgebieten wurde ab 1750 Torf gestochen. Um 1670 einsetzende Versuche des Klosters, das Seidengewerbe in Einsiedeln zu etablieren, schlugen fehl. Erst im 19. Jahrhundert wurden in Heimarbeit und Fabriken Baumwolle und Seide verarbeitet (1858 300 Webstühle). Das grafische Gewerbe wurde bis 1798 vom Kloster kontrolliert. Im Zuge der Helvetischen Revolution kam es zur Gründung privater Druckereien. 1830 waren es bereits fünf, darunter das Verlagshaus Benziger, das 1860 über 500 Personen beschäftigte. 1882 arbeiteten in Einsiedeln rund 1050 Personen im grafischen Gewerbe, 1905 noch 500. Als der Benziger Verlag die Buchproduktion aufgab, erlitt das grafische Gewerbe einen Einbruch (1985 255 Arbeitsplätze, 1995 104).

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung von Einsiedeln überdurchschnittlich stark; Einsiedeln gehörte 1850 zu den 15 grössten Orten der Schweiz. Die Wirtschaft bot nicht mehr genügend Arbeit und 1853 zwang eine Missernte viele zur Auswanderung. Die Strasse Biberbrugg-Rabennest-Einsiedeln (1860-1862) und die Wädenswil-Einsiedeln-Bahn (1877) belebten zwar das Pilgerwesen, das Bevölkerungswachstum jedoch verlief ab 1888 negativ. Der Bau des Sihlsees (Aufstau 1937), der vorübergehend Arbeit brachte, zwang über 100 Familien zur Umsiedlung. Ein langsames Bevölkerungswachstum setzte 1930 ein. Erst nach 1980 profitierte Einsiedeln vom allgemeinen Aufschwung des Kantons Schwyz. 1991 arbeiteten 3905 Personen in 855, 1995 5129 in 912 Betrieben. Ein ökonomisches Standbein ist der Tourismus, insbesondere im Winter. 1990 wies Einsiedeln mit 1688 Weg- und 679 Zupendlern einen negativen Pendlersaldo auf.

Der Bezirk Einsiedeln entspricht territorial der Gemeinde Einsiedeln. Der Bezirksrat als Exekutive fungiert als Gemeinderat. Wie jeder Bezirk des Kantons Schwyz verfügt Einsiedeln über Steuerhoheit, führt die Oberstufenschulen und ein Bezirksgericht. Mit der Gründung der Genossenschaft Einsiedeln 1835 wurde eine Trennung von Bezirks- und Genossenvermögen unabdingbar. 1849 kam es zur Aufspaltung der Genossenschaft und zur Gründung der sieben selbstständigen Allmendkorporationen Bennau, Dorf-Binzen, Egg, Euthal, Gross, Trachslau und Willerzell.

Quellen und Literatur

  • W. Kälin, Die Waldstatt Einsiedeln, 1983
  • 150 Jahre Genossamen des Bez. Einsiedeln, 1999
  • Kdm SZ NF 3/1, 2003
  • Kdm SZ NF 3/2, 2003
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Andreas Meyerhans: "Einsiedeln (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.11.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000710/2005-11-14/, konsultiert am 29.03.2024.